Vom Schein und Sein einer Entschuldigung

- Veronika Thomas –

Eine vorgestellte Entschuldigung wirkt versöhnlicher, als die tatsächliche Entschuldigung erlebt wird.

Entschuldigungen sind allgegenwärtig. Wir benützen sie, um kleine oder große Fehler zu bereinigen, um Streitigkeiten zu vermeiden, um zwischenmenschliche Beziehungen zu erhalten. Manchmal erscheint es sogar, als würde man sich in unserer Gesellschaft für zu viel entschuldigen. Hat da ein „Entschuldigung“ überhaupt noch die beabsichtigte Wirkung? Ein Forschungs­team um David de Cremer beschäftigte sich mit dieser Frage und vermutete, dass Menschen, die versöhnliche Wirkung einer Entschuldigung überschätzen.

Die Teilnehmenden einer ersten Studie spielten ein Vertrauensspiel. Dabei wurden sie von ihrem angeblichen Spiel­partner – der in Wirklichkeit zum Forschungs­team gehörte – betrogen. Dies geschah so: Jede der tatsächlichen Probanden bekam anfangs 10 EUR, die sie entweder behalten oder dem vermeintlichen Spiel­partner geben konnte. Der Versuchsleiter nahm das Geld entgegen, verdreifachte es und händigte es dann dem vermeintlichen Spiel­partner aus. Dieser entschied dann, wie viel der verdreifach­ten Geldsumme sie oder er wieder an den Probanden zurückgibt. Tatsächlich bekam jede Versuchsperson immer  5 EUR von dem angeblichen Spiel­partner zurück.

Die eine Hälfte der Probanden erhielt anschließend eine Nachricht des angeblichen Spiel­partners , der sich dafür entschuldigte, mehr als die faire Hälfte behalten zu haben. Die andere Hälfte der Probanden sollte sich eine solche Entschuldigung nur vorstellen. Welche der beiden Gruppen schätzte die Entschuldigung als wertvoller und versöhnender ein? Die Gruppe, die sich die Entschuldigung nur vorgestellt hatte, wertete die die Entschuldigung viel versöhnlicher, als die andere Gruppe die tatsächliche Entschuldigung erlebte.

Haben diese Einschätzungen auch direkte Aus­wirkungen auf unser Verhalten? In einer zweiten Studie mit anderen Versuchspersonen spielte wiederum die Hälfte der Teilnehmenden das Vertrauensspiel, wurde betrogen und erhielt anschließend eine Entschuldigung. Die andere Hälfte stellte sich die Entschuldigung wieder nur vor. Nun gab es eine zweite Runde, in der die Teilnehmenden wieder bis zu 10 EUR an ihren Spiel­partner überweisen konnten. David de Cremer und sein Team wollten prüfen, wie sehr die Teilnehmenden ihrem Partner auch nach dem ersten Betrug noch vertrauen würden. Es zeigte sich, dass diejenigen, die sich eine Entschuldigung nur vorgestellt hatten, mehr Vertrauen zeigten und mehr Geld zurück gaben, als jene, die wirklich eine Entschuldigung erhalten hatten. Diese Befunde deuten daraufhin, dass Schein und Sein von Entschuldigungen auseinander gehen. Offensichtlich stellen wir uns eine Entschuldigung häufig rosiger vor, als sie es dann tatsächlich ist.

De Cremer, D., Pillutla, M.M. & Reinders Folmer, C. (2011). How important is an apology to you? Forecasting errors in evaluating the value of apologies. Psychological Science,22(1), 45–48.

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