Macht Verlieren irrational?!

- Alena Friedrich –

Warum wir nach Dingen streben, die wir später gar nicht wollen.

Menschen setzen sich Ziele und sind bereit, für deren Erreichung große Anstrengungen zu unternehmen: sie wollen den Projektauftrag erhalten, die 1 im Zeugnis erreichen oder die süße Nachbarin für sich gewinnen. Auch ein Rückschlag kann viele Menschen nicht bremsen, sondern spornt sie nur noch mehr an, ihr Ziel zu erreichen. Beobachtet man eine Person, die ehrgeizig etwas möchte, geht man intuitiv davon aus, dass sie das erreichte Ziel später auch sehr positiv bewertet – daher auch die große Anstrengung. Richtig? Nicht ganz. Es gibt Situationen, in denen Menschen Dinge unbedingt haben wollen, die sie kurze Zeit später kaum noch attraktiv finden.

In einem Experiment konnten die Forscher Ab Litt, Uzma Khan und Baba Shiv zeigen, dass das Streben nach einem Ziel nicht immer bedeutet, dass man das Ziel auch positiv bewertet. Teilnehmende sollten dazu Computer­spiele durchführen, bei denen sie einen Gutschein gewinnen konnten. Vorab sollten sie angeben, wie viel sie für den Gutschein bezahlen würden. Die Teilnehmenden wurden in zwei Gruppen eingeteilt. Personen der einen Gruppe (“Gewinner“) wurde nach den Spielen gesagt, dass sie den Preis aufgrund ihrer guten Leistung gewonnen hätten. Personen einer anderen Gruppe (“Verlierer“) hingegen wurde mitgeteilt, dass sie leer ausgehen würden. Allerdings könnten sie übrig gebliebene Gewinne am Ende käuflich erwerben. Teilnehmende beider Gruppen gaben dann ein zweites Mal an, wie viel sie bereit wären, für den angebotenen Gewinn zu zahlen.

Das Interesse, den Gutschein zu gewinnen, war zu Beginn in beiden Gruppen gleich. Dies änderte sich nach dem Spiel jedoch: Die Verlierer waren bereit, wesentlich mehr für den Gewinn zu bezahlen als noch zu Beginn. Jemandem etwas vorzuenthalten, kann also das Streben danach erhöhen.

Allerdings muss die vermehrte Zahlungs­bereitschaft nicht bedeuten, dass die Sache auch an Attraktivität gewonnen hat. Um dies zu untersuchen, gaben die Forscher den Teilnehmenden am Ende des Experiments die Möglichkeit, das erworbene Geschenk gegen ein objektiv genauso attraktives aber anderes Geschenk einzutauschen. Nachdem die Verlierer bereit waren, mehr zu investieren, um das erste Geschenk zu bekommen, könnte man annehmen, dass sie es attraktiver finden und daher behalten wollten. Doch im Gegenteil, die Verlierer waren viel eher dazu bereit, das teuer gekaufte Geschenk wieder einzutauschen.

Dieses irrationale Verhalten lässt sich durch zwei verschiedene Prozesse erklären. Zum einen führt das Misserfolgserlebnis zu vermehrtem Zielstreben, um den erwünschten Endzustand doch noch zu erreichen und nicht als Versager dazustehen. Zum anderen jedoch wird durch den unangenehmen emotionalen Zustand nach einem Misserfolg das Ziel negativ eingefärbt und dadurch abgewertet. Ein solches Ziel noch zu erreichen, wahrt einem zwar das Gesicht, bringt jedoch meist nicht die erhoffte Zufriedenheit.

Für längerfristige Zufriedenheit kann es daher manchmal besser sein, die süße Nachbarin ziehen zu lassen, wenn das Flirten auch nach Monaten keinen Erfolg zeigt. Vielleicht klingeln Sie dann einfach mal auf der anderen Seite.

Litt, A., & Khan, U., & Shiv, B (2010). Lusting While Loathing: Parallel Co­unterdriving of Wanting and Liking. Psychological Science, 21(1), 118–125.

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