Vom leichten Anfang des Liebesglücks

- Paula Schabel –

Bei der Suche eines Partners oder einer Partnerin spielen unsere Idealvorstellungen keine Rolle.

Kennen Sie das auch? Ihr bester Freund stellt Ihnen seine neue Partnerin vor und Sie können nicht verstehen, wie Ihr  Freund  in  diese  Person  verliebt  sein  kann.  Nicht,  dass  etwas  gegen  die  neue  Partnerin einzuwenden wäre, doch hatte Ihr Freund nicht gestern noch energisch erklärt, dass er sehr viel Wert auf Sportlichkeit und Ehrgeiz einer Frau lege? Die neue Liebe entspricht allerdings keinesfalls dieser Ankündigung.  Muss ein Mensch also nicht mit unseren Idealen übereinstimmen, damit wir ihn begehren?

Diese Frage stellte sich auch ein Forschungs­team um Paul W. Eastwick. Es ließ Teilnehmende einer Studie das romantische Interesse an einer angeblich zufällig zugteilten anderen Person einstufen – diese Person war jedoch ein Verbündeter bzw. eine Verbündete der Versuchsleitung. Hierzu wurde  den Teilnehmenden zunächst das Profil der Person zur Bewertung vorgelegt. Bei der einen Hälfte der Versuchspersonen entsprach das Profil den Eigenschaften, welche sie zuvor als wichtigste Eigenschaften eines Partners bzw. einer Partnerin bewertet hatten. Bei der anderen Hälfte stimmte das Profil demgegenüber mit den zuvor als am unwichtigsten eingestuften Eigenschaften überein. Anschließend lernten die Teilnehmenden die Person tatsächlich kennen. Letztlich sollten sie wiederum ihr romantisches Interesse an ihrem Gegenüber einstufen.

Es zeigte sich, dass bei der Bewertung der Person anhand des Profils das Ausmaß der Übereinstimmung zwischen Profil und Ideal entscheidend für das romantische Interesse war. Nach der tatsächlichen Begegnung mit der Person hatte die Übereinstimmung allerdings keinen Einfluss mehr darauf, und das obwohl die Teilnehmenden das jeweilige Profil als eine gute Beschreibung des Gegenübers einstuften. In  der  Phase  der  Partner- bzw. Partnerinnensuche  sehen  wir  also offenbar darüber  hinweg,  wenn  eine Person nicht unseren Idealen entspricht, zumindest solange wir sie tatsächlich kennenlernen.

Bedeutet dies nun, dass wir unsere Ideale gar nicht brauchen, sobald wir einem Menschen persönlich begegnen? Ganz so einfach ist es nicht. In einer weiterführenden Untersuchung befragte das Forschungs­team Singles zu ihren Idealvorstellungen bezüglich ihres Partners bzw. ihrer Partnerin.  Zwei Jahre später zeigte sich bei den Teilnehmenden, die inzwischen eine Beziehung eingegangen waren,  dass  eine  höhere  Passung zwischen Idealbild und Eigenschaften des Partners oder der Partnerin mit mehr Leidenschaft und Beziehungs­zufriedenheit  einherging.  Während  wir  also  im  ersten  Moment  nicht  allzu  wählerisch  zu sein  scheinen,  sind unsere Ideale  langfristig  offenbar förderlich für unser Beziehungs­glück.

Wenn ihr Freund also eine neue Partnerin wählt, die so gar nicht seinen Idealen entspricht, ist das demnach nicht verwunderlich. Einem ersten Liebesglück steht trotz der unerfüllten Ideale nichts im Weg. Ob die Beziehung von Dauer ist oder nicht, lässt sich aber schwer sagen. Wenn Sportlichkeit und Ehrgeiz die einzigen Tugenden sind, die für ihren Freund zählen, ist eine langfristige Beziehung wohl eher unwahrscheinlich. Vielleicht teilen er und seine neue Liebe ja aber noch andere Werte, die sie unzertrennlich werden lassen.

Eastwick, P. W., Finkel, E. J., & Eagly, A. H. (2011). When and why do ideal partner preferences affect the process of initiating and maintaining romantic relations­hips? Journal of Personality and Social Psychology, 101, 1012-1032.

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