Das Mannheimer Barockschloss und der Ehrenhof unter blauem Himmel.

GBP-Umfrage: Deutsche Unter­nehmen skeptisch nach 100 Tagen Merz-Kanzlerschaft

Die aktuelle Umfrage des German Business Panel (GBP) an der Universität Mannheim zeigt: Unter­nehmen in Deutschland bewerten den wirtschafts­politischen Kurs der neuen Regierung nur mäßig positiv. Besonders bei der Körperschafts­steuerreform überwiegt die Skepsis – und der Handels­konflikt mit den USA belastet die Erwartungen. Nach dem jüngsten Zollabkommen sind die Konjunkturerwartungen leicht gestiegen und liegen nun bei 1,7 Prozent für die kommenden fünf Jahre.

Pressemitteilung vom 13. August 2025
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Wie geht es den Unter­nehmen in Deutschland nach den ersten 100 Tagen der neuen Regierung? Und wie beurteilen die Wirtschafts­entscheider*innen die vorgelegten wirtschafts- und steuerpolitischen Vorschläge? Die neuesten GBP-Daten zeigen, dass die erste Regierungs­phase stark von außen­politischen Spannungen im Zuge des Handels­konflikts mit den USA geprägt war und dass die Unter­nehmen mit dem Koalitions­vertrag insgesamt nur mäßig zufrieden sind: Die durchschnittliche Bewertung der wirtschafts­politischen Inhalte liegt auf einer Skala von 0 (sehr un­zufrieden) bis 10 (sehr zufrieden) bei 3,6. 

Skepsis trotz Zeitplan bei Körperschafts­steuerreform
Das verhaltene Ergebnis dürfte damit zusammenhängen, dass in der Wirtschaft Zweifel an der Umsetzung einiger bereits angekündigter Reformen bestehen. 39 Prozent der befragten Unter­nehmen halten es für unwahrscheinlich, dass die Körperschafts­teuer – wie im Koalitions­vertrag festgelegt – tatsächlich gesenkt wird. Die Senkung von 15 auf 10 Prozent bis 2032 war eines der zentralen Versprechen der Merz-Regierung.

„Die Unter­nehmen zweifeln nicht am Zeitplan an sich, sondern an der Realisierung unter den gegebenen Rahmenbedingungen – etwa bei der Gegenfinanzierung, rechtlichen Abstimmungen und der praktischen Umsetzung zwischen Bund und Ländern“, sagt GBP-Projektleiter Prof. Dr. Dirk Simons. Besonders kritisch äußern sich die Land- und Forstwirtschaft sowie das Gesundheits- und Sozialwesen. Die Branchen Verkehr, verarbeitendes Gewerbe und Baugewerbe fallen dagegen mit einer positiveren Bewertung auf.

Höchste Priorität: Entlastung bei der Einkommensteuer
Die höchste Priorität hat aus Sicht der Wirtschafts­entscheider*innen die Senkung der Einkommensteuer für kleine und mittlere Einkommen. Im Gegensatz zur Reform der Körperschafts­teuer ist diese Maßnahme im Koalitions­vertrag allerdings lediglich vage für die Mitte der Legislaturperiode angekündigt. „Durch die Senkung der Einkommensteuer erhoffen sich die Unter­nehmen, dass auch Einzel­unter­nehmen und Personen­gesellschaften entlastet werden, sowie dass die Binnen­nachfrage anzieht und sich damit die Auftragslage stabilisiert“, erklärt GBP-Projektleiter Prof. Dr. Davud Rostam-Afschar.

Auf den Plätzen zwei und drei der Wunschliste liegen die Senkung der Stromsteuer und die Digitalisierung der Finanz­verwaltung. „Wenn Vorgänge wie Steuer­erklärungen, Umsatzsteuervoranmeldungen oder Erstattungs­prozesse vollständig digital erfasst und automatisiert weiterverarbeitet werden, sparen Unter­nehmen Zeit und Verwaltungs­kosten“, so Rostam-Afschar.

