Können Maschinen mein Lächeln richtig deuten?

In einer Reihe von Studien haben Psychologinnen und Psychologen der Universität Mannheim die Erkennung von Emotionen durch Computer­programme untersucht. Ihr Fazit: Die aufstrebende Technologie hat ein großes Potential für die psychologische Forschung und könnte in Zukunft beispielsweise eine kontaktfreie Messung in der Emotions­forschung ermöglichen. Allerdings sollte die Empfindlichkeit der Programme noch verbessert werden.

Kürzlich war es noch Science-Fiction, jetzt ist es alltäglich: Das Smartphone erkennt das Gesicht seines Besitzers. Aber können elektronische Geräte auch schon bald unsere Emotionen lesen? Dieser Frage sind Mannheimer Psychologinnen und Psychologen um Prof. Dr. Georg W. Alpers und Dr. Tim Höfling in einer Reihe von Studien nachgegangen. Sie haben in interdisziplinären Kooperationen mit anderen Hochschulen eine Serie von Experimenten durchgeführt und in vier internationalen Zeitschriften veröffentlicht, in der die Messgenauigkeit dieser innovativen Technologie überprüft und deren Potentiale für verschiedene Anwendungen ausgelotet wurde. 

Die Forschenden konnten zeigen, dass Algorithmen spezialisierter Software auch weniger standardisierte emotionale Gesichtsausdrücke, die von Schauspielerinnen und Schauspielern dargestellt wurden, beinahe so gut wie Menschen erkennen können. Wenn normale Menschen – und keine Schauspielerinnen und Schauspieler – in einem typischen Laborsetting intensive Gesichtsausdrücke darstellten, funktionierte es ähnlich gut. 

Allerdings erkennt die Maschine längst nicht alles: Algorithmen sind noch nicht empfindlich genug, um schwache emotionale Reaktionen zu erkennen – erst recht nicht, wenn Menschen ihre mimische Reaktion kontrollieren oder unterdrücken. „So lange die Empfindlichkeit der Computer­programme noch begrenzt ist, können etabliertere Forschungs­methoden noch nicht ganz ersetzt werden“, resümiert Studien­leiter Höfling.

Die Studien zeigen, dass die aufstrebende Technologie der Mimikerkennung ein großes Potential für die psychologische Forschung und ihre Anwendungs­felder hat. So könnten künftig Forschende ohne eine aufwändige Befragung oder Beobachtung ihrer Probanden und Patientinnen und Patienten Gefühlsausdrücke am Gesicht ablesen. Dies ist besonders interessant für sensible Patienten­gruppen, bei denen eine aufwendige Verkabelung schwierig ist. Die Technologie ist auch für die Online-Forschung geeignet, die sich gerade während der Corona-Pandemie als besonders bedeutsam erwiesen hat. 

Text: Yvonne Kaul / Oktober 2022