Eine Familie, eine Uni

1931 gründete Rudolf Fuchs ein Import- und Vertriebs­unternehmen für hochwertige Raffinerieprodukte und baute ein regionales Motorenölgeschäft im Herzen der Industriestadt Mannheim auf. Als er starb, übernahm sein Sohn Manfred mit gerade Mal 24 Jahren die Firma – nach seinem BWL-Studium an der Universität Mannheim, wo er später auch promovierte. Er machte aus FUCHS einen Weltkonzern für Schmierstoffe aller Art. Seit 15 Jahren nun leitet sein Sohn Stefan Fuchs, ebenfalls Mannheimer BWL-Alumnus, als Vorstandsvorsitzender die Geschicke des Familien­unternehmens.

FORUM: Ihr Großvater radelte damals teilweise noch persönlich mit der Ölkanne durch Mannheim zum Kunden. Heute ist die Fuchs Petrolub SE ein Weltkonzern und es fährt kaum ein Auto auf deutschen Straßen, das nicht irgendeinen Ihrer Schmierstoffe verwendet – dank Ihrem Großvater als Firmengründer und Ihrem Vater, der 40 Jahre lang das Unternehmen leitete. Was ist nun Ihre Rolle?

Stefan Fuchs: Wir sind als Unternehmen ein großes Team von weltweit über 5.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Ich mache unsere Firmengeschichte deshalb immer ungern an uns drei Füchsen fest, sondern eher an den vier Unternehmens­phasen Gründung, Internationalisierung, Konsolidierung und Wachstum. In letzterer Phase stecken wir gerade mittendrin. Wir haben ein Investitions­programm von insgesamt 700 Millionen Euro für die Jahre 2016 bis 2021 aufgelegt. Wir investieren beispielsweise in China, den USA, in Schweden, Russland und Deutschland. Neben Werkserweiterungen in Kaiserslautern vergrößern wir den Standort Mannheim um 25 Prozent. Hier ist unsere weltweite Konzernzentrale und unsere größte Tochter­gesellschaft „Fuchs Schmierstoffe“. Mannheim repräsentiert einfach sehr viel in unserer Firmen- und Familiengeschichte.

FORUM: Auch die Universität Mannheim ist Teil Ihrer Familiengeschichte. Sie und Ihr Vater haben in Mannheim BWL studiert. Ihre beiden Töchter nun auch. Woher kommt die enge Verbindung zur Uni über Generationen hinweg?

Stefan Fuchs: Die Universität bildet einfach top aus. Genau deshalb kommen Leute aus ganz Deutschland und dem Ausland nach Mannheim zum Studieren. Wir haben das Glück, dass wir in der Nähe wohnen. Und nicht nur alle Füchse haben in Mannheim studiert, wir rekrutieren auch sehr stark aus der Universität. Allein im Vorstand sind noch zwei weitere Mannheimer Alumni: Dr. Ralph Rheinboldt und Dr. Timo Reister. Letzterer war erst 36 Jahre jung, als er in den Vorstand aufgenommen wurde.

FORUM: Ihre Familie fördert großzügig Forschung und Lehre an der Universität Mannheim, Sie selbst engagieren sich als Mitglied im Universitäts­rat. Ihr Vater ist hinzu Mäzen vieler Kultur­einrichtungen in Mannheim, wie der Kunsthalle und dem Nationaltheater. Seit 20 Jahren gibt es den Fuchs Förderpreis für ehrenamtliches Engagement in Mannheim. Was treibt Sie an?

Stefan Fuchs: Wir sind sehr heimatverbunden. Wir fühlen uns in Mannheim wohl und finden es deshalb ganz natürlich, uns zu engagieren. In Deutschland ist die universitäre Bildung fast kostenlos. Da ist es selbstverständlich, auch etwas zurückzugeben, zumal mich meine Ausbildung sehr weit gebracht hat. Mein Vater hat sich aus Altersgründen aus seinen Ehrenämtern etwas zurückgezogen. Das hat nun meine Schwester übernommen, die auch in den Aufsichtsrat als seine Nachfolgerin gewählt wurde.

FORUM: Ihr Vater hat 2003 den Vorstandsvorsitz an Sie übergeben und sich vor zwei Jahren komplett aus dem Unternehmen zurückgezogen. Was macht er heute?

Stefan Fuchs: Er kommt mit seinen 80 Jahren immer noch jeden Tag ins Büro, hält sich aber aus dem Geschäft heraus – wie er es schon damals getan hat, als ich sein Nachfolger wurde. Er ist leidenschaft­licher Kunstsammler und malt auch selbst – der Großteil der Gemälde, die hier überall in den Fluren hängen, stammen von ihm. Die Wände reichen zuhause einfach nicht aus.

FORUM: Ihr Vater wollte damals die Firma gar nicht übernehmen. Er wäre lieber Künstler geworden. War das bei Ihnen ähnlich?

Stefan Fuchs: Ich hatte tatsächlich nicht vor, in die Firma einzusteigen und in die großen Fußstapfen meines Vaters zu treten. Ich hatte eine wunderschöne Kindheit, gleichzeitig habe ich meinen Vater aber auch immer sehr viel arbeiten sehen. Er war ein Vollblut­unternehmer und ich wollte lieber unabhängig bleiben. Dann habe ich drei Monate ein Praktikum in den USA bei uns im Vertrieb absolviert und dabei unser Geschäft lieben gelernt. Seitdem habe ich es keinen Tag bereut, mich für die Firma entschieden zu haben.

FORUM: Nicht nur Sie sind als Familie ans Unternehmen gebunden. Über Generationen hinweg arbeiten hier teilweise ganze Großfamilien. Wird auch bei Ihnen der Stab an die nächste Generation weitergereicht werden, sprich an Ihre Töchter?

Stefan Fuchs: Das muss man sehen. Wir haben als Familie kein Anrecht auf einen Vorstandsposten. Wir versuchen natürlich immer die Mitte zu finden, zwischen einer kapital­markt­getriebenen Aktien­gesellschaft und einem Familien­unternehmen. Wir halten weiterhin 55 Prozent der Stammaktien. Die Leute wissen es zu schätzen, dass eine Familie im Hintergrund steht, die Stabilität gibt, ohne dem Unternehmen seinen Stempel aufzudrücken. Aber man kann zu diesem Zeitpunkt noch nicht sagen, ob unsere Kinder auch ins Unternehmen kommen.

Interview: Nadine Diehl / April 2019