Der Grund, weshalb ich vor zwei Jahren aus den USA nach Frankfurt gezogen bin war mein Ehemann, er ist Deutscher. Bevor ich ihn kennen lernte, habe ich für die Marketing Abteilung der „Miss Universe“ Organisation in den Vereinigten Staaten gearbeitet. Studiert hatte ich davor den Bachelorstudiengang „Government and Politics“ an der Universität von Maryland. Als ich nach Deutschland kam fand ich, es sei Zeit mich neu zu orientieren, und habe dann das M.C.B.L. Programm der Universität Mannheim entdeckt. Weil ich mich schon immer für Jura interessiert habe, fand ich das Programm sehr passend und habe im September 2016 das Studium begonnen.
Ich war „Miss Maryland USA“ 2011, habe 2012 den Wettbewerb zur „Miss District Columbia“ gewonnen, und ich habe 2014 die Vereinigten Staaten bei „Miss Supranational“ in Polen repräsentiert. Ich würde sagen, dass mir diese Wettbewerbe interkulturelle Erfahrungen ermöglicht haben. Beim „Miss Supranational“ kamen die Teilnehmenden aus der ganzen Welt und ich musste mit ihren sehr unterschiedlichen Persönlichkeiten und Kulturen umgehen. Aber auch beim Wettbewerb zur „Miss USA“ hatten die Kandidatinnen unterschiedliche soziale Hintergründe, was nicht immer einfach war. Dadurch habe ich aber auch gelernt, mich auf Menschen einzulassen. Das war für das M.C.B.L. Programm mit seinen Studierenden von sechs Kontinenten sehr wichtig.
Die akademische Struktur in beiden Ländern ist sehr unterschiedlich. In den USA wird man als Student zu Beginn „fest an die Hand genommen“, wie ich es nenne. Das heißt, dass neue Studierende an ihrem ersten Tag häufig einen Mitarbeiter zugeteilt bekommen, der ihnen eine detaillierte Campustour und Unibeschreibung gibt und sie zu ihren Kursräumen bringt. In Deutschland ist das anders; hier wird von den Studierenden erwartet, dass sie erwachsen genug sind, um diese Dinge selbst herauszufinden. Dadurch, dass ich bei Studienbeginn schon etwas älter war, war die Umstellung etwas leichter für mich. Aber für die jüngeren amerikanischen Studierenden war das, glaube ich, etwas schwieriger. Mir ist außerdem aufgefallen, dass die Beziehung zwischen Professor*innen und Studierenden in Mannheim sehr entspannt war. Es lag vielleicht auch daran, dass ich hier im Master studiert habe, aber ich habe mich mit sehr viel Respekt behandelt gefühlt.
Was ich besonders mochte, war die Möglichkeit, Menschen ganz unterschiedlicher Herkunft kennen zu lernen. In den USA lebt man manchmal wie in einer Blase und hat nicht viel mit Leuten außerhalb der eigenen Kultur zu tun. In Mannheim habe ich zusammen mit Studierenden aus Afghanistan, der Dominikanischen Republik und China studiert, die alle verschiedene Kulturen und Lernweisen mitgebracht haben. Das war sehr bereichernd für mich und ich habe gute Freund*innen gefunden. In ein fremdes Land zu ziehen, bedeutet ganz neu anzufangen: Freund*innen finden und eine andere Sprache lernen. Das kann schwierig sein, wenn man, wie ich, fast 30 Jahre alt ist, aber das MCBL Programm hat mir dabei geholfen. Ich hatte eine tolle Zeit an der Universität Mannheim und finde es schade, dass ich meinen Master nun schon beendet habe.
Was meine Zukunft angeht, versuche ich, offen zu bleiben. Es kommt mir so vor, als gestalte sich die Jobsuche in Deutschland für die meisten Leute aus anderen Ländern aufgrund der Sprache eher schwierig. Ich hoffe, dass ich entweder im juristischen Bereich oder als Journalistin eine Arbeit finden kann, zum Beispiel als politische Korrespondentin mit juristischem Fokus. In Deutschland zu leben gefällt mir, aber ich werde meine Heimat natürlich immer vermissen. Deshalb kann mein Ehemann vielleicht irgendwann auch einmal versuchen, in den USA zu leben. Aber erstmal werden wir weiter unser Leben in Frankfurt genießen.
Text: Louisa Gille / September 2017