GBP-Monitor August: Mehr als die Hälfte der Unter­nehmen erhielt Corona-Hilfen, Krisen­unter­nehmen fordern jetzt weitere Staats­hilfe

Die Aus­wirkungen des Ukraine-Kriegs haben die Unter­nehmen in Deutschland weiterhin fest im Griff. Das zeigt der August-Bericht des German Business Panel (GBP) an der Universität Mannheim: Die Gewinnerwartungen der Unter­nehmen fallen im Juli auf einen neuen Tiefststand, auch die Investitionen werden weiterhin stark zurückgefahren. Forderungen nach neuen Hilfsmaßnahmen werden daher wieder lauter. Insbesondere die Corona-Krisenbranchen sind auf weitere staatliche Hilfen angewiesen. Lehren aus der Corona-Hilfe können bei der Ausgestaltung effektiver Maßnahmen unter­stützen.

Pressemitteilung vom 15. August 2022
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Seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs nehmen die betriebs­wirtschaft­lichen Kennzahlen der Unter­nehmen in Deutschland eine negative Entwicklung. Investitionen und Gewinne haben im Juli einen neuen Tiefststand erreicht. Während Unter­nehmen kurz vor Ausbruch des Ukraine-Kriegs noch mit steigenden Gewinnen (+3,4 Prozent) rechneten, erwarten sie im Juli einen deutlichen Gewinnrückgang (-9,8 Prozent) gegenüber dem Vorjahr. Einzig die Umsätze halten sich derzeit noch in der Wachstumszone. „Die große Differenz zwischen der Umsatz- und Gewinnveränderung zeigt, dass die betriebs­wirtschaft­liche Situation weiterhin durch einen starken Kostendruck belastet wird – hervorgerufen nicht zuletzt durch die steigenden Energiekosten“, so Davud Rostam-Afschar, akademischer Leiter des GBP.

Corona-Krisenbranchen weiterhin auf staatliche Unter­stützung angewiesen

Lauter werden damit auch die Rufe nach neuen staatlichen Unter­stützungs­maßnahmen. Ein erstes Hilfs­programm für energie-intensive Industrien wurde bereits eingeleitet. Doch können diese Maßnahmen wirklich helfen? Wie sieht ein wirksames Maßnahmenpaket aus? „Um die Ausgestaltung und Effektivität solcher und potenziell folgender Maßnahmen zu bewerten, eignet sich ein Rückblick auf die Hilfs­programme der Corona-Krise, von denen die Über­brückungs­hilfe zum 15. Juni ausgelaufen ist. Welche Maßnahmen wurden gut angenommen? Wie haben die einzelnen Branchen auf die Maßnahmen reagiert?“, erklärt Jannis Bischof, Inhaber des Lehr­stuhls für ABWL und Unter­nehmens­rechnung an der Universität Mannheim.

Im aktuellen GBP-Monitor haben die Forschenden eine solche Rückschau erstellt. Darin zeigt sich: Nicht für alle Unter­nehmen und Branchen waren die Corona-Hilfen ausreichend. Das gilt insbesondere für Unter­nehmen, die von Ladenschließungen im Zuge des Teil-Lockdowns im November und Dezember 2020 betroffen waren – wie das Gastgewerbe. Zwar erhielten 98 Prozent aller Unter­nehmen aus dieser Branche eine der Corona-Hilfen, jedoch bewerteten sie die Staats­hilfen auch über­durchschnittlich häufig als unzureichend. Auch aktuell besteht bei Unter­nehmen (44 Prozent) aus Corona-Krisenbranchen ein höherer und wieder steigender Bedarf an finanz­ieller Hilfe. „Offensichtlich reichen die eigenen Reserven nicht mehr, um die gestiegenen Energiepreise und den allgemeinen Kostendruck tragen zu können“, so Rostam-Afschar.

