Soll das Kartellrecht verschärft werden?

Befugnisse des Bundeskartellamts sollen mit der Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen gestärkt und erweitert werden.

Über den Vorschlag der Bundesregierung diskutierten Mitte Juni in einer öffentlichen Anhörung des Wirtschaftsausschusses des Deutschen Bundestags acht Sachverständige – darunter die Mannheimer Professoren Jens-Uwe Franck und Martin Peitz. 

Mit der Änderung des Gesetzes will die Bundesregierung, dass das Bundeskartellamt wirksamer Wettbewerbsstörungen begegnen kann. Eine solche Störung ist beispielsweise gegeben, wenn Anbieter ihre Preise absprechen, wie etwa im Fall des Bierkartells aufgedeckt wurde. In einem anderen Fall wurde ein führender Hersteller von Schulranzen bebußt, der den Händlern unerlaubterweise die Preise diktiert hat. In manchen Märkten werden allerdings Wettbewerbsstörungen beobachtet, die nicht auf ein Verhalten der Unternehmen zurückgeführt werden können, das kartellrechtlich verboten ist und vom Bundeskartellamt sanktioniert werden kann.

Abhilfe bei Wettbewerbsstörungen
Der neue Gesetzesentwurf sieht vor, die Wirksamkeit von sogenannten Sektoruntersuchungen zu erhöhen, die Strukturen und Wettbewerbsbedingungen in bestimmten Wirtschaftszweigen erforschen. Bisher endeten diese Sektoruntersuchungen mit einem Bericht des Bundeskartellamts. Stellt es Störungen des Wettbewerbs fest, die nicht mit dem Kartellrecht adressiert werden können, kann es nur an die Politik appellieren, diese Lücke zu schließen. Künftig soll die Behörde selbst Maßnahmen anordnen können, um Störungen des Wettbewerbs zu beheben.

Martin Peitz, Professor für Volkswirtschaftslehre, begrüßte den Vorschlag. Es sei wichtig, ein Wettbewerbsrecht zu haben, das auf problematische Entwicklungen in einzelnen Sektoren reagieren kann und nicht nur auf solches Verhalten der Unternehmen abstellt, das einen Missbrauch darstellt. „Dieses Instrument hätte man schon vor Jahren einführen können“, so Peitz. Aufgrund der aktuellen Herausforderungen gäbe es aber besonders gute Gründe, jetzt gesetzgeberisch tätig zu werden. Auch gäbe es gute Erfahrungen mit diesem Instrument in Großbritannien und in anderen Ländern.

Jens-Uwe Franck, Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Handels- und Kartellrecht, bewertete den Vorschlag ebenfalls positiv: „Das scheint mir ein konzeptuell sinnvolles Instrument zu sein,“ sagte der eingeladene Experte. Mit der Novelle werde dem Bundeskartellamt zwar ein „weites Recht“ gegeben, die von manchen Kritikern geäußerte Gefahr von regulatorischen Eingriffen in Form von Preisregulierungen sehe er jedoch nicht, so Franck.

Gewinnabschöpfung bei Kartellrechtsverstößen
Zudem soll das Kartellamt auf Vorschlag der Regierung künftig in der Lage sein, rechtswidrig erlangte Gewinne den beteiligten Unternehmen wieder zu entziehen. Denn diese sollen wirtschaftlich nicht davon profitieren, wenn sie gegen das Kartellrecht verstoßen. Laut Franck sei bei der vorgeschlagenen Regelung die Gefahr, dass ein unangemessen hoher Betrag von den betroffenen Unternehmen abgeschöpft wird, sehr gering. Wenn bei den Preisdiktaten für Schulranzen die Bußgelder nicht hoch genug waren, um die rechtswidrigen Gewinne abzuschöpfen, dann hätte das Bundeskartellamt auf Basis des Gesetzesvorschlags hier tätig werden können.

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