Eine Studentin mit Brille blickt freundlich in die Kamera. Text: Schlaue neue Welt? KI und Digitalisierung an der Uni Mannheim.

Im Porträt: Michael Meckel

Studierende aus der ganzen Welt zusammenbringen, damit sie einander kennen- und verstehen lernen: Dieses hehre Ziel verfolgte Karl Friedrich Meckel mit der Gründung der Ekkehard Stiftung im Jahre 1960. Heute, 63 Jahre später, setzt sich sein Enkelsohn Michael Meckel gemeinsam mit den sieben anderen Stiftungs­rats­mitgliedern für die stete Fortführung dieser Arbeit ein, denn die Stiftungs­ziele Völkerverständigung und Weltfrieden haben an Wichtigkeit nicht verloren.

Auf den Fluren des Barockschlosses summt es wie in einem Bienenstock: Das Semester ist an diesem Herbsttag in vollem Gange, Studierende eilen schwatzend von Saal zu Saal. Doch im Besprechungs­raum des Rektorats mit dem großen Pinguin-Bild an der Wand herrscht eine entspannte Atmosphäre. Das liegt am dampfenden Kaffee, der vor uns steht, am warmen Licht, dem Klopfen der Regentropfen an die Schlossfenster, vor allem aber an Michael Meckel, der heute zu Besuch ist. Mit ruhiger Stimme und blitzenden Augen erzählt mir der auf Anhieb so sympathische Frankfurter Unternehmer mit dem lässigen Pferdeschwanz und der schwarzen Hornbrille aus seinem Leben – nur ab und zu unterbricht er seine Erinnerungen, um sich ein kleines, scharfes Pfefferminzbonbon zwischen die Zähne zu schieben. „Mein Laster“, zwinkert er dann verschwörerisch und fährt direkt fort.

Schauplatz: die pulsierende Metropole Frankfurt am Main, kurz nach dem Zweiten Weltkrieg. Mittendrin im Frankfurter Westend: das Mehrgenerationen­haus der Familie Meckel. Großeltern, Eltern und Kinder leben hier alle unter einem Dach, die Geschäftsräume befinden sich im Untergeschoss. Der ursprünglich aus der Pfalz stammende Karl Friedrich Meckel fängt hier gemeinsam mit seiner Frau mit Ende 40 noch einmal ganz vorne an. Er lässt seine Heimat und die traumatischen Erlebnisse seiner Kriegsgefangenschaft hinter sich und stürzt sich mit Eifer in die Arbeit, um den Trifels-Verlag – benannt nach der imposanten pfälzischen Staufer-Burg – aufzubauen. „Sie müssen sich das vorstellen: Nach dem Krieg wurde ja buchstäblich alles neu aufgebaut: Es gab neue Straßen, neue Geschäfte – und mein Großvater hat diesen Moment ergriffen und für seinen Verlag in Zusammenarbeit mit der damaligen Postreklame sehr glücklich zu nutzen gewusst“, erzählt Michael Meckel von der Entstehungs­geschichte des Familien­unternehmens, dessen Erfolgsprodukt die „Gelben Seiten“ waren. Rasch wuchs das Unternehmen, die Telefonbücher wurden enorm erfolgreich und in drei Bundes­ländern unabdingbar. Noch wer in den 00er Jahren aufgewachsen ist, weiß, wie omnipräsent das Produkt aus dem Hause Trifels im Alltag war: In jeder Telefonzelle, in jedem Haushalt in Hessen, Rheinland-Pfalz und später auch im Saarland lag das dicke, gelbe Buch mit den filigranen, eng bedruckten Seiten. Wer einen Handwerker suchte, die Nummer der Wetterauskunft wissen oder auch einfach nur nachschlagen wollte, an welchem Tag die Lieblingspizzeria Ruhetag hatte, der nahm ganz selbstverständlich die Gelben Seiten zur Hand.

Sobald die Firma auf festen Füßen stand, erfüllte sich Karl Friedrich Meckel seinen lang gehegten Wunsch und gründete 1960 gemeinsam mit seiner Frau Erna die „Ekkehard Stiftung Internationales Studentendorf“, denn er konnte und wollte seine Kriegserlebnisse nicht vergessen.  Das zentrale Anliegen: ausländische Studierende in Deutschland mit deutschen Studierenden zusammenzubringen, um einen offenen, dem Frieden dienenden Austausch im Sinne der Völkerverständigung zu ermöglichen.  Die Studierenden verschiedenster Nationalitäten sollten mithilfe der Ekkehard Stiftung eine Heimstatt finden und unterstützt werden. An seiner Alma Mater, der Universität Mannheim, an der er in den 30er Jahren ein Studium der Betriebs­wirtschafts­lehre abgeschlossen hatte, stieß er mit seiner Idee auf offene Türen. Seit mehr als 55 Jahren unterstützt die Ekkehard-Stiftung nun schon gemeinsam mit der Universität Mannheim ausländische Studierende mit ganz konkreten Hilfen: Sie finanz­iert die Miete in den 3-er WGs des Gästehauses der Uni, vergibt Stipendien, unterstützt Tutorien der BWL und die Kummersprechstunde für internationale Studierende der Psychologischen Beratungs­stelle (PBS) des Studierenden­werk Mannheims.