Unzureichende Hilfsmaßnahmen haben realwirtschaft­liche Aus­wirkungen

„Wenn staatliche Hilfs­programme nicht zielgenau ausgestaltet sind, hat das wiederum reale betriebs­wirtschaft­liche Konsequenzen“, erklärt Bischof. So planen, laut GBP-Monitor, Unter­nehmen, die die Notwendigkeit zusätzlicher Staats­hilfen bekunden, eher, Investitionen in Forschung und Entwicklung zu kürzen sowie Fixkosten zu reduzieren. Durch eine Drosselung von Investitionen und den Abbau von Arbeits­plätzen treffen Unter­nehmen somit vermehrt Entscheidungen zugunsten der unmittelbaren Liquiditätssicherung, aber zu Lasten ihrer Zukunft. „Dies sollte man unbedingt bei den Über­legungen zu möglichen weiteren Hilfs­programmen im Zuge des Russland-Ukraine-Kriegs bedenken“, so Bischof weiter.

Unter­nehmen, die weiterer Hilfen bedürfen, sind mit der Wirtschafts- und Corona-Politik zudem deutlich un­zufriedener als Unter­nehmen, die keine weitere Unter­stützung benötigen. Demgegenüber kann eine bedarfs­gerechte Gestaltung der Hilfs­programme sogar zu gesteigerter Zufriedenheit führen: Unter­nehmen, die Staats­hilfe erhalten haben und diese für ausreichend halten, bewerten die Wirtschafts- und Corona-Politik sogar positiver als solche, die gar keine Hilfe benötigt haben.

Den „GBP-Monitor: Unter­nehmens­trends im August 2022“ finden Sie hier.

Weitere Informationen zum GBP-Monitor
Das German Business Panel befragt monatlich mehr als 800 Unter­nehmen zur Unter­nehmens­lage in Deutschland und erhebt dabei Daten zu 1) erwarteten Umsatz-, Gewinn- und Investitions­änderungen, 2) unter­nehmerischen Entscheidungen, 3) der erwarteten Ausfallwahrscheinlichkeit in der Branche und 4) der Zufriedenheit mit der Wirtschafspolitik. Zudem wird jeden Monat zu besonders aktuellen Fragen berichtet. In diesem Monat haben wir den Unter­nehmen unter anderem die folgende Frage gestellt: Welche Belastungen erwarten Entscheidungs­träger der Unter­nehmen im Zuge des Russland-Ukraine-Kriegs? Erwarten Sie, dass die staatlichen Mittel oder Maßnahmen ausreichen, damit Ihr Unter­nehmen die Corona-Krise übersteht? Wie zufrieden sind Sie mit der Wirtschafts­politik in Deutschland?

Hintergrund­informationen zum German Business Panel
Das German Business Panel ist ein langfristiges Befragungs­panel des DFG-geförderten überregionalen Projektes „Accounting for Trans­parency“ (www.accounting-for-trans­parency.de).

Der Sonderforschungs­bereich (SFB) „TRR 266 Accounting for Trans­parency“ startete im Juli 2019 und wird von der Deutschen Forschungs­gemeinschaft (DFG) für zunächst vier Jahre gefördert. Er ist der erste SFB mit betriebs­wirtschaft­lichem Schwerpunkt. Am SFB sind rund 100 Wissenschaft­lerinnen und Wissenschaft­ler von neun Universitäten beteiligt: Universität Paderborn (Sprecherhochschule), Humboldt-Universität zu Berlin und Universität Mannheim, zudem Forscherinnen und Forscher von der Ludwig-Maximilians-Universität München sowie der ESMT Berlin, Frankfurt School of Finance & Management, Goethe-Universität Frankfurt am Main, WHU – Otto Beisheim School of Management, und Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. Die Forscherinnen und Forscher unter­suchen, wie Rechnungs­wesen und Besteuerung die Trans­parenz von Unter­nehmen beeinflussen und wie sich Regulierungen und Unter­nehmens­trans­parenz auf Wirtschaft und Gesellschaft auswirken. Das Fördervolumen des SFBs beträgt rund 12 Millionen Euro.

Kontakt:
Prof. Dr. Jannis Bischof
Lehr­stuhl für ABWL und Unter­nehmens­rechnung
Universität Mannheim
Tel: +49 621 181-1630
E-Mail: jbischofmail-uni-mannheim.de

Katja Bauer
Stv. Pressesprecherin
Universität Mannheim
E-Mail: katja.bauermail-uni-mannheim.de