„Unter meinen Kommiliton*innen herrscht ein toller Zusammenhalt“

Maya Moritz ist 23 Jahre alt und hat den Großteil ihrer Kindheit in New Jersey verbracht. An der Universität Mannheim absolviert sie ihr Master­studium in VWL und ist derzeit im zweiten Semester. In ihrer myUniMA story erzählt sie uns, warum sie sich für ein Studium in Deutschland entschieden hat, und berichtet von ihren bisherigen Erfahrungen sowie ihren Zukunftsplänen.

Wo hast du studiert bevor du nach Mannheim gekommen bist?

Ich bin in den USA aufgewachsen, habe aber nicht dort studiert. Mit 18 Jahren bin ich nach Schottland gezogen, um in St. Andrews meinen Bachelor zu machen. Insgesamt dauerte das Studium vier Jahre, aber im dritten Jahr habe ich ein Auslands­jahr in Toronto, Kanada, gemacht.

Warum hast du dich für ein Master­studium in Deutschland entschieden?

Ich würde gerne Wirtschafts­forschung betreiben. Aber da ich mir unsicher bin, ob ich schon bereit für eine Promotion bin, möchte ich erst einen Master machen. Ein Master­studium ist hier viel üblicher als in den USA. Das ist auch einer der Gründe, warum ich meinen Master in Deutschland machen wollte. Hier gibt es fantastische Universitäten mit einem sehr guten Ruf in Mathematik. Aber ich habe mich insbesondere für Deutschland entschieden, weil ich während meines Auslands­jahrs in Kanada einen deutschen Studenten kennengelernt habe. Wir waren während der gesamten Zeit in Kanada ein Paar und haben während meines letzten Jahres an der Uni eine Fernbeziehung geführt, bis ich hierhergezogen bin. Jetzt sind wir schon zweieinhalb Jahre zusammen. Er promoviert in Heidelberg und hat mir geholfen, Universitäten in Deutschland herauszusuchen und mich zu bewerben. Die Universität Mannheim war die beste Universität, an der ich mich beworben habe. Ich habe gar nicht damit gerechnet, zugelassen zu werden und war deshalb umso glücklicher, als ich angenommen wurde.

Wie gefällt dir Deutschland bisher?

Ich liebe Deutschland. Die Zeit in Mannheim war bisher wirklich toll und Deutschland ist insgesamt fantastisch, weshalb ich gerne eine Zeit lang hier leben würde. Ich liebe auch die Menschen – alle sind so nett. Jeder spricht Englisch und hat dafür Verständnis, wenn es mir schwerfällt, etwas auf Deutsch auszudrücken. Ich mache gerade einen Kurs für Anfänger*innen, der mir sehr viel Spaß macht. Außerdem hat man viele Möglichkeiten, z. kB. was Werkstudentenstellen betrifft. In den USA oder in Schottland sind viele Jobs für Studierende entweder im Forschungs­bereich und unbezahlt oder bieten keinen Mehrwert fürs Studium. Hier kann man sowohl etwas Sinnvolles tun als auch Geld verdienen: Ich arbeite für GESIS, betreibe dort Hintergrund-Recherche und überarbeite Aufsätze – und werde besser bezahlt als in den USA. Das ist super.

Und die Universität Mannheim?

Das erste Semester war sehr schwer! Ich musste mich erst an die Umstellung gewöhnen, viel Papierkram erledigen, Deutschkurse besuchen, den Kontakt zu meiner Familie pflegen und meine Kurse bestehen.  Aber meine Kommiliton*innen, zu einem Drittel Internationals, sind einfach wunderbar. Alle unterstützen einander, es gibt kein Wettbewerbsdenken. Wir sitzen schließlich alle im selben Boot. Als Master­student zweifelt man oft an seinen Fähigkeiten, aber wenn man die Prüfungen besteht, ist das ein richtiges Erfolgserlebnis. In diesem Semester konnte ich mein Wissen endlich anwenden und die Kurse sind sehr spannend. Außerdem sind die Dozierenden sehr beeindruckend. Nächstes Semester habe ich die Möglichkeit, im Ausland zu studieren und werde wahrscheinlich nach Boston gehen. Ich freue mich schon sehr darauf, und hoffe, die Corona-Krise ändert nichts an meinem Vorhaben.

