Laura Herzberg, Lehr­stuhl für Germanistische Linguistik: Sprach-Korpora als digitale Bildungs­technologien (Dezember 2023)

Laura Herzberg ist wissenschaft­liche Mitarbeiterin am Lehr­stuhl Germanistische Linguistik der Universität Mannheim. Im Frühjahr 2023 promovierte sie unter der Betreuung von Prof. Dr. Angelika Storrer zum Internationalismus OKAY. Ihre Schwerpunkte in Lehre und Forschung liegen in der Untersuchung sprachlicher Phänomene in der internet­basierten Kommunikation, der linguistischen Analyse der Online-En­zyklopädie Wikipedia, sowie im Bereich des Korpusaufbaus und der korpus­basierten Sprachanalyse. Im Rahmen von Lehr­veranstaltungen führt sie Studierende bei der Durchführung eigener Projekte an die Korpuslandschaft der germanistischen Linguistik heran und aktiviert Lernende in Bezug auf einen reflektierten Umgang mit Wikis und Wikipedia.

Was ist Ihr aktuelles Forschungs­thema?

Ich arbeite aktuell an der Entwicklung von Nutzungs­szenarien und Konzeptideen für den Einsatz von Korpusinfrastrukturen in Lehre und Unterricht im Rahmen der AG „Sprach-Korpora als digitale Bildungs­technologien“. In der Linguistik werden seit mehr als 20 Jahren digitale Forschungs­infrastrukturen in Form von Korpora aufgebaut, die Wissenschaft­ler:innen den empirischen Zugang zu sprachlichen Phänomenen erlauben. Nach und nach setzt sich die Er­kenntnis durch, dass auch Lehr­ende und Lernende von diesen Infrastrukturen profitieren können. In den Bildungs­standards heißt es etwa im domänen­spezifischen Kompetenz­bereich 4.5 „Sprache und Sprachgebrauch untersuchen“: „Der Aufbau von Kompetenzen für den reflektierten Umgang mit digitalen Ressourcen zur deutschen Sprache bildet eine wichtige Grundlage für die Weiter­entwicklung der Sprachbewusstheit, für die Produktion, Erschließung und Analyse von Texten und Medien.“ Ziel der Arbeits­gemeinschaft ist es, Ansätze und Konzepte zur Nutzung langfristig verfügbarer Korpusinfrastrukturen in Lehre und im Unterricht zu systematisieren.

Für alle, die noch nicht so tief in das Thema Data Science eingestiegen sind: Wie würden Sie einem Kind erklären, woran Sie arbeiten?

Ich möchte herausfinden, wie Sprache mit Hilfe von großen Textsammlungen untersucht werden kann.

Alle sprechen über Data Science – wie würden Sie die Bedeutung des Themas für sich selbst in drei Worten beschreiben?

Corpus/Data Literacy, Wissenstransfer, Forschendes Lernen

Welche Berührungs­punkte mit Data Science hat Ihre Arbeit? Welche Methoden nutzen Sie bereits und welche wären zukünftig interessant für Sie?

In unserer AG nutzen wir sehr große Sprachkorpora als empirische Basis für unsere linguistische Forschung. Wir ermitteln, welche vorhandenen Korpusressourcen, -werkzeuge und -plattformen für Vermittlungs­kontexte zur Verfügung stehen und ermitteln, wie Korpusressourcen, -werkzeuge und -plattformen aus didaktischer Sicht (weiter-)entwickelt werden können. Dabei ist es wichtig, dass digitale Ressourceninfrastrukturen nachhaltig bereitgestellt und über online zugängliche Nutzerschnittstellen recherchiert und abgefragt werden können. Der Einsatz von künstlicher Intelligenz und Machine Learning-Applikationen ist im Kontext der Annotation und Klassifizierung von Sprachdaten besonders ertragreich.

Wie hoch ist der Wert von Data Science für Ihre Arbeit? Wäre Ihre Forschung ohne Data Science überhaupt möglich?

Data Science ermöglicht uns hauptsächlich als Forschungs­ressourcen bereitstehende, annotierte Korpusressourcen, -werkzeuge und -plattformen als Bildungs­technologien umzumünzen. Für eine ganzheitliche Perspektive auf Sprache werden so traditionelle linguistische Ansätze und Theorien in Lehr- und Lernszenarien um Gebrauchskontexte authentischer Sprachdaten komplementiert.

Welche Entwicklungs­möglichkeiten sehen Sie für das Thema Data Science in Bezug auf Ihr Fach­gebiet?

Ein interdisziplinärer Austausch über bereits existierende, umfassend linguistisch annotierte Sprachkorpora und Korpusressourcen, -werkzeuge und -plattformen sowie mit ihnen durchgeführte Projekte ist essenziell. Die Ermittlung gegenwärtiger Bedarfe an Technologien, die in Lehr- und Lernszenarios zum Einsatz kommen können, wie es aktuell in der AG durchgeführt wird, bildet die Basis für projekt­übergreifende Vernetzungs­möglichkeiten.

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