MIFE-Konferenz zum Thema „Die Zukunft der Finanz­bildung“

Die diesjährige MIFE-Konferenz fand am 20. November in Mannheim statt und widmete sich dem Thema „Die Zukunft der Finanz­bildung“. Begleitet wurde sie von einem zweitägigen Workshop, bei dem Nachwuchs­wissenschaft­lerinnen und -wissenschaft­ler ihre Arbeiten präsentierten und sich über ihre Ergebnisse austauschten. Mehr als 100 Konferenzteilnehmerinnen und -teilnehmer diskutierten aktuelle wissenschaft­liche Beiträge zur finanz­iellen Bildung und insbesondere zur deutschen Finanz­bildungs­strategie.

Den Auftakt machte Annamaria Lusardi (Stanford University), eine der führenden Expertinnen für Finanz­bildung. In ihrer Keynote präsentierte sie die zentralen Er­kenntnisse zum seit sieben Jahren erhobenen GFLEC Personal Finance Index und stellte eine Verbindung zwischen Finanz­bildung und finanz­iellem Entscheidungs­verhalten her. Die Daten lassen erkennen, dass ein beträchtlicher Teil der US-Bevölkerung über geringes Finanz­wissen verfügt, insbesondere in Bezug auf Investitionen, Versicherungen und Risiken. Anhand von Forschungs­ergebnissen zeigte Lusardi, dass gezielte Interventionen eine entscheidende Rolle spielen können, um die Wissenslücken in der breiten Bevölkerung zu schließen. Das Problem von niedriger finanz­ieller Bildung sei kein auf die USA beschränktes Phänomen. Weltweit hätten Länder aktive Maßnahmen ergriffen, um nationale Finanz­bildungs­strategien zu etablieren, wie etwa die „Initiative finanz­ielle Bildung“ des Bundes­ministeriums der Finanzen und des Bundes­ministeriums für Bildung und Forschung. Lusardi betonte die Bedeutung eines datengestützten Ansatzes, der Forschung, Strategie­entwicklung und gezielte Programme zur Förderung von finanz­ieller Bildung kombiniert, um so Finanz­bildung auf individueller und gesellschaft­licher Ebene zu verbessern.

In der zweiten Keynote sprach Bernadene De Clercq (University of South Africa) über finanz­ielle Bildungs­maßnahmen im Bereich der Altersvorsorge. Sie betonte die Bedeutung eines klaren Evaluations­designs bei der Untersuchung der Wirkung solcher Maßnahmen. Da sich Finanz­bildungs­maßnahmen in vielen Dimensionen wie Kontext, Ziel­gruppe und Kosten unterscheiden, sei es oft schwierig, verschiedene Maßnahmen hinsichtlich ihres Erfolgs zu vergleichen. Forscherinnen und Forscher sollten daher diese Faktoren sorgfältig dokumentieren, wenn sie solche Maßnahmen entwerfen und evaluieren.

Tom Lucey (Illinois State University), der die dritte Keynote hielt, schlug eine ganzheitliche Perspektive auf finanz­ielle Bildung vor. Er kritisierte das konventionelle Verständnis von Finanz­bildung, das häufig Empathie, soziale Gerechtigkeit und ethische Aspekte vernachlässige, da es oftmals einer Ideologie folge, die den wirtschaft­lich Bessergestellten zugutekomme.

In der letzten Keynote der Konferenz betonte Jens Brandenburg (Bundes­ministerium für Bildung und Forschung) die drängenden wirtschaft­lichen Herausforderungen unserer Zeit. In diesem Zusammenhang betonte er, dass die finanz­ielle Bildung ein Eckpfeiler der individuellen wirtschaft­lichen Situation ist. Brandenburg unterstrich die Bedeutung von Finanz­kompetenz in verschiedenen Lebens­phasen, wie z. B. den Umgang mit Mobilfunkverträgen für Jugendliche, das Verständnis der Beschäftigungs­dynamik für Erwachsene und das adäquate Entsparen für Ältere. Er verwies zudem auf die gemeinsame Initiative des Bundes­ministeriums für Bildung und Forschung und des Bundes­ministeriums der Finanzen zur Stärkung der finanz­iellen Allgemeinbildung in Deutschland. Diese zielt darauf ab, Mittel für Forschungs­projekte bereitzustellen, die Datengrundlagen zu verbessern und eine solide empirische Basis zu schaffen. Er betonte die Bedeutung von Forschungs­instituten wie dem MIFE für die Bereitstellung einer solchen Forschungs­basis.

Anschließend an die Keynote präsentierten die MIFE-Wissenschaft­lerinnen Caroline Knebel (ZEW Mannheim) und Merve Suna (Universität Mannheim) das Projekt „FinBilD: Finanz­ielle Bildung in Deutschland: Bestandsaufnahme und Perspektiven“. Ziel des Projektes ist es, einen Ausgangspunkt und mögliche Richtungen für die Entwicklung einer nationalen Finanz­bildungs­strategie für Deutschland sowie für weiterführende Forschungs­arbeiten in diesem Bereich aufzuzeigen. Suna und Knebel gaben einen Überblick über bestehende Finanz­kompetenzrahmen, zogen Bilanz über existierende Finanz­bildungs­programme und Datenbanken und stellten erste Er­kenntnisse auf Basis aktueller Datenquellen vor. Der endgültige Projektbericht wird Anfang 2024 auf der Homepage des MIFE veröffentlicht.

Unter der Moderation der beiden MIFE-Direktorinnen Carmela Aprea und Tabea Bucher-Koenen diskutierten Fabian von Aichberger (Invest it!), Andreas Kaun (Deutsche Bundes­bank), Annamaria Lusardi (Stanford University) und Simon Skipka (Bundes­ministerium der Finanzen) über die Zukunft der finanz­iellen Bildung in Deutschland. Die Podiumsdebatte umfasste Themen wie Qualitätsstandards für Finanz­bildungs­programme, die Identifizierung von Strategien, um diese zu erreichen, die Einbindung von Stakeholdern und die Vorteile der Entwicklung einer nationalen Strategie.

Abschließend gab Patricia Staab (Deutsche Bundes­bank) die Gewinner des diesjährigen Bundes­bank-Nachwuchsforschungs­preises für Financial Literacy bekannt. Francisco Pitthan wurde für seine Arbeit „How learning about behavioural biases can improve financial literacy? Experimental evidence on the effects of learning about the myopic bias“ ausgezeichnet, die er gemeinsam mit Kristof De Witte verfasst hat. Marius Cziriak erhielt den Preis für sein Paper „Beyond knowledge: Confidence and the gender gap in financial literacy“, das er zusammen mit Tabea Bucher-Koenen und Rob Alessie schrieb.

An die Konferenz schloss sich der MIFE Early Career Workshop an. Annamaria Lusardi hielt einen Vortrag über den aktuellen Stand der Forschung zur finanz­iellen Bildung. Zwölf Nachwuchs­wissenschaft­lerinnen und -wissenschaft­ler präsentierten ihre Forschungs­arbeiten zu dem Thema und tauschten sich über ihre Ergebnisse aus.