„Wann ist ein Mann ein Mann?“

- Johanna Kaiser & Tabea Waßmuth –

Wenn Männer sich in ihrer Männlichkeit bedroht fühlen, betonen Sie eher männliche Eigenschaften und distanzieren sich von weiblichen Vorlieben, um ihre Männlichkeit wiederherzustellen.

Schon Herbert Grönemeyer besingt in seinem Lied „Männer“ die Vorurteile gegenüber dem männlichen Geschlecht. Männer müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllen (z.B. körperlich stark sein), um in der Gesellschaft wirklich als Mann anerkannt zu werden. Doch wie reagieren Männer darauf, wenn sie sich in ihrer Männlichkeit bedroht fühlen?

Mit dieser Frage beschäftigte sich ein amerikanisches Forschungs­team um Sapna Cheryan, das zwei Hypothesen aufstellte: Erstens sollten Männer, deren Männlichkeit angegriffen wird, lieber typisch männliche Verhaltensweisen als männliche Vorlieben zeigen. Zweitens sollten sie sich eher von weiblichen Präferenzen distanzieren als männliche Vorlieben anzugeben. Diesen Annahmen liegt zugrunde, dass Männer nach Bedrohung ihrer Männlichkeit diese wiederherstellen möchten. Männliche Vorlieben (z.B. Fußball zu schauen) wirken dabei laut Annahmen des Forschungs­teams weniger männlich als typisch männliche Eigenschaften (z.B. groß zu sein). Andererseits wirke es männlicher, weibliche Vorlieben (z.B. „Germany‘s Next Topmodel“ zu gucken) abzulehnen als männliche Vorlieben anzugeben.

Zur Über­prüfung dieser Annahmen wurden zwei Studien durchgeführt. Zunächst sollten männliche Studenten Produktvorlieben und Persönlichkeits­merkmale angeben. Anschließend bekamen sie eine Rückmeldung über ihre Männlichkeit, die unabhängig von den gegebenen Antworten zufällig durchschnittlich oder unter­durchschnittlich war. Als Reaktion auf die Rückmeldung wurde gemessen, welche Präferenzen die Männer für verschiedene männliche und weibliche Produkte angaben.

Tatsächlich gaben in ihrer Männlichkeit bedrohte Studenten wie erwartet keine stärkere Präferenz für männliche Produkte an, um ihre Männlichkeit wiederherzustellen. Stattdessen haben sie sich von weiblichen Produkten distanziert – im Vergleich zur Kontroll­gruppe zeigten die „unmännlichen“ Studenten nämlich deutlich geringere Werte in der Vorliebe für weibliche Produkte.

Eine weitere Studie konnte außerdem die Annahme bestätigen, dass Männer mit einer Übertreibung objektiv messbarer Eigenschaften wie beispielsweise der Körpergröße oder der Anzahl an Sexual­partnerinnen reagierten, nachdem ihre physische Kraft in einem Test als „typisch weiblich“ bezeichnet wurde. In der Gruppe ohne Bedrohung der Männlichkeit kam es nicht zur Übertreibung männlicher Eigenschaften.

Welche Schlüsse können wir aus dieser Forschung für den Alltag ziehen? Wenn die Männlichkeit angegriffen wird, kann dies in Extremfällen dramatische Folgen haben: Es gibt beispielsweise einen Zusammenhang zwischen der Arbeits­losigkeit von Männern und der häuslichen Gewalt an Frauen. Da arbeits­lose Männer sich eventuell in ihrer Männlichkeit bedroht fühlen (Männer gelten in unserem Gesellschafts­bild als Geldverdiener), versuchen sie dies vielleicht über Körperkraft auszugleichen. Die oben genannten Befunde demonstrieren dagegen, dass Personen (hier: Männer) eher kreative Strategien anwenden, um die Bedrohung ihrer Identität abzuwenden. Vielleicht wäre es daher ratsam, keine so zentrale Identitätszugehörigkeit wie das Geschlecht infrage zu stellen. Denn schon Grönemeyer wusste: „Männer sind so verletzlich“.

Cheryan, S., Cameron, J. S., Katagiri, Z., & Monin, B. (2015). Manning up. Social Psychology. doi: 10.1027/1864-9335/a000239

Redaktion und Ansprech­partnerIn*: Mariela Jaffé*, Sebastian Butz

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