Ich bin in Nizza geboren. Als ich sechs war, sind wir nach Grasse umgezogen und ich bin dort zur Schule gegangen. 2012 habe ich mein Abi gemacht. Danach bin ich – was typisch französisch ist – auf eine weiterführende Schule gegangen. Nach den zwei Jahren habe ich dann an der Uni in Lyon meinen Bachelor und Master in Germanistik gemacht. Das hat mir sehr geholfen, die deutsche Sprache zu lernen und zu verbessern. Danach kam allerdings die Frage auf, wie es weitergehen soll. Ich wollte weder in die Forschung gehen noch als Dolmetscherin oder Lehrerin arbeiten.
Eine Freundin von mir hat auch einen Zivildienst absolviert. Da habe ich gedacht: Oh, das könnte ich auch machen. Ich habe gesehen, dass man das auch im Ausland machen kann. Das war für mich die Gelegenheit, nach Deutschland zu gehen und das deutsche Leben kennenzulernen. Ich habe mein Freiwilliges Ökologisches Jahr im Regierungspräsidium Karlsruhe in der Abteilung Naturschutz und Landschaftspflege absolviert. Dort gab es das Ökomobil, ein in einen Klassenraum umgebauter LKW, mit dem wir unterwegs waren. Ziel war es, mit Schulklassen die Natur vor Ort zu entdecken und kennenzulernen. In der Zeit habe ich so viel über Ökologie, die deutsche Sprache und Kultur gelernt. Ich glaube, das war eines der besten Jahre meines Lebens!
Nach dem FÖJ habe ich mich entschieden, in Deutschland zu bleiben, da ich hier meinen Mann kennengelernt habe. Zwei, drei Jahre habe ich dann versucht, als selbständige Lehrerin zu arbeiten. Das wollte ich aber nicht dauerhaft machen. Also habe ich mir Gedanken gemacht, was ich machen will. Als ich jünger war, hatte ich den Wunsch, im Bereich Psychologie zu arbeiten. Mein Vater hat sehr lange in der Psychiatrie gearbeitet. Er hat immer wieder ein bisschen davon erzählt und ich fand das sehr spannend. Daraufhin habe ich mich an der Uni Mannheim und in Heidelberg für Psychologie beworben. Ich hatte ein besseres Gefühl bei Mannheim und als ich angenommen wurde, habe ich direkt zugesagt.
Was mir besonders an der Uni gefällt, ist die Organisation. Alle Leute, mit denen ich bisher geredet habe, wenn ich ein Problem hatte, waren immer sehr freundlich, haben schnell geantwortet oder mich gleich weitergeleitet. Und auch mit den ganzen Onlineveranstaltungen und -kursen in der Pandemiezeit hat alles richtig gut geklappt. Mir gefallen auch die Veranstaltungen und Kurse. Nur mit der Sprache ist es nicht immer so einfach. Ich kann zwar gut Deutsch und habe mein C2 schon längst abgeschlossen, aber ich merke trotzdem, dass die Sprache manchmal eine Hürde ist.
Ich vermisse vor allem meine Familie, meine beste Freundin und das italienische Essen meiner Mutter und meiner italienischen Familie. Italienisches Essen ist für mich der Geschmack meiner Kindheit. Sonst fehlt mir nicht viel. Ich könnte auch in einem anderen Land als Deutschland leben. Für mich sind es eher die Leute, also mein Mann und unsere Familien, die meine Heimat bilden.
Meistens stehe ich zwischen sechs und acht Uhr auf. Wenn ich nicht im Akademischen Auslandsamt der Uni Mannheim arbeite, lerne ich vormittags, weil ich mich da besser konzentrieren kann. Am Nachmittag sitze ich an meiner Bachelorarbeit. In meiner Freizeit treffe ich mich gerne mit Freunden, gehe mit ihnen essen oder einen Kaffee trinken. Außerdem koche ich gerne. Ich mag gutes Essen und teile es sehr gerne mit anderen. Am Wochenende verbringe ich Zeit mit meinem Mann.
Man sollte nicht zögern zu fragen, wenn man in Schwierigkeiten ist: Egal ob man Probleme mit der Administration, dem Studium oder dem Lernen hat. Wenn man deutsche Freunde hat, können sie helfen oder man wendet sich an das International Office, in dem ich als Hilfskraft arbeite. Wir bieten z.B. das Made in Mannheim-FIT for Career-Programm an, bei dem man unter anderem Hilfe bei Bewerbungen und dem Thema Steuern bekommt. Das ist kostenlos. Wir haben auch einen Stammtisch und bieten die International Alumni Night an. Das ist eine super Möglichkeit, um Beziehungen aufzubauen, Kontakte zu knüpfen, mit uns direkt in Person reden zu können und nicht nur per E-Mail. Das Team im International Office ist auch für Alltagsfragen da. Und für Lernfragen kann man sich immer an andere Studierende wenden, sich eine Lerngruppe suchen oder die Dozierenden fragen.
Ich möchte erstmal den Master machen und strebe dann eine Approbation an. Ziel wäre auf jeden Fall, in Richtung Psychotherapie zu gehen. Es gibt so viele Leute, die es brauchen, dass man ihnen zuhört und sie ein Stück auf ihrem Weg begleitet. Ich glaube, dafür ist Therapie gut. Als Psychotherapeutin lernt man auch, wie man zuhören kann und nicht beurteilt, was Leute denken oder machen, sondern ihnen hilft, weiterzukommen. Ich möchte Leuten helfen, ihr Leben besser zu meistern und ihnen zeigen, wie sie sich vielleicht auch besser fühlen können.
Interview: Tamara Gminsky /April 2024