ERC-Grant für Jochen Gebauer

Rund 2 Millionen Euro an Forschungs­geldern erhält der Mannheimer Psychologe Prof. Dr. Jochen Gebauer in Form eines Consolidator Grants des Europäischen Forschungs­rates (ERC). Im Zentrum seiner Forschung steht folgende Frage: Warum bewerten Menschen sich selbst und andere primär anhand der zwei Eigenschafts­dimensionen Durchsetzungs­fähigkeit und Gutmütigkeit? Anders gesagt, welchen evolutionären Vorteil haben Menschen davon, sich und andere vorrangig anhand dieser so genannten „Big Two“ zu bewerten?

Um uns selbst und andere Menschen einzuschätzen, verwenden wir in der Regel zwei Eigenschafts­dimensionen, die in der Psychologie als Agency (im Deutschen oft: „Durchsetzungs­fähigkeit“) und Communion (im Deutschen oft: „Gutmütigkeit“) bekannt sind. In der Psychologie sind Agency und Communion so bedeutsam, dass sie oftmals nur als die „Big Two“ bezeichnet werden. „Es kann kein Zufall sein, dass uns Menschen die „Big Two“ so unglaublich wichtig sind, wenn wir über uns selbst und über andere Menschen nachdenken. Wir müssen einen evolutionären Vorteil davon haben, primär auf genau diese beiden Eigenschafts­dimensionen zu achten“, erklärt der Mannheimer Psychologe Jochen Gebauer. Doch was ist dieser Vorteil? „Was auch immer er ist, von einem ist auszugehen: Der evolutionäre Vorteil muss gewichtig sein, sonst wären Agency und Communion im menschlichen Denken schlichtweg nicht so zentral“, so Gebauer. 

Damit er diesen Fragen künftig intensiv nachgehen kann, hat der Europäische Forschungs­rat ihn nun mit einem seiner hoch kompetitiven und prestigeträchtigen Consolidator Grants ausgestattet. Gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen der Universitäten Kopenhagen (Dänemark) und Exeter (Großbritannien) möchte Gebauer in den kommenden fünf Jahren eine neue Theorie zu den „Big Two“ entwickeln und testen. Das interdisziplinäre Team plant dafür unter anderem eigens entwickelte Laborexperimente, umfangreiche Langzeitbefragungen und die Zusammenführung und Auswertung riesiger Datenmengen aus offiziellen Statistiken und anderen Quellen. 

Der Rektor der Universität Mannheim, Professor Thomas Puhl, gratulierte Jochen Gebauer zur Bewilligung seines Forschungs­antrags: „Wir freuen uns sehr über die ERC-Förderung für einen weiteren Wissenschaft­ler unserer Universität. Der Preis bestätigt den hervorragenden Ruf, den die Universität Mannheim auf dem Gebiet der Sozial­wissenschaften international genießt.“

Text: Nikolaus Hollermeier / Oktober 2022

Jochen Gebauer, geboren 1981 in Heilbronn, studierte Psychologie an der Universität Tübingen. Er promovierte 2008 an der Cardiff University (UK). Nach Stationen unter anderem an der University of Southampton (UK) und der Universität Potsdam habilitierte er 2014 an der Humboldt-Universität zu Berlin und ist seit 2017 Heisenberg-Professor für Kulturvergleichende Sozial- und Persönlichkeits­psychologie der Universität Mannheim am Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung (MZES).