Fine Giebler steht in einem gelben T-Shirt in einer Vorhalle des Schlosses.

„Wir möchten queeren Studierenden an der Uni Mannheim einen Safe Space bieten“

Fine Giebler (they/deren) ist 23 Jahre alt und studiert Psychologie im 8. Semester an der Uni Mannheim. Fine ist nicht-binär – was bedeutet, dass they weder eine Frau noch ein Mann ist – und trans. Neben dem Studium ist they bei Queer im Schloss, eine dem AStA untergeordnete Gruppe, aktiv und setzt sich in der Uni sowie darüber hinaus für die Sichtbarkeit und Rechte queerer Personen ein. Welche Ziele Queer im Schloss verfolgt und welche Erfahrungen Fine als trans nicht-binäre Person an der Uni Mannheim gemacht hat, erzählt they in deren myUniMA story.

Wie kam es dazu, dass du Psychologie in Mannheim studierst?

Für die menschliche Psyche interessiere ich mich bereits seit vielen Jahren. Themen wie Bewusstsein oder Sucht haben mich schon lange fasziniert und ich wollte mehr darüber lernen – also habe ich mich für ein Psychologiestudium entschieden. Mir war es wichtig, an einer sehr guten Uni zu studieren, weshalb ich mir verschiedene Rankings angeschaut habe. Die Uni Mannheim kam dort immer wieder vor. Außerdem hat mich die internationale Ausrichtung angesprochen, da ich unbedingt ein Auslands­semester machen wollte. Jetzt stehe ich kurz vor meinem Bachelor-Abschluss und bin froh, mich für die Uni Mannheim entschieden zu haben. Mein Studium war sehr interessant und ich konnte dadurch ein breites wissenschaft­liches Grundverständnis entwickeln. Ob ich beruflich auch in diese Richtung gehen möchte, weiß ich allerdings noch nicht.

Neben deinem Studium bist du Mitglied von Queer im Schloss. Was bietet ihr an?

Wir möchten queeren Studierenden an der Uni Mannheim einen Safe Space bieten – einen Begegnungs­raum, in dem wir unter uns und freier von Diskriminierung sein können. Daher betreiben wir viel Community-Arbeit: Einmal pro Woche treffen wir uns nur mit queeren Personen zum Stammtisch und sitzen in entspannter Atmosphäre zusammen. Zusätzlich haben wir noch eine WhatsApp-Gruppe mit rund 200 Mitgliedern, in der auch Allies (Verbündete) und Menschen außerhalb der Uni Mannheim vertreten sind. In dieser Gruppe kommunizieren wir die Aktivitäten und Veranstaltungen von Queer im Schloss. Generell können sich queere Personen, die Unterstützung oder einfach nur eine Gesprächsperson brauchen, jederzeit an uns wenden. Wir vermitteln euch auch gerne an Beratungs­stellen weiter. Außerdem ist uns eine intersektionale Perspektive sehr wichtig, bei der wir uns zum Beispiel gegen Rassismus und Ableismus, also die Diskriminierung von Menschen mit Behinderung, einsetzen.

Du bist bei Queer im Schloss Teil des Orga-Teams. Welche Aufgaben hast du dort?

Ich unterstütze unter anderem die Planung verschiedener Aktivitäten wie Tanzevents, Film- und Spieleabende. Manche der Veranstaltungen sind speziell für queere Studierende, an anderen können alle teilnehmen, die Lust haben und auf einen respektvollen Umgang achten. Wir sind auch immer wieder bei Veranstaltungen der Uni dabei und hatten beispielsweise einen Stand beim Initiativen­markt sowie dem Nachhaltigkeits­festival. Außerdem ist eine Person von Queer im Schloss Teil der Lenkungs­gruppe des Diversity Audits „Vielfalt gestalten“ und mehrere Personen von uns nehmen an den Sitzungen teil. Leider besteht unser Orga-Team aktuell nur aus wenigen Personen, weshalb unsere Möglichkeiten begrenzt sind. Wir würden uns sehr freuen, wenn es mehr queere Studierende gäbe, die bei uns aktiv werden und sich für mehr Vielfalt an der Uni Mannheim einsetzen möchten.

