Das Mannheimer Barockschloss und der Ehrenhof unter blauem Himmel.

Rüstung ohne Rendite: Warum der wirtschaft­liche Effekt ausbleibt

Die geplante massive Erhöhung der deutschen Militärausgaben könnte deutlich weniger zur wirtschaft­lichen Entwicklung beitragen als vielfach behauptet. Das zeigt eine neue Studie der Wirtschafts­wissenschaft­ler Prof. Dr. Tom Krebs und Dr. Patrick Kaczmarczyk von der Universität Mannheim.

Pressemitteilung vom 30. Juni 2025
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Die Bundes­regierung plant, die Verteidigungs­ausgaben in den kommenden Jahren deutlich zu erhöhen. Bis zu fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts sollen in den Ausbau des Militärs investiert werden. Neben sicherheits­politischen Zielen verbindet die Politik damit auch wirtschaft­liche Erwartungen: Sie erhofft sich einen Modernisierungs­schub für die Industrie und neue Impulse für das wirtschaft­liche Wachstum.

Die Studie von Prof. Dr. Tom Krebs und Dr. Patrick Kaczmarczyk vom Lehr­stuhl für Makroökonomik und Wirtschafts­politik an der Universität Mannheim kommt jedoch zu einem ernüchternden Ergebnis: Der sogenannte Fiskalmultiplikator, der misst, wie stark zusätzliche Staats­ausgaben das Bruttoinlandsprodukt erhöhen, liegt bei Militärausgaben in Deutschland bei maximal 0,5. Das bedeutet: Ein ausgegebener Euro führt im besten Fall zu 50 Cent zusätzlicher wirtschaft­licher Aktivität. Deutlich höhere Multiplikatoren erreichen hingegen öffentliche Investitionen in Bildung, Infrastruktur oder Kinderbetreuung, die laut der Studie das Zwei- bis Dreifache an zusätzlicher Wertschöpfung erzeugen. „Aus ökonomischer Sicht“, so schlussfolgert Prof. Dr. Tom Krebs, „ist die geplante Militarisierung der deutschen Wirtschaft eine risikoreiche Wette mit niedriger gesamtwirtschaft­licher Rendite.“ 

Die Autoren führen die schwache Wirkung unter anderem auf strukturelle Besonderheiten der deutschen Rüstungs­industrie zurück: Diese ist bereits stark ausgelastet und von geringem Wettbewerb geprägt. Neue staatliche Aufträge würden daher eher zu Preissteigerungen als zu einer Ausweitung der Produktion führen. Zudem haben große börsennotierte Rüstungs­unter­nehmen in den vergangenen Jahren bereits massiv von politischen Ankündigungen und Sonderbudgets profitiert. 

Rüstung verdrängt Reformen
Darüber hinaus warnen Krebs und Kaczmarczyk vor langfristigen Verdrängungs­effekten: Der Ausbau der Rüstungs­produktion bindet sowohl finanz­ielle als auch personelle Ressourcen, die für andere gesellschaft­lich relevante Aufgaben fehlen könnten – etwa für Investitionen in Klimaschutz, den Bildungs­bereich oder den Erhalt der öffentlichen Infrastruktur. Trotz Reformen an der Schuldenbremse bleibe der finanz­ielle Spielraum des Staates begrenzt. Ein gleich­zeitiger Ausbau aller zentralen Politikfelder sei daher kaum realistisch, so die Autoren der Studie. „Wie lange ein Freifahrtschein für Militärausgaben bei Kürzungen anderer Ausgaben im Bundes­haushalt politisch haltbar sein wird, ist eine offene Frage“, warnt Dr. Patrick Kaczmarczyk. 

Ausblick: Mehr Kontrolle wagen 
Auch wenn der direkte wirtschaft­liche Effekt von Investitionen in das Militär gering ist, könnten langfristig positive Effekte entstehen, so die Ökonomen, zum Beispiel wenn militärische Forschung technologische Entwicklungen in der zivilen Wirtschaft anstoßen. Dafür sei die Studien­lage in Deutschland allerdings schwach. Ebenso lassen sich bei Investitionen in die Energiewende oder den Ausbau digitaler Infrastrukturen positive Innovations­impulse empirisch gut belegen, während dies bei militärischen Investitionen bislang nicht der Fall sei. Deshalb plädieren Krebs und Kaczmarczyk für eine grundlegende Reform des Vergaberechts im Rüstungs­bereich. Sollte eine solche Reform politisch nicht durchsetzbar sein, schlagen sie als Alternative eine direkte staatliche Beteiligung an zentralen Rüstungs­unter­nehmen vor. Auf diese Weise könnten öffentliche Mittel gezielter eingesetzt und eine bessere Kontrolle über die Mittelverwendung erreicht werden. Andernfalls bestehe die Gefahr, dass steigende Verteidigungs­ausgaben weniger der Wehr­fähigkeit zugutekommen, dafür umso mehr den Gewinnmargen und Dividenden der Rüstungs­konzerne.

Die Studie
Krebs, T., Kaczmarczyk, P. (2025). Wirtschaft­liche Aus­wirkungen von Militärausgaben in Deutschland. Universität Mannheim.

Link zur Studie: https://www.vwl.uni-mannheim.de/media/Lehrstuehle/vwl/Krebs/wirt._Auswirk._Militaerausgaben.pdf/flipbook 

Kontakt:
Prof. Dr. Tom Krebs
Lehr­stuhl für Makroökonomik und Wirtschafts­politik
Universität Mannheim
E-Mail: tkrebsmail-uni-mannheim.de

Dr. Patrick Kaczmarczyk
Lehr­stuhl für Makroökonomik und Wirtschafts­politik
Universität Mannheim
E-Mail: patrick.kaczmarczykmail-uni-mannheim.de 

Fabio Kratzmaier
Forschungs­kommunikation
Universität Mannheim
Tel: +49 621 181-3268
E-Mail: fabio.kratzmaiermail-uni-mannheim.de