Mein Kind säuft? – Niemals!

- Mareike Wickop –

Übertrieben positive Erwartungen von Müttern können dazu führen, dass ihre Kinder weniger Alkohol trinken.

„Mama, ich geh später noch mit meinen Jungs los.“ – „Alles klar! Trink nicht zu viel…“ Abendliche Szenen wie diese sind sicher alltäglich und nicht nur in Deutschland wird das Thema Alkoholkonsum bei Jugendlichen immer brisanter. Allerdings gibt es Unterschiede! Nicht alle Jugendlichen zählen Komasaufen zu ihren liebsten Hobbys. Wodurch kann das beeinflusst werden? Und vor allem: was spielen die Eltern für eine Rolle beim Alkoholkonsum ihrer Kinder?

Dass die Erwartungen von Eltern bezüglich des Trink­verhaltens ihrer Kinder sich auf deren tatsächlichen Alkoholkonsum auswirken können, zeigt eine Untersuchung von Jennifer Willard und ihrem Forschungs­team an der Iowa State University. Sie befragten Mütter in den USA zu ihren Erwartungen bezüglich des Trink­verhaltens ihrer Kinder und erfassten deren tatsächlichen Alkoholkonsum zweimal im Abstand von 18 Monaten. Untersucht wurde, ob die Erwartungen der Eltern den Alkoholkonsum ihrer Kinder durch sogenannte sich selbst erfüllende Prophezeiungen beeinflussen. Dieses vielfach nachgewiesene Phänomen beschreibt einen recht einfachen Sachverhalt: Wenn wir der Überzeugung sind, dass jemand eine bestimmte Eigenschaft hat, werden wir dieser Person von vornherein so begegnen, dass sie sich unseren Erwartungen entsprechend verhalten wird. So konnte beispielsweise nachgewiesen werden, dass Schüler, die von Lehr­ern für besonders intelligent gehalten werden, auch tatsächlich bessere Leistungen erbringen – selbst, wenn sie tatsächlich gar nicht über­durchschnittlich intelligent sind. Vermutlich ist dies teilweise darauf zurückzuführen, dass sie besondere Unterstützung und Aufmerksamkeit durch den Lehrer erfahren.

Könnte es also auch sein, dass ein Jugendlicher, dessen Eltern glauben, dass er zu viel trinkt,  tatsächlich mehr Alkohol konsumiert als ein Jugendlicher, dessen Eltern davon überzeugt sind, dass ihr kleiner Sonnenschein fast nie zur Flasche greift? Die Ergebnisse zeigen, dass insbesondere Jugendliche, die nicht sehr selbstbewusst sind, wenn es darum geht sich dem Gruppen­zwang zu widersetzen und keinen Alkohol von ihren Freunden anzunehmen, in ihrem Alkoholkonsum sehr empfänglich für die Erwartungen ihrer Eltern an sie sind. Allerdings gilt dies vor allem für positive Erwartungen der Eltern: Je zuversichtlicher die Mütter sind, dass ihre Kinder dem Alkohol widerstehen können, desto weniger trinken die Kinder tatsächlich. Bei sehr selbstbewussten Jugendlichen war es hingegen nicht von Bedeutung, ob die Erwartungen ihrer Eltern positiv oder negativ waren.

Zumindest weniger selbstbewusste Jugendliche können also von den positiven Erwartungen ihrer Mütter profitieren, wenn es um ein gesünderes Trink­verhalten geht. Sehr positive Erwartungen können im Zuge einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung tatsächlich dazu führen, dass sie weniger Alkohol konsumieren. Ein Traum für viele Eltern – oder nicht? Ein allzu strenges und besorgtes Verhalten von Müttern scheint jedenfalls nicht immer hilfreich zu sein.

Willard, J., et al. (2008). Self-efficacy as a moderator of negative and positive self-fulfilling prophecy effects: Mother’s beliefs and children’s alcohol use. European Journal of Social Psychology, 38, 499–520.

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