Prof. Dr. Christian Neuhäuser: „Selbstachtung, Positions­güter und Status­gerechtigkeit“

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Prof. Dr. Christian Neuhäuser

EW 151

Gastvortrag des Philosophischen Seminars

Prof. Dr. Christian Neuhäuser (TU Dortmund) :
„Selbstachtung, Positions­güter und Status­gerechtigkeit“

Bei der Frage, was eine gerechte Verteilung von Grundgütern ist, konkurrieren vor allem zwei Theorieansätze miteinander. Auf der einen stehen egalitaristische Theorien, die eine Gleichverteilung dieser Güter fordern, es sei denn gut normative Gründe, die für eine Abweichung davon sprechen. Auf der anderen Seite stehen Suffizienztheorien, die argumentieren, dass Menschen nur einen Gerechtigkeits­anspruch auf Grundgüter haben, wie sie für ihre Wohlfahrt oder ihr würdevolles Leben notwendig sind. Jenseits davon ist ihre Verteilung keine Frage der Gerechtigkeit mehr und kann anderen Verteilungs­kriterien, beispielsweise dem freien Spiel der Markt­kräfte überlassen bleiben.

In dem Vortrag werde ich dafür argumentieren, dass der Unterschied zwischen den beiden Theorieansätzen nicht so groß ist, wie es auf den ersten Blick erscheinen mag. Die Argumentation vollzieht sich in drei Schritten. In einem ersten Schritt werde ich im Anschluss an Rawls dafür argumentieren, dass die soziale Grundlage für Selbstachtung ein wichtiges Grundgut darstellt. Dann werde ich in einem zweiten Schritt argumentieren, dass diese soziale Grundlage auch in sogenannten Positions­gütern besteht. Das sind im Falle von Selbstachtung vor allem Geld, Bildung und soziale Positionen. Der Wert dieser Güter hängt auch davon ab, wie viel andere Gesellschafts­mitglieder davon haben. Auf dieser Grundlage lässt sich in einem dritten Schritt argumentieren, dass diese Güter nicht zu ungleich verteilt sein dürfen, wenn es nicht zu Statushierarchien kommen soll, die die Selbstachtung einiger Gesellschafts­mitglieder unterläuft.

Die gerechtigkeits­theoretische Bedeutung einer Betrachtung dieser Positions­güter besteht also darin, so werde ich darlegen, dass sie Suffizienztheorien stark in die Nähe von egalitaristischen Theorien rückt. Auf der Begründungs­ebene mag es einen Unterschied zwischen den Theorien geben, nicht jedoch nicht auf der Ebene einer normativ geforderten gesellschaft­lichen Grundstruktur. Dies entzieht kapitalistischen Wirtschafts­ordnungen einer ihrer zentralen Rechtfertigungs­grundlagen.

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