Welche Ziele verfolgt ihr bei Queer im Schloss?

Ein Ziel, das mir persönlich sehr am Herzen liegt, ist die Einrichtung von geschlechtsinklusiven Toiletten auf dem Campus. Nicht-binäre Personen wie ich sind sowohl auf den Frauen- als auch auf den Herrentoiletten deplatz­iert. Außerdem streben wir die Anerkennung des dgti-Ausweises an der Uni an. Das ist ein Ersatzdokument, in dem trans, nicht-binäre und inter Personen ihr Geschlecht, Vornamen sowie Pronomen angeben können und das in Verbindung mit dem Personalausweis gültig ist. Ich würde mich freuen, wenn der Ausweis zukünftig direkt bei der Immatrikulation von Studierenden akzeptiert werden würde – oder auch im Laufe des Studiums. Ein eher langfristiges Ziel ist die Einrichtung eines Queer-Referates an der Uni, das sich für queere Studierende einsetzt. Wir haben als Queer im Schloss leider nur begrenzte Möglichkeiten, daher hoffe ich, dass das Diversity Audit nur der Anfang eines anhaltenden Prozesses voller Veränderungen ist.

Habt ihr auch Projekte außerhalb der Uni Mannheim?

Ja, einmal hat uns zum Beispiel die Stadtbibliothek Ludwigshafen nach Tipps zum richtigen Umgang mit queeren Personen gefragt. Zudem nehme ich für Queer im Schloss am „Runden Tisch sexuelle und geschlechtliche Vielfalt“ der Stadt Mannheim teil. Dort setzen wir uns mit verschiedenen queeren Gruppen aus Mannheim zusammen und besprechen unsere Anliegen. Bei einem Urban Thinkers Lab zur Unterstützung queerer Jugendlicher und junger Erwachsener in Mannheim war ich als Speaker dabei. Und wir gehen regelmäßig zu Protesten – beispielweise dem diesjährigen Christopher Street Day. Ich bin sehr stolz, dass wir mit Queer im Schloss auch über die Grenzen der Uni hinweg so aktiv sind.

Welche Erfahrungen hast du als queere Person an der Uni Mannheim gemacht?

In einem Seminar hat uns ein Dozent einmal gefragt, wie unsere Pronomen lauten, und uns dann auch damit angesprochen. Es wäre schön, wenn das in allen Uni-Veranstaltungen der Fall wäre. Außerdem habe ich mal eine Veranstaltung besucht, in der sich die dozierende Person selbst als queer geoutet hat – dadurch habe ich mich gleich viel wohler gefühlt. Bei einem ehemaligen Job als studentische Hilfskraft an der Uni habe ich offen kommuniziert, dass ich nicht-binär und trans bin, und es wurde sehr respektvoll und entgegenkommend mit mir umgegangen. Es kam auch schon mehrfach vor, dass Mitarbeitende der Uni an Queer im Schloss herangetreten sind, um mehr über uns zu erfahren oder uns ihre Unterstützung anzubieten. Das alles sind Erfahrungen, die mir viel bedeuten – und die hoffentlich keine Einzelfälle bleiben.

Was wünschst du dir für die Zukunft?

Ich wünsche mir, dass Queer im Schloss und unsere Anliegen mehr Sichtbarkeit bei den Angehörigen der Uni Mannheim erhalten und wir so auch neue Unterstützende finden. Zudem würde es mich sehr freuen, wenn die Uni Mannheim sich verstärkt aus eigenem Antrieb für queere Personen einsetzt und das auch nach außen repräsentiert. Das führt vielleicht auch dazu, dass sich potenziell mehr queere Studierende und Mitarbeitende für die Uni Mannheim entscheiden und unsere Community weiter wächst.

Text: Jessica Scholich / Juli 2022