Extreme Wetterereignisse im Sommer 2025: Europa drohen längerfristig 126 Milliarden Euro Verlust
Hitzewellen, Dürren und Überschwemmungen haben im Sommer 2025 rund ein Viertel der EU-Regionen betroffen. Eine neue erweiterte Studie von Dr. Sehrish Usman von der Universität Mannheim und Ökonom*innen der Europäischen Zentralbank zeigt: Die wirtschaftlichen Folgen sind erheblich – mit geschätzten Verlusten von 43 Milliarden Euro allein im Jahr 2025 und insgesamt 126 Milliarden Euro bis 2029.
Pressemitteilung vom 15. September 2025
Druckversion (PDF)
Extreme Wetterereignisse nicht nur das tägliche Leben – sie hinterlassen auch tiefe wirtschaftliche Spuren. Eine neue Studie zeigt erstmals anhand von aktuellen Wetterdaten und historischen Vergleichswerten, wie stark einzelne Regionen in der Europäischen Union bereits heute von den Folgen des Klimawandels betroffen sind. Usman, Post-Doktorandin am Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Corporate Governance der Universität Mannheim, war maßgeblich an der Studie beteiligt.
Ziel der Studie „Dry-roasted NUTS: early estimates of the regional impact of 2025 extreme weather” war es, die gesamtwirtschaftlichen Verluste durch Hitze, Trockenheit und Überschwemmungen möglichst zeitnah zu beziffern – ein wichtiges Werkzeug für politische Entscheidungsträger*innen. Heute präsentieren Dr. Sehrish Usman und ihre Co-Autoren die Ergebnisse der Studie Mitgliedern des Europäischen Parlaments, Vertreter*innen der EU-Kommission sowie führenden Klimaforschenden in Brüssel. Dabei zeigen sie, wie stark Wetterextreme nicht nur direkt, sondern auch über längere Zeiträume hinweg Volkswirtschaften beeinträchtigen können. „Die tatsächlichen Kosten extremer Wetterereignisse werden erst nach und nach sichtbar, da diese Ereignisse das Leben und den Lebensunterhalt der Menschen über eine Vielzahl von Kanälen beeinflussen, die über die unmittelbaren Auswirkungen hinausgehen. Offizielle Schätzungen der Auswirkungen erfolgen oft mit Verzögerung. Unser Rahmenkonzept nutzt aktuelle Wetterdaten und neu veröffentlichte Erkenntnisse zu regionalen Auswirkungen aus unserer früheren Studie, um zeitnahe Schätzungen darüber zu liefern, wie sich die Extremereignisse im Sommer 2025 auf die Wirtschaftstätigkeit ausgewirkt haben“, so Usman.
Südeuropa besonders betroffen
Die Studie basiert auf Wetterdaten für den Zeitraum Juni bis August 2025. Anhand dieser Daten wurden 1160 europäische Regionen („NUTS3“, vergleichbar mit Landkreisen in Deutschland) untersucht. Besonders stark betroffen waren Regionen in Südeuropa, etwa in Spanien, Italien, Portugal, Griechenland und Südfrankreich. Nördliche Länder, wie Dänemark, Schweden und Deutschland weisen relativ geringere Schäden auf, aber die Häufigkeit und das Ausmaß extremer Wetterereignisse, insbesondere Überschwemmungen, nehmen in diesen Regionen zu. Kleinere Volkswirtschaften wie Bulgarien, Malta und Zypern sind besonders anfällig und erleiden im Verhältnis zur Bruttowertschöpfung große Verluste.
Insgesamt waren 96 Regionen von Hitzewellen, 195 von Dürre und 53 von Überschwemmungen betroffen. Alle drei Ereignisarten beeinträchtigen die wirtschaftliche Aktivität auf unterschiedliche Weise: Hitze führt zu Produktivitätsverlusten, etwa im Bau- und Gastgewerbe, während Dürren vor allem die Landwirtschaft treffen. Überschwemmungen verursachen direkte Schäden an Infrastruktur und Gebäuden – aber auch mittelbare Verluste, etwa durch unterbrochene Lieferketten.
Diese wirtschaftlichen Verluste sind deutlich messbar: In Italien lagen beispielsweise die geschätzten Einbußen bei 11,9 Milliarden Euro für 2025 und werden bis 2029 bei 34,2 Milliarden Euro liegen. Das entspricht 0,6 bzw. 1,75 Prozent der italienischen Wirtschaftsleistung des Jahres 2024. In Frankreich beliefen sich die Schäden auf 10,1 Milliarden Euro (2025) und werden auf 33,9 Milliarden Euro im Jahr 2029 geschätzt.
Warum die tatsächlichen Schäden noch höher liegen könnten
Die Forschenden betonen, dass ihre Berechnungen eher konservativ sind: Waldbrände, Hagel oder Sturmereignisse wurden in der Analyse nicht berücksichtigt. Auch sogenannte „Verbundereignisse“, also das gleichzeitige Auftreten von Hitzewellen und Dürren, wurden einzeln bewertet – obwohl sie gemeinsam oft schwerere Schäden verursachen.
Klimaanpassung kostet – aber Nichtstun kostet mehr
Die Studie macht deutlich: Extreme Wetterereignisse sind keine weit entfernte Bedrohung mehr – sie beeinflussen bereits heute die wirtschaftliche Entwicklung in Europa. „Durch zeitnahe Abschätzungen der Auswirkungen können politische Entscheidungsträger ihre Unterstützung gezielt einsetzen und Strategien anpassen, während sich die Folgen extremer Ereignisse noch entfalten“, betont Usman. Die Forschenden plädieren daher für eine verstärkte Investition in Klimaanpassungen, wie etwa Hitzeschutz in Städten oder verbesserte Wasserbewirtschaftung.
Gleichzeitig weisen sie darauf hin, dass Anpassungsmaßnahmen selbst hohe Kosten verursachen und nicht immer die produktivste Verwendung öffentlicher Mittel darstellen. Es brauche daher genauere wirtschaftliche Analysen, um politische Maßnahmen effektiv und sozial gerecht zu gestalten.
Die Studie
Usman, S., Parker, M. & Vallat, M. (2025). Dry-roasted NUTS: early estimates of the regional impact of 2025 extreme weather. European Economic Review.
Link zur Studie: https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=5484206
Kontakt:
Dr. Sehrish Usman
Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Corporate Governance
Universität Mannheim
E-Mail: sehrish.usman uni-mannheim.de
Fabio Kratzmaier
Forschungskommunikation
Universität Mannheim
Tel: +49 621 181-3268
E-Mail: fabio.kratzmaier uni-mannheim.de