Neue Studie zum Thema „Unter­nehmer:innen in der COVID-19-Pandemie – Eine Zwischenbilanz nach zwei Jahren“

Die COVID-19-Pandemie hat viele Klein­unter­nehmer:innen und Soloselbständige vor massive Herausforderungen gestellt. Welche Folgen hatten die Einschränkungen der vergangenen zwei Jahre aus Sicht dieser Gruppe?

Die COVID-19-Pandemie hat viele Klein­unter­nehmer:innen und Soloselbständige vor massive Herausforderungen gestellt. Welche Folgen hatten die Einschränkungen der vergangenen zwei Jahre aus Sicht dieser Gruppe? Wie haben staatliche Hilfsmaßnahmen gewirkt? Und wo gibt es Defizite? Erste Antworten gibt eine aktuelle Studie unter Beteiligung des ifm Mannheim.

Ab dem 13. März 2020 haben Bund und Länder zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie das Wirtschafts­leben immer wieder eingeschränkt. Betriebe in unter­schiedlichen Branchen waren hiervon betroffen – kleine Betriebe oft in besonderem Ausmaß. Unter­stützungs­maßnahmen wie die Corona-Soforthilfe oder KfW-Schnellkredite sollten diesen Unter­nehmen helfen, den Schock zu verkraften.

Die Studie „ReCOVery. Unter­nehmerisches Handeln und staatliche Unter­stützungs­maßnahmen in der COVID-19-Pandemie“ zieht auf der Basis von Tiefeninterviews mit Unter­nehmer:innen aus ganz Deutschland eine erste Bilanz: Wie sind Klein­unter­nehmer:innen und Soloselbständige mit der Krise umgegangen? Wie haben staatliche Unter­stützungs­maßnahmen gewirkt? Die Unter­suchung wurde vom ifm Mannheim gemeinsam mit vier weiteren Forschungs­instituten und der Bertelsmann Stiftung durchgeführt.

Zentrales Ergebnis von ReCOVery: Die unter­schiedlichen Hilfspakete haben bei vielen Soloselbständigen und Klein­unter­nehmer:innen die erhoffte stabilisierende Wirkung entfaltet. Direktzahlungen wie die Corona-Über­brückungs­hilfen, aber auch die Möglichkeit der Kurzarbeit für sozial­versicherungs­pflichtig Beschäftigte, haben Handlungs­spielräume für den aktiven Umgang mit der Krise eröffnet.

„Die Corona-Hilfen haben positiv gewirkt. Doch Zielgerichtetheit und Bedarfs­orientierung und auch der faire, schnelle und reibungs­lose Zugang zu den Hilfen sollten bei künftigen Krisen besser organisiert sein.“
Dr. Alexandra David, Institut Arbeit und Technik (IAT),
Co-Autorin von ReCOVery

Die Studie zeigt aber auch, dass die staatlichen Hilfsmaßnahmen nur eines der Elemente sind, die über die Über­lebens­fähigkeit der Betriebe entschieden. Der unter­nehmerische Geist und die Kreativität der Selbständigen waren ebenfalls wichtig. Wer aktiv mit der wirtschaft­lichen Ausnahmesituation umgegangen ist, konnte dem eigenen Betrieb in der Regel eine Perspektive eröffnen. So zeigt die Studie, dass viele Unter­nehmer:innen im Bereich der Gastronomie und des Einzelhandels Spielräume nutzten, um neue Vertriebskanäle aufzubauen oder Teile ihres Geschäfts­modells zu digitalisieren.

Das positive Gesamtbild darf jedoch nicht über konkrete Mängel bei Umsetzung und Kommunikation der Corona-Hilfen hinwegtäuschen. Die Angaben der Unter­nehmer:innen aus wissensintensiven Bereichen sowie der Gastronomie und dem Einzelhandel lassen darauf schließen, dass die staatlichen Unter­stützungs­maßnahmen mehr Wirkung entfaltet hätten, wenn sie durch ziel­gruppen­gerechtere Kommunikations- und Informations­maßnahmen flankiert worden wären.

„Eine zentrale Informations­seite und eine Netzwerk-Plattform für den Austausch der Selbstständigen sollten präventiv für künftige Krisen eingerichtet werden.“
Dr. Susann Schäfer, Friedrich-Schiller-Universität Jena,
Co-Autorin von ReCOVery

Darüber hinaus empfehlen die Expert:innen die Entwicklung eines Finanz­instruments zur Sicherung eines Mindest­einkommens für Soloselbständige und Klein­unter­nehmer:innen. Die Studie deute darauf hin, dass der vorübergehende erleichterte Zugang zur Grundsicherung für Soloselbstständige, Freiberufler:innen und Klein­unter­nehmer:innen nur bedingt in Anspruch genommen wurde. Denkbar wäre beispielsweise, künftig in den Über­brückungs­hilfen auch die Lebens­haltungs­kosten dieser Gruppe zu berücksichtigen.

Die Autor:innen empfehlen auch den Aufbau von Strukturen zur Bewältigung kommender Krisen. Ein Baustein hierfür könne ein dauerhafter Expert:innenrat sein. Dieser solle darauf hinwirken, dass im Falle künftiger Krisen schneller, bedarfs­orientierter und zielgerichteter agiert werden könne. „Solch ein fach­übergreifender Rat wäre ein konkreter Beitrag, die Resilienz der Unter­nehmen und damit auch der Gesamtwirtschaft gegen künftige externe Schocks zu erhöhen“ sagt Co-Autor Armando García Schmidt von der Bertelsmann Stiftung.

Information zur Studie

Das Projekt „ReCOVery“, wurde gemeinsam vom Institut Arbeit und Technik der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen (IAT), der Universität Jena, dem Institut für Mittelstandsforschung der Universität Mannheim (ifm Mannheim), dem Institut für Mittelstandsforschung Bonn (IfM Bonn), der Fach­stelle Migrantenökonomie im IQ-Netzwerk und der Bertelsmann Stiftung durchgeführt. Zehn Autor:innen haben an der Studie mitgewirkt. Grundlage der Unter­suchung bilden semi-strukturierte Tiefeninterviews mit insgesamt 34 Unter­nehmer:innen aus Deutschland. Die Interviews wurden von Januar bis August 2021 geführt. Die Auswahl der Interview­partner:innen zielte auf maximale Variation mit Blick auf Krisenbetroffenheit der Branche (wissensintensive Dienstleistungen sowie dem Einzelhandel und der Gastronomie), Geschlecht und Migrations­hintergrund.

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