Belastungen durch US-Handels­konflikt
Mit 71,2 Prozent sehen sich fast drei Viertel der Unter­nehmen direkt vom Handels­konflikt betroffen. Die Belastung äußert sich vor allem in Form von Unsicherheit: 61,5 Prozent der betroffenen Unter­nehmen fühlen sich durch eine unklare Nachfrage­entwicklung beeinträchtigt. „Solche Unsicherheiten schlagen sich erfahrungs­gemäß in konkreten Entscheidungen nieder – von Investitions­stopps über Preisaufschläge bis hin zum Verzicht auf Neueinstellungen“, sagt Simons. Ob das beschlossene EU‑Zollabkommen solche Reaktionen abmildert, wird sich in den kommenden Monaten zeigen.

Die GBP-Daten zeigen zudem, wie stark außen­politische Spannungen den wirtschaft­lichen Aufwärtstrend der ersten 100 Merz-Tage trübten: Direkt nach der Bundestagswahl hellte sich die Stimmung in der deutschen Wirtschaft spürbar auf. Der Handels­konflikt mit den USA führte zwischenzeitlich jedoch zu einem deutlichen Rückgang der Wachstumserwartungen. Mit dem jüngsten Zollabkommen sind die Konjunkturerwartungen wieder leicht gestiegen und liegen derzeit bei 0,6 Prozent für die nächsten zwölf Monate und bei 1,7 Prozent für die kommenden fünf Jahre.

Die GBP-Befragung zu 100 Tagen Merz-Regierung finden Sie hier: https://www.accounting-for-transparency.de/wp-content/uploads/2025/08/gbp_monitor_2025_08.pdf 
 

Weitere Informationen zum GBP-Monitor
Das German Business Panel befragt monatlich mehr als 800 Unter­nehmen und seit März 2024 mehr als 250 Wissenschaft­ler*innen zur Unter­nehmens­lage in Deutschland und erhebt dabei Daten zu 1) erwarteten Umsatz-, Gewinn- und Investitions­änderungen, 2) unter­nehmerischen Entscheidungen, 3) der erwarteten Schließungs­rate in der Branche und 4) der Zufriedenheit mit der Wirtschafspolitik. Zudem wird alle drei Monate zu besonders aktuellen Fragen berichtet. 

Hintergrund­informationen zum German Business Panel
Das German Business Panel ist ein langfristiges Befragungs­panel des DFG-geförderten überregionalen Projektes „Accounting for Trans­parency“ (www.accounting-for-trans­parency.de). Der Sonderforschungs­bereich (SFB) „TRR 266 Accounting for Trans­parency“ startete im Juli 2019. Im Mai 2023 beschloss die Deutsche Forschungs­gemeinschaft (DFG), den SFB um zunächst weitere vier Jahre zu verlängern. Er ist der erste SFB mit betriebs­wirtschaft­lichem Schwerpunkt. Am SFB sind über 100 Wissenschaft­ler*innen von neun Universitäten beteiligt: Universität Paderborn (Sprecherhochschule), Humboldt-Universität zu Berlin und Universität Mannheim, zudem Forschende von der Ludwig-Maximilians-Universität München sowie der Goethe-Universität Frankfurt am Main, der Frankfurt School of Finance & Management, der Universität zu Köln und der Leibniz Universität Hannover. Die Forschenden unter­suchen, wie Rechnungs­wesen und Besteuerung die Trans­parenz von Unter­nehmen beeinflussen und wie sich Regulierungen und Unter­nehmens­trans­parenz auf Wirtschaft und Gesellschaft auswirken. Das Fördervolumen des SFBs beträgt rund 18 Millionen Euro.

Kontakt:
Prof. Dr. Davud Rostam-Afschar
Junior­professor für Rechnungs­wesen
Universität Mannheim
Tel: +49 621 181-1645
E-Mail: rostam-afscharmail-uni-mannheim.de 

Prof. Dr. Dirk Simons
Lehr­stuhl für ABWL und Rechnungs­wesen
Universität Mannheim
Tel: +49 621 181-1663
E-Mail: dirk.simonsmail-uni-mannheim.de

Yvonne Kaul
Forschungs­kommunikation
Universität Mannheim
Tel: +49 621 181-1266
E-Mail: kaulmail-uni-mannheim.de