Spricht Michael Meckel von der Gründung der Stiftung, wirkt er demütig und stolz zugleich. „Ich selbst konnte meinen Großvater leider nie kennenlernen, da ich erst nach seinem Tod geboren wurde. Aber die Geschichten über seine starke Willenskraft, seine Begeisterungs­fähigkeit und seinen Mut machen mich heute noch oft sprachlos. Ich finde es außergewöhnlich, dass der Traum von der Stiftung kein Traum blieb, da kann ich einfach nur Chapeau sagen!“, erklärt Michael Meckel ehrfürchtig. Als er selbst im Jahre 1972 geboren wird, ist der Großvater bereits seit zweieinhalb Jahren verstorben, das Familien­unternehmen und die Stiftung haben zwei der Söhne Karl Friedrichs übernommen – einer davon, Ekkehard, ist der Vater von Michael. „Ich wurde praktisch mitten hineingeboren in dieses Familien­unternehmen. Mein Vater hat mich immer auf dem Weg zum Verlagsgebäude im Kindergarten abgesetzt, lange bevor die anderen Kinder eintrudelten, denn mein Vater war ein echter Frühaufsteher“, erinnert sich Meckel schmunzelnd. Eine tolle Kindheit sei das gewesen, inmitten der Großfamilie. Nach dem Abitur schnupperte der Filius dann erstmals ernsthaft hinein ins echte Geschäft und absolvierte im Tochter­unternehmen, der SARAG GmbH, im Saarland ein Praktikum: „Ich musste ja schauen, ob das Verlagswesen etwas für mich ist: Traue ich mir das zu? Kann ich dem Wunsch meines Vaters überhaupt entsprechen?“ Die Arbeit machte Michael Meckel auf Anhieb Spaß: etwas gestalten zu können, Dinge aufbauen zu können, mit neuen Ideen zu jonglieren – das habe ihm sofort gefallen.

Und auf genau jene Kompetenzen kam es zur Jahrtausendwende plötzlich verstärkt an. Mit dem Internet-Boom musste der Trifels-Verlag erfinderisch werden.  „Wir haben schon unglaublich viele spannende Dinge gemacht in dieser Umbruchzeit. Was ich meinem Onkel und Vater sehr hoch anrechne ist, dass sie mir freie Hand gelassen haben – sie haben mir zugehört und vertraut. Wir haben oft intensiv und ernsthaft miteinander diskutiert. Das war eine großartige Zusammenarbeit“, berichtet Michael Meckel. Neben innovativen Geschäftsideen wie der Entwicklung von Branchenwebseiten und Beteiligungen an Social Media-Agenturen, trieb Michael Meckel auch die Stiftungs­arbeit stetig voran. Und so ermöglichte der 51-jährige mit regelmäßigen persönlichen Spenden die Finanzierung zusätzlicher Stipendien für internationale Studierende. Auch in Krisenzeiten war auf ihn Verlass und so leistete er während der Coronakrise durch namhafte Sonderspenden unbürokratische Hilfe. Nach dem Ausbruch des Ukrainekrieges stellte er großzügig Mittel für die Opfer des Krieges bereit. Darüber hinaus unterstützt Michael Meckel seit vielen Jahren finanz­iell und ideell das Deutschland­stipendium an der Universität Mannheim. Erst kürzlich, im Sommer 2023, wurde er für sein umfassendes Engagement mit der Universitäts­medaille geehrt.

„Ich habe das immer als einen sehr persönlichen Auftrag gesehen und die Stiftungs­ratssitzungen gehören nach wie vor zu meinen liebsten Terminen im Jahr. Besonders dankbar bin ich auch für die seit jeher intensive, und menschlich sehr angenehme Zusammenarbeit mit der Uni Mannheim und der Kreissparkasse Kaiserslautern“, macht Michael Meckel deutlich. Pro Familienzweig stellt die Familie bis heute ein Stiftungs­rat-Mitglied und das soll auch in Zukunft so bleiben, wünscht sich Michael Meckel: „Meine Töchter sind gerade mal 14 Jahre alt und sie dürfen beruflich ganz unbedingt machen, was sie wollen – aber, dass sie die Ekkehard Stiftung weiterführen, das wäre mir schon wichtig!“ Zur nächsten Stipendienfeier an der Uni Mannheim möchte er die Zwillinge deshalb auch unbedingt mitbringen, damit sie die vielen jungen Menschen kennenlernen können, die dank der Ekkehard Stiftung aus der ganzen Welt hier in Mannheim zusammenkommen.

Text: Jule Leger/Dezember 2023