Die Rankings haben auf jeden Fall eine Rolle gespielt. Ich wusste seit der 9. Klasse, dass ich Politik studieren möchte und die Revolution in Ägypten hat das noch mehr bestärkt. Nach der Revolution haben auf einmal alle über Politik geredet. Aber nur wenige verstehen, was wirklich passiert und sehr wenige haben die Möglichkeit, darauf Einfluss zu nehmen. Ich schwankte zunächst zwischen den Universitäten in Mannheim, Konstanz und Berlin. Mannheim hat mich überzeugt, weil ich BWL als Beifach wählen konnte, es eine der wärmsten Städte Deutschlands und eine richtige Studentenstadt ist.
Mir hat bereits mein Bachelorstudium hier super gefallen. Obwohl Mathe und Statistik anfangs nicht mein Ding waren, hat mich vor allem der quantitative Schwerpunkt meines Studiums überzeugt. Auch mein Master sollte quantitativ ausgerichtet sein, deshalb war Mannheim wieder meine erste Wahl. Außerdem hatte ich die Chance an einem Master-Programm teilzunehmen, bei dem ich ein Jahr meines Masters an der Johns-Hopkins University in Baltimore verbringen konnte und das zweite Jahr wieder hier in Mannheim. Für dieses Programm habe ich ein Stipendium vom DAAD bekommen. Man kann in Mannheim wirklich viel aus seinem Studium machen.
Nach der Schule beginnt jeder erst mal ein neues Kapitel und vieles verändert sich. Ich denke, dass es mir schwerer gefallen wäre, wenn ich nicht schon eine deutsche Schule besucht hätte. So hatte ich keinen wirklichen Kulturschock und konnte mich schnell einleben. Es war aber etwas Besonderes für mich, hier das erste Mal in meinem Leben Schnee zu sehen.
Was mir am Anfang etwas Schwierigkeiten bereitet hat, war der ganze Papierkram. In Deutschland muss man sehr gut organisiert sein. Ich glaube am wichtigsten ist es, offen zu sein und mit Leuten zu reden, wenn man die Möglichkeit hat, da alle sehr hilfsbereit sind. An der Uni gibt es viele Initiativen, durch die man schnell in Kontakt mit anderen Studierenden kommt. Ich war für zwei Jahre bei AIESEC im Incoming Exchange-Team und habe internationale Studierende bei ihrer Ankunft in Mannheim unterstützt.
Bei meinem Papa hat es ein bisschen gedauert, bis er sich so richtig freuen konnte, weil er nicht wollte, dass seine kleine Tochter nach Deutschland geht. Meine Mama war von Anfang an super glücklich. Sie unterstützen mich beide und sind sehr stolz darauf, dass ich hier studiere. Ich denke auch, es ist schön für sie zu sehen, dass es sich für mich gelohnt hat, Deutsch zu lernen. Ich mag es sehr, wenn meine Familie und Freund*innen mich besuchen kommen und ich ihnen Mannheim zeigen kann. Meine Mama war total begeistert von dem Schloss.
Ich mache hier sehr viel Sport, weil ich das in der Art in Kairo nicht machen konnte. Dort macht man Sport eher an privaten Orten, auf der Straße zu joggen, ist nicht so üblich. Deswegen jogge ich gerne durch die Stadt an den Wasserturm oder durch den Luisenpark. Häufig unternehme ich auch etwas mit Freund*innen. In Mannheim kann man wirklich viel machen, den Stadtteil Jungbusch mag ich besonders. Sehr schön ist es aber auch, einfach am Wasserturm zu sitzen oder im Sommer am Neckar zu grillen. Für mich ist es auch etwas besonderes, hier überall mit dem Fahrrad hinfahren zu können. In Ägypten fährt man kein Fahrrad, außer man wohnt in einer geschlossenen Wohnanlage.
Mein Traum ist es, in einem Think Tank zu arbeiten, der die ägyptische Politik evaluiert und Berichte erstellt, und somit wirklich einen Einfluss zu haben. Man forscht nicht nur, sondern kann Politikvorschläge machen, damit es den Leuten besser geht. In Ägypten kann man Politikwissenschaft aber auch anders anwenden. Ich finde, dass es in dem Land an politischer Bildung mangelt und deswegen sind Sachen wie Stiftungen, die Seminare und Workshops anbieten, auch eine gute Idee.
Ja definitiv. Ich bin hier geblieben und will auch nicht weg. Es gibt einen Songtext „In Mannheim weint man zweimal, einmal wenn man kommt und einmal wenn man geht“ und ich finde das stimmt wirklich. Die Stadt an sich ist nicht so schön, aber die Uni dafür umso schöner. Außerdem gibt es viele coole Ecken in Mannheim und man kann einiges unternehmen. Wenn man aus einer Großstadt wie Kairo kommt, ist es sehr angenehm, dass man hier überall hin laufen oder mit dem Fahrrad fahren kann. Ich finde es geht den Studierenden hier wirklich gut, gerade auch weil die Studiengebühren sehr niedrig sind. Als internationaler Student hat man in Mannheim auch keine besonderen Schwierigkeiten, einen Studentenjob zu bekommen.
Ja, das kann ich mir vorstellen und ich denke auch, dass ich in der nahen Zukunft hier bleibe. Aber ich möchte auch etwas in meinem Land bewirken, deswegen werde ich eventuell auch zurückgehen und ein Projekt in Ägypten beginnen. Wenn es aber die Möglichkeit gibt, von hier aus etwas für Ägypten machen zu können, dann würde ich auch in Deutschland bleiben.
Text: Lena Trumpfheller / Juli 2017