Namen machen Leute

- Anne Landhäußer –

Wir schließen von den Vornamen auf Alter, Attraktivität und Intelligenz ihrer Träger.

 

Stellen Sie sich vor, ein Freund erzählt von einer Bekannten, die Sie nicht kennen und von der Sie noch nie gehört haben: „Gestern hat die Elfriede bei mir vorbeigeschaut.“ Wie würden Sie sich diese Elfriede vorstellen? Und wären Sie überrascht, wenn Sie erfahren würden, dass Elfriede eine attraktive 22-jährige Medizinstudentin ist?

Es ist nur zu verständlich, dass wir bei Namen wie Gottlieb, Waltraud oder Helmut keine in Pampers umherkrabbelnden Kleinkinder im Kopf haben. Schließlich werden solche Namen in der heutigen Zeit nicht mehr allzu häufig in Geburtsurkunden geschrieben. Nicht ganz so offensichtlich hingegen ist, dass wir von bestimmten Vornamen nicht nur auf das Alter ihrer Träger schließen, sondern auch auf deren Intelligenz und Attraktivität.

Udo Rudolph und Kollegen von der Technischen Universität in Chemnitz baten fast 150 Personen, 30 männliche und 30 weibliche deutsche Vornamen in Hinblick auf verschiedene Merkmale zu beurteilen. Die Forscher teilten die Namen anhand der Häufigkeit, mit der sie in den letzten Jahrzehnten vergeben wurden, in modern, altmodisch und zeitlos ein, wobei sich zeitlose Namen darüber definieren, dass sie im Laufe der letzten Jahrzehnte immer ungefähr gleichhäufig vergeben wurden.

Nicht verwunderlich ist, dass sich die Studien­teilnehmer bei modernen Namen wie Lara oder Leon jüngere Personen vorstellten, als wenn altmodische Namen wie Petra oder Olaf genannt wurden oder auch zeitlose Namen wie Katrin oder Thomas. Erstaunlicher ist jedoch, dass die Teilnehmer hinter den Laras und Leons attraktivere Menschen vermuteten als hinter Personen mit zeitlosen oder altmodischen Namen. Wer einen altmodischen Namen trägt, wurde noch dazu als weniger intelligent eingeschätzt.

Bedeuten diese Ergebnisse, dass alte Menschen für dumm gehalten werden? Nicht direkt. Eine genauere Untersuchung der Daten zeigte, dass Trägern altmodischer Namen nur deswegen weniger Intelligenz zugeschrieben wird, weil man sie auch eher für unattraktiv hält. Dass Menschen dazu tendieren, gutaussehenden Personen auch eine ganze Reihe weiterer positiver Eigenschaften anzudichten, hat sich in der sozialpsychologischen Forschung schon mehrfach gezeigt: Wer attraktiv ist, gilt allgemein als erfolgreicher, freundlicher, stärker und glücklicher – und eben auch als intelligenter. Mit Blick auf die Namenswahl lässt sich sagen: Je jünger eine Person aufgrund ihres Namens zu sein scheint, umso attraktiver wird sie eingeschätzt. Und je attraktiver eine Person eingeschätzt wird, desto mehr Intelligenz wird ihr gleichzeitig zugeschrieben.

Zunächst also nehmen wir eine Elfriede anders wahr als eine Lara. Ob es im Alltag eine allzu große Rolle spielt, dass Vornamen unterschiedliche Assoziationen hervorrufen, sei jedoch dahingestellt. Wer Elfriede, der attraktiven 22jährigen Medizinstudentin leibhaftig gegenübersteht, der wird sie nur aufgrund ihres Namens vermutlich nicht für alt, dumm und hässlich halten.

U. Rudolph, R. Böhm & M. Lummer (2007). Ein Vorname sagt mehr als 1000 Worte – Zur sozialen Wahrnehmung von Vornamen. Zeitschrift für Sozialpsychologie, 38 (1), 17–31.

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