Zwei linke Füße beim Tanzen, aber ein super Manager

- Anne Landhäußer –

Misserfolg in einem (femininen) Bereich kann als Zeichen für Erfolg in einem anderen (maskulinen) Bereich gewertet werden.

Da Menschen in unserer westlichen Gesellschaft in erster Linie nach Leistung und Erfolg beurteilt werden, haben viele von uns oft Angst davor, Schwächen zuzugeben oder ein persönliches Versagen einzugestehen. Ob am Herd, beim Fußball oder in einer Konferenz: Niemand demonstriert gerne sein Unvermögen. Doch Versagen muss nicht grundsätzlich schlecht sein. Es gibt sogar Umstände, unter denen man gerade dann einer Person Besonderes zutraut, wenn sie in einem anderen Bereich alles andere als eine Glanzleistung abgeliefert hat. Die SozialpsychologInnen Marc-André Reinhard, Dagmar Stahlberg und Matthias Messner von der Universität Mannheim haben dieses Phänomen, das sie als „failure-as-an-asset“-Effekt („Versagen als Stärke“) bezeichnen, genauer unter die Lupe genommen.

Den ForscherInnen zufolge basiert der „failure-as-an-asset“-Effekt auf der Tatsache, dass man bestimmte Fähigkeiten und Fertigkeiten mit bestimmten Gruppen von Menschen verbindet. Man stelle sich Max Mustermann vor, von dem wir nur wissen, dass er ein unglaublich guter Balletttänzer ist. Was glauben Sie: Ist Max Mustermann auch ein erfolgreicher Manager? Die meisten würden das nicht vermuten, denn Führungs­kompetenzen werden in der Regel Personen zugeschrieben, die besonders männlich sind. Da gutes Tanzen im Allgemeinen für ein Talent der Damenwelt gehalten wird, tendieren wir nun dazu, einem guten Tänzer seine Männlichkeit abzusprechen. Und wer nicht männlich ist, der taugt wohl auch nicht zum erfolgreichen Manager, oder? Mit einem derart stereotypen Urteil kann man natürlich meilenweit daneben liegen. Nichts desto trotz scheint es so, als würden Menschen häufig in eben solchen Schemata denken. Eine gute Leistung im Ballett wird also schnell als ein Indiz für anderweitiges Versagen gewertet.

Und wie wird Versagen zu einem Vorteil? Max Mustermann müsste sich nur als äußerst schlechter Tänzer mit zwei linken Füßen erweisen, um als typisch maskulin eingeschätzt zu werden. In diesem Fall würde man ihm viel eher zutrauen, ein erfolgreicher Manager zu sein. Eine schlechte Leistung beim Tanzen kommt dem Träger eines Y-Chromosoms also zugute.

Dass es sich tatsächlich so verhält, konnten die Mannheimer SozialpsychologInnen mit einer Serie von Studien belegen. Die ProbandInnen sollten beispielsweise den beruflichen Erfolg einer Person einschätzen, von der sie nicht viel mehr kannten als den Wert, mit dem sie bei einem Intelligenztest zu logischem Denken abgeschnitten hatte. Die Hälfte der ProbandInnen sollte eine Frau beurteilen, die andere Hälfte einen Mann. Außerdem wurde variiert, ob bei dem Test Männer im Durchschnitt besser abschneiden oder aber Frauen. Tatsächlich zeigte sich: Glaubten die ProbandInnen, Frauen seien bei dem Logik-Test grundsätzlich besser als Männer, trauten sie gerade dem Mann einen großen beruflichen Erfolg zu, der in dem Test nur eine verhältnismäßig geringe Punktzahl erreicht hatte. Dieses Ergebnis lässt sich dadurch erklären, dass die ProbandInnen den Versager für besonders männlich hielten, weswegen sie ihm auch eine hohe Führungs­kompetenz zutrauten. Der Mann, der den Test erfolgreich absolviert hatte, wurde für nicht besonders männlich befunden – schließlich demonstrierte er eine als weiblich wahrgenommene Stärke. Dementsprechend hielten ihn die ProbandInnen auch nicht für besonders erfolgreich.

Während es einem männlichen Bewerber im Vorstellungs­gespräch also durchaus nützen kann, eine Un­kenntnis der zeitgenössischen Literatur oder Schwächen in der Haushalts­führung einzugestehen, können Frauen vor allem dann punkten, wenn sie Stärken in Bereichen demonstrieren, die als Männerdomäne gelten. Bleibt zu hoffen, dass nicht mehr allzu viel Zeit verstreichen muss, bis man auch mit der weiblichen Hälfte der Menschheit – und zurecht! – Führungs­kompetenzen assoziiert.

Reinhard, Stahlberg & Messner (2008). Failure as an asset for high-status persons – Relative group performance and attributes occupational success. Journal of Experimental Social Psychology 44, 501–518.

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