Eine Person trägt einen roten Pullover mit schwarz-weißem Kragen und steht in einem Innenhof des Schlosses. Die Person heißt Habiba El Gohary.

„Es war ganz leicht mich einzuleben“

Habiba El Gohary ist 19 Jahre alt, kommt aus Kairo und ist in Abu Dhabi aufgewachsen. Sie studiert im ersten Bachelor-Semester Politik­wissenschaften und VWL. In ihrer myUniMA story erzählt sie uns, warum es für sie schon früh feststand, dass sie einmal in Deutschland studieren wird, welche Unterschiede es zwischen dem Leben in Abu Dhabi und Deutschland gibt und was ihr am Studium in Mannheim besonders gefällt.

Warum hast du dich für ein Studium an der Uni Mannheim entschieden und wie gefällt es dir bisher?

Ich habe mich für Mannheim entschieden, weil das Ranking für Politik­wissenschaften und VWL sehr gut war und ich nur Positives von anderen Studierenden gehört habe. Ich wollte diese Fächer studieren, weil Politik­wissenschaften und VWL ganz viel miteinander zu tun haben. Die Wirtschaft funktioniert nur, wenn die Politik stimmt. Das Studium gefällt mir bisher ganz gut. An der Uni mag ich, dass sie sehr international ist und internationale Semesterzeiten hat. Das macht es für internationale Studierende viel einfacher, da ich zur selben Zeit Ferien habe wie meine Geschwister. Außerdem gefällt mir, dass es keine Massenuni ist und ich in den Vorlesungen nicht auf dem Boden sitzen muss oder eine halbe Stunde früher da sein muss, um einen Platz zu bekommen. Und das Schloss natürlich – die Attraktion Mannheims.

Du sprichst sehr gut Deutsch. Wo hast du die Sprache gelernt?

Nach der vierten Klasse gab es ein Auswahl­verfahren der Deutschen Evangelischen Oberschule Kairo, das meine Eltern ganz interessant fanden. Von 500 Bewerber*innen wurden insgesamt 25 Schüler*innen angenommen. Ziel war, dass man in der 10. Klasse so gut Deutsch spricht wie ein Muttersprachler. In der 7. Klasse bin ich dann nach Abu Dhabi gezogen und habe dort die German International School besucht. Das war für mich sehr schwer, da ich auf einmal in eine Klasse nur mit deutschen Mitschüler*innen eingeteilt wurde. Ich hatte gerade zwei Jahre Deutsch gelernt und war ein bisschen überfordert, auch im Unterricht. Aber jetzt habe ich überhaupt keine Probleme mehr. Ich habe dort mein Deutsches Internationales Abitur gemacht und bin tatsächlich die erste Bildungs­inländerin aus der Deutschen Schule in Abu Dhabi, die jetzt in Mannheim studiert.

Gab es einen besonderen Grund, warum deine Eltern dich auf eine deutsche Schule geschickt haben?

Meine Mama ist in Deutschland geboren, aber ihre Eltern sind ursprünglich aus Ägypten. Sie ist dann mit 10 Jahren mit ihrer Mutter nach Ägypten gezogen, und mein Opa ist hiergeblieben und hat die deutsche Staats­bürgerschaft erhalten.  Ich habe keine genaue Erklärung dafür, warum meine Eltern wollten, dass ich eine deutsche Schule besuche. Aber es kann sein, dass meine Mutter es schade fand, dass sie das Deutsch etwas verlernt hat oder zumindest nicht mehr fließend beherrscht und mich deswegen dorthin geschickt hat. Da meine Geschwister dieselbe Schule besuchen, rede ich auch mit ihnen hauptsächlich auf Deutsch.

Nachdem du bereits zu Hause viel Kontakt zu Deutschen hattest – fiel es dir leicht, dich an Deutschland zu gewöhnen?

Es war ganz leicht mich einzuleben, ich habe mich direkt wohlgefühlt. Dass ich in Abu Dhabi nur deutsche Freund*innen hatte, hat sicher dazu beigetragen. Am Anfang war ich traurig, dass ich nach Abu Dhabi gezogen bin, aber jetzt bin ich sehr froh darüber. Ich kenne viele internationale Studierende, die auf der Deutschen Schule in Ägypten waren, aber nur arabische Mitschüler*innen hatten und bloß formelles Deutsch gelernt haben. Das macht schon einen Unterschied.

Was waren die größten Umstellungen für dich?

Die größte Umstellung für mich war definitiv das Wetter. In Abu Dhabi sind es manchmal 49 oder 50 Grad, da muss man sich schon an die Temperaturen hier gewöhnen. Dann die Menschen: Ich würde sagen, dass Deutschland nicht so international ist wie Abu Dhabi. Man läuft dort zwei Meter über die Straße und lernt vier Nationalitäten kennen. Und obwohl es ein arabisches Land ist, wird im Alltag hauptsächlich Englisch gesprochen. Dafür finde ich es cool, dass es innerhalb von Europa so einfach ist zu reisen. Man fährt zum Flughafen und fliegt mal eben nach Barcelona. Das ist in Abu Dhabi nicht so, auch wenn man z. B. in den Oman fahren kann oder nach Dubai. Allerdings vermisse ich den Lifestyle und das Luxusleben der Emirate. Außerdem fehlt mir der Strand und natürlich das Essen von Mama.

Was machst du neben dem Studium?

In Abu Dhabi habe ich sehr gerne Padel gespielt. Das ist eine spanische Sportart, eine Mischung aus Squash und Tennis. Leider gibt es das hier nur selten, die nächste Möglichkeit wäre in Karlsruhe. Ansonsten geh ich jeden zweiten Tag ins Gym und treffe mich gerne mit Freund*innen. Ich engagiere mich außerdem bei der Studierenden­initiative Infinity, im Ressort CSR, da mich das Thema Umwelt sehr interessiert. Im letzten Herbst habe ich ein zweimonatiges Praktikum bei der Environmental Agency of Abu Dhabi gemacht und die Jugendlichen beim World Ocean Summit repräsentiert, darauf bin ich sehr stolz. Daraufhin habe ich ein Konzept, ähnlich dem deutschen Pfand-System, entwickelt, da in Abu Dhabi sehr viel Plastik konsumiert wird. Mein Konzept wurde bereits vom Minister für Klimawandel und Umwelt in der Mall of the Emirates, der zweitgrößten Mall in Dubai, getestet. Ich war echt happy, als ich in der Zeitung gelesen habe, dass das Konzept, an dem ich gearbeitet habe, jetzt umgesetzt wird. Für die kommenden Semesterferien habe ich ein Praktikum beim Ministry of Planning, Monitoring and Administrative Reform in Ägypten geplant. Ich bin sehr gespannt, welchen Herausforderungen sich meine Heimat in diesem Bereich gegenüber sieht und hoffe, durch meine Erfahrungen etwas beitragen zu können.

Text: Elena Koch / November 2019