Vergiss-mein(en Geburtstag)-nicht

- Susanne Weigl –

Geburtstage von anderen kann man sich umso besser merken, je näher sie am eigenen Geburtsdatum liegen.

Stefan räumt seinen Schreibtisch auf. Dabei fällt ihm eine Notiz in die Hände: „Petra hat am Montag Geburtstag!“ Stefan erschrickt, es ist nämlich schon Mittwoch. Er ruft Petra sofort an, um ihr nachträglich zu gratulieren und sich für die verspäteten Glückwünsche zu entschuldigen. Dabei fragt er sich, warum er Petras Geburtstag immer wieder vergisst, während er sich andere Geburtstage leicht merken kann.

Die ForscherInnen Selin Kesebir und Shigehiro Oishi von der University of Virginia sind dieser Frage nachgegangen. In ihrer Forschung beschäftigen sie sich unter anderem mit dem so genannten „Self-Reference Effect“, zu Deutsch „Selbstbezugs-Effekt“. Dieser Effekt besagt, dass Personen sich Informationen besser merken können, wenn diese einen starken Bezug zur eigenen Person haben.

Frühere Forschung hat gezeigt, dass das Geburtsdatum einer Person einen starken Selbstbezug hat. Beispielsweise bevorzugten Personen Zahlen, die in ihrem Geburtsdatum vorkommen, gegenüber anderen Zahlen. Auch beurteilten Personen andere Menschen positiver, wenn sie dachten, dass diese am gleichen Tag Geburtstag hätten wie sie selbst.

Kesebir und Oishi wollten nun untersuchen, ob sich dieser Selbstbezugs-Effekt des Geburtsdatums auch darauf auswirkt, wie gut man sich an die Geburtstage von anderen Personen erinnern kann. Um dies zu überprüfen, führten sie mehrere Studien durch. In einer Studie sollten die Teilnehmenden die Geburtstage von zehn FreundInnen aufschreiben. Anschließend sollten sie ihr eigenes Geburtsdatum angeben. Tatsächlich lagen die Geburtstage, an die sich die Teilnehmenden erinnerten, näher an ihrem eigenen Geburtstag, als bei einer zufälligen Verteilung der erinnerten Geburtstage zu erwarten gewesen wäre.

In einer weiteren Studie sollten sich die Teilnehmenden die Profile von vier (erfundenen) Personen so gut wie möglich einprägen. Die Forscher hatten dabei die Geburtstage dieser Personen systematisch variiert: So lag das Geburtsdatum einer der Personen jeweils im Geburtsmonat der Teilnehmenden, während die anderen drei Geburtstage drei, sechs bzw. neun Monate davon entfernt lagen. Die Teilnehmenden erinnerten sich besser an den Geburtstag einer anderen Person, wenn dieser im eigenen Geburtsmonat lag. Und: Je größer der Abstand zum eigenen Geburtsmonat war, desto schlechter war die Erinnerung an das Geburtsdatum.

Insgesamt konnten die Forscher also ihre Annahme bestätigen, dass man sich an Geburtstage umso besser erinnert, je näher sie am eigenen Geburtsdatum liegen. Stefan will in Zukunft aber keinen Geburtstag mehr vergessen. Deshalb hat er alle Geburtstage in einen großen Wandkalender eingetragen und diejenigen, die weit von seinem eigenen entfernt liegen, gelb markiert. So vergisst er hoffentlich keinen Geburtstag mehr – egal, in welchem Monat er liegt.

S. Kesebir & S. Oishi (2010). A spontaneous self-reference effect in memory: Why some birthdays are harder to remember than others. Psychological Science, 21(10), 1525-1531.

© Forschung erleben 2011, alle Rechte vorbehalten

Zurück