Lust auf Essen, Schlafen und Trinken

- Alena Friedrich –

Die meisten Sehnsüchte im Alltag beziehen sich auf grundlegende Bedürfnisse, nur wenige sind sehr konfliktreich.

Sie würden gern einen Mittagsschlaf halten, müssen aber noch einer langweiligen Präsentation im Büro beiwohnen? Sie würden gern ins Freibad gehen und das schöne Sommerwetter genießen, müssen jedoch noch Ihre Steuer­erklärung fertigstellen? Sie würden gern noch ein Stück Torte essen, dabei sind Sie seit gestern auf Diät? Kennen Sie solche Konfliktsituationen? Wie oft kommen sie im Alltag vor und wie oft verkneifen wir uns die Erfüllung kurzfristiger Sehnsüchte oder allgemein Bedürfnisse?

Zur Untersuchung dieser Fragen führten Hofmann und seine Kollegen eine sogenannte „experience sampling“ Studie durch. Dafür trugen die Teilnehmenden ein spezielles Handy für eine Woche bei sich. Jedes Mal wenn das Handy piepste, sollten die Teilnehmenden einen kurzen Fragebogen auf dem Handy ausfüllen. Sie wurden darin gefragt, welche Bedürfnisse sie gerade empfanden und wie stark diese ausgeprägt waren. Zudem wurde gefragt, ob sie damit einen Konflikt zu ihren langfristigen Zielen wahrnehmen, ob sie dem Bedürfnis widerstehen möchten, und ob sie das Verhalten zur Befriedigung des Bedürfnisses (zumindest teilweise) bereits ausgeführt haben. Außerdem wurde erfasst, ob die Person gerade allein oder mit anderen Personen zusammen war und ob sie etwas Alkoholisches getrunken hat. Als Persönlichkeits­variable wurde die Stärke des Perfektionismus erfasst. Die Handys piepsten in unregelmäßigen Abständen, bis zu sieben Mal am Tag. Insgesamt konnten so knapp 8.000 Einträge gesammelt werden.

Welche Bedürfnisse wurden berichtet und wie stark waren diese ausgeprägt? Am häufigsten wurden grundlegende Bedürfnisse berichtet: Essen (28%), Schlaf (10%), Trinken (9%), gefolgt von Mediennutzung (8%), Freizeit und sozialen Kontakten (je 7%), hygienebezogene Aktivitäten (6%), Rauchen und Sex (je 5%), Arbeit und Kaffee (je 3%). Die Stärke der Bedürfnisse auf einer Skala von 0 bis 7 war durchschnittlich, nur 6% der Bedürfnisse erhielten die höchstmögliche Ausprägung von „unwiderstehlich“. Mehr als die Hälfte der berichteten Bedürfnisse stand nicht in Konflikt mit persönlichen Zielen, nur 9% waren sehr konfliktreich. Dies ist zunächst beruhigend. Im Durchschnitt wurde den Bedürfnissen in knapp der Hälfte der Fälle widerstanden.

Frauen berichteten signifikant mehr Konflikt zu persönlichen Zielen als Männer, in ihrem Widerstand oder der Verhaltensausführung unterschieden sie sich jedoch nicht. Auch Personen mit hoch ausgeprägtem Perfektionismus zeigten mehr Konflikt zu eigenen Zielen, zudem berichteten sie mehr versuchten Widerstand; in ihrem Verhalten unterschieden sie sich jedoch nicht von den Nicht-Perfektionisten. Starker Alkoholkonsum führte dazu, dass Bedürfnisse (z.B. rauchen) trotz wahrgenommenem Konflikt zu den persönlichen Zielen eher ausgelebt wurden. Die Anwesenheit anderer Personen hingegen hatte zur Konsequenz, dass dem Verlangen eher widerstanden wird; allerdings nur, wenn die anwesenden Personen nicht selbst dem Bedürfnis nachgaben. Wer einem Bedürfnis widerstehen möchte, tut also gut daran, möglichst wenig Alkohol zu sich zu nehmen und gleichgesinnte Personen um sich herum zu scharen, die selbst dem Bedürfnis erfolgreich widersagen.

Hofmann, W., Baumeister, R. F., Förster, G., & Vohs, K. D. (in press). Everyday temptations: An experience sampling study of desire, conflict and self-control. Journal of Personality and Social Psychology.

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