Apropos Corona: Wie beeinflusst die Krise dein Studium?

Ich habe zwei Seminare belegt, die weitestgehend nicht davon betroffen sind. Eines ist jetzt ein E-Mail-Seminar, ein anderer Kurs findet über Zoom statt. Sogar Gratis-Deutschkurse werden online angeboten. Es ist toll, diese Möglichkeit zu haben.

Was machst du neben dem Studium gerne in deiner Freizeit?

Bis auf Model United Nations habe ich leider kaum englischsprachige Initiativen an der Universität gefunden. Ich würde mich gerne einer Zeitung anschließen, da ich während meines Bachelors als Redakteurin tätig war, aber ich habe kein englischsprachiges Magazin für Studierende finden können. Ich könnte vielleicht ein Eigenes herausbringen. Ansonsten bouldere ich. Bouldern ist mittlerweile ein beliebter Sport und macht wirklich Spaß. Ich schreibe außerdem weiterhin, da ich schon im Bachelor gerne Texte verfasst habe. Und ich reise gerne. Das war auch einer der Gründe, warum ich mich für Deutschland entschieden habe: Reisen ist so einfach! An meinem Geburtstag bin ich für nur 30 Euro nach Paris gefahren.

Hattest du Schwierigkeiten mit kulturellen Unterschieden oder damit, dich einzugewöhnen?

Kulturelle Unterschiede machen sich nur schleichend bemerkbar und fallen eigentlich erst auf, wenn man schon eine Weile hier ist. Es sind die kleinen Dinge: Sprachnachrichten in Whatsapp senden zum Beispiel. Das macht man sonst nirgendwo. Ich führe ganze Konversationen, in denen ich bloß schreibe und andere mir Sprachnachrichten senden.

Es hat auf jeden Fall geholfen, dass ich schon drei Mal hier war, bevor ich hergezogen bin. Für andere Studierende, die ihr Heimatland nie zuvor verlassen oder nie im Ausland gelebt haben, war es eine enorme Umstellung. Außerdem waren die Menschen hier sehr hilfsbereit. Die Verwaltung ist spitze: Man erhält Antworten auf E-Mails, das ist mehr, als man in anderen Ländern erwarten kann.

Gibt es einen Ratschlag, den du anderen internationalen Studierenden oder Interessierten an dem Master in VWL gerne geben würdest?

Seid darauf gefasst, dass es schwer wird. Ich wurde gewarnt, aber dasselbe ist meinen Freunden in den USA und Großbritannien passiert. Ein Master­studium ist überall ein gewaltiger Schritt. Es ist wichtig, Prioritäten zu setzen: Man sollte nicht auf regelmäßigen Kontakt zu seiner Familie verzichten, nur weil man meint, alle Kurse belegen und die besten Noten erzielen zu müssen. Und man sollte nicht das Gefühl haben, zu versagen, weil man parallel zum Studium nicht auch noch die deutsche Sprache meistert. Es ist wichtig, sich nicht zu viel Druck zu machen. Sucht außerdem den Kontakt zu anderen Internationals. Alle sind so nett und offen, jeder ist auf der Suche nach Freund*innen. Auch wenn man bloß in der Bib nebeneinandersitzt und gemeinsam lernt: das ist Freundschaft im Master­studium. Man muss kein Bier zusammen trinken, um eine Beziehung zueinander aufzubauen.

Was sind deine Pläne nach dem Studium?

Ich habe bisher einige Praktika in Nonprofit- und politischen Organisationen absolviert. Diese Arbeit würde ich gerne fortsetzen. Mein Wunsch ist es, für eine Tierschutz­organisation wie WFF zu arbeiten. Ich möchte meine Zeit und meine hier erworbenen Fähigkeiten sinnvoll nutzen und mich für den Artenschutz engagieren, auch auf wirtschaft­licher Ebene, um beispielsweise den Tierschmuggel zu kontrollieren. Letztendlich ist die Arbeit im Nonprofit-Bereich und insbesondere der Tierschutz mein Ziel. Ich bin mir aber noch nicht sicher, ob ich in Deutschland bleiben werde oder nicht. Ich wäre gerne bei meiner Familie in den USA, gleichzeitig möchte ich gerne reisen und eine Weile im Ausland leben solange ich noch jung bin.

Text: Elena Koch / April 2020