Sympathie – auf das Taktgefühl kommt es an!

- Friederike Busse –

Personen, die sich synchron bewegen, fühlen sich einander besonders nah – vor allem dann, wenn dabei Musik läuft.

Erinnern Sie sich an Ihre letzte Gruppen-Wanderung? Und auch an das Wanderlied, das womöglich angestimmt wurde? Oder die Feier, auf der so viel getanzt wurde? Dann erinnern Sie sich womöglich auch an die Dynamik und den Spaß, den Sie mit Ihren Mitmenschen in den parallelen, rhythmischen Schritten erlebt haben. Mit diesem Gefühl sind Sie nicht alleine! Neue Er­kenntnisse aus der Sozialpsychologie lassen vermuten, dass uns Personen, die sich im gleichen Takt zu Musik bewegen wie wir selbst, sympathischer sind und wir sie als uns näher empfinden, als Personen, die nicht mit uns im Gleichtakt sind.

Bereits bekannt war, dass man zu einer anderen Person mehr Nähe empfindet, wenn deren Bewegungen synchron zu den eigenen sind. Ein Forschungs­team um Jan Stupacher untersuchte nun, ob dieser Annäherungs­effekt noch gesteigert werden kann, wenn statt eines einfachen Taktschlages, ohne Melodie oder Gesang, Musik läuft.

Hierzu führten die Forschenden eine Studie durch, in der sie den Teilnehmenden ein Video von zwei nebeneinander laufenden Strichmännchen zeigten. Die Aufgabe der Versuchsteilnehmenden lag darin, sich mit einer der beiden Figuren zu identifizieren. Die andere Figur sollte dabei eine unbekannte andere Person darstellen. Das Video wurde jeder Versuchsperson in mehreren Versionen präsentiert. Entweder liefen beide Männchen aufeinander abgestimmt oder je eines der beiden verfehlte den Takt. Ein entscheidender Unterschied lag darin, was die Probanden währenddessen hörten: bei einigen Durchgängen wurde ein bestimmtes Lied abgespielt, in anderen hörten sie nur das Ticken eines Metronoms.
Nach jeder Videosequenz wurde erfragt, als wie groß sie die Distanz (oder Nähe) der anderen Figur zu der eigenen empfanden und wie sehr sie die andere Figur mochten.

Die Ergebnisse zeigen: die Versuchspersonen beurteilten die Sympathien für die andere Figur und die zwischenmenschliche Nähe in der Tat höher, wenn sie Musik hörten anstatt eines simplen Taktschlages. Dieser positive Effekt wurde jedoch deutlich geschwächt, wenn eines der beiden Strichmännchen nicht im Rhythmus war. Besonders wenn es der andere war, dem es an Taktgefühl fehlte, und nicht man selbst, fielen die Sympathiewerte für die unbekannte Figur niedriger aus.

Doch warum genau hat es einen solch deutlichen Einfluss auf unsere Gefühle anderen gegenüber, wenn es mit der Synchronität nicht klappt? Das Forschungs­team um Stupacher kann hier nur Vermutungen anstellen, geht aber fest davon aus, dass Musik und rhythmisches Bewegen tiefer im Menschsein verankert sind als viele vermuten. Soziale Interaktionen mit Musik wirken sich auf unsere Emotionen aus und stehen sogar in direkter Verbindung zu unserem Nerven­system. Außerdem scheinen sie in uns unterbewusste Erwartungen an unser Umfeld zu aktivieren. Überspitzt könnte man sagen: Unser Gegenüber verletzt Erwartungen, ja unsere „Gefühle“, wenn es sich nicht synchron zur Musik bewegt.

Die Musik ist also nicht ohne Grund so bedeutsam für unser Denken und Handeln. Natürlich bleiben aber noch immer Fragen offen – die Forschung steht auch in diesem Bereich nicht still. Wir halten Sie auf dem Laufenden! Und vielleicht probieren Sie es bei Ihrer nächsten Wanderung selbst aus: Nicht nur das Laufen im Gleichschritt, sondern auch das Singen dabei kann den Gemeinschafts­sinn fördern.


Stupacher, J., Maes, P. -J., Witte, M., & Wood, G. (2017). Music strengthens prosocial effects of interpersonal synchronization – If you move in time with the beat. Journal of Experimental Social Psychology, 72, 39–44. doi: 10.1016/j.jesp.2017.04.007

Redaktion und Ansprech­partnerIn*: Anne Landhäußer*, Matt Keller

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