Meinen Bachelor in Psychologie habe ich an der Universität Ulm gemacht. Allerding wusste ich bereits während meines Bachelors, dass ich lieber in die klinische Richtung gehen möchte, anstatt einen Master ohne spezifischen Schwerpunkt zu machen, wie er an der Uni Ulm angeboten wird. Ich bin dann auf das Curriculum der Uni Mannheim gestoßen und die Praxisnähe hat mich sofort überzeugt. Der Schwerpunkt Klinische Psychologie, der in Mannheim angeboten wird, war mir sehr wichtig – deshalb war Mannheim meine erste Wahl.
Ich wusste schon seit der zehnten Klasse, dass ich Psychologie studieren möchte. Alles an der Psychologie fasziniert mich. Meine Hauptmotivation für das Studium war zu verstehen, wie der Mensch funktioniert und wie Denken, Handeln und Emotionen miteinander zusammenhängen. Ich wollte lernen, wie psychische Störungen entstehen und welche Prozesse im Gehirn dabei eine Rolle spielen. Mir war es am wichtigsten zu erfahren, wie man Menschen mit psychischen Erkrankungen psychotherapeutisch helfen kann und wie man sie auf ihrem Weg zur Selbsthilfe unterstützt. So war mir dann schon während des Bachelors klar, dass ich im Anschluss an den Master die psychotherapeutische Weiterbildung machen möchte.
Diese Frage bekomme ich häufiger gestellt. Meinen Eltern war es sehr wichtig, dass ich eine gute Bildung erhalte und dass ich die Chance habe, später ins Ausland zu gehen. In Ägypten gibt es mehrere private deutsche Schulen, die von deutschen Schulvereinen gegründet und geführt werden. Diese Schulen haben in Ägypten einen sehr guten Ruf, weswegen meine Eltern entschieden haben, dass ich meine gesamte Schullaufbahn – Kindergarten bis Abitur – auf einer deutschen Schule absolvieren soll. Und so landete ich auf der deutschen Schule in Alexandria.
Der DAAD vergibt Stipendien für einen Studienaufenthalt in Deutschland für besonders engagierte oder leistungsstarke Schüler*innen. In der zwölften Klasse haben mich meine Lehrer*innen für das DAAD-Stipendium nominiert. Darüber war ich sehr glücklich, weil ich unbedingt nach Deutschland kommen wollte, um Psychologie zu studieren. In Ägypten gibt es keinen vergleichbaren Studiengang mit klinischer Weiterbildung. Bis ich dann das Stipendium erhielt, dauerte es nach der Nominierung jedoch noch eine Weile. Außerdem war der Zeitpunkt der Bewerbung für mich sehr stressig, denn ich musste mitten in meiner Prüfungsphase im Abitur ein Motivationsschreiben abgeben. Darauf folgte ein Interview mit sechs Personen vom DAAD, von deutschen Universitäten und der deutschen Botschaft – ich war damals gerade einmal 18 Jahre alt. Als ich in den Raum kam war ich so nervös, dass meine Hände gezittert haben. Im Mai 2017 habe ich aber die Zusage bekommen, worüber ich mich sehr gefreut habe. Im Oktober 2017 bin ich dann nach Deutschland gekommen.
Meine Eltern waren tatsächlich zunächst dagegen, dass ich ins Ausland gehe, obwohl sie mich ja auf eine deutsche Schule geschickt hatten. Als ich für das Stipendium nominiert wurde, waren sie erstmal schockiert. Ich habe aber gesagt, dass das meine einzige Chance ist, mein Traumstudium zu absolvieren. Als ich dann das DAAD-Stipendium erhalten habe und meine Eltern gesehen haben, wie viel Mühe ich mir gegeben habe, haben sie mich in meiner Entscheidung unterstützt. Sie waren sowieso immer der Überzeugung, dass man das studieren beziehungsweise machen soll, wofür man Leidenschaft hat.
Ich beginne am ersten Oktober meine psychotherapeutische Weiterbildung in Ulm, wo ich wohne. Ich habe mein Studium an der Uni Mannheim während der Corona-Pandemie begonnen. Als das Studium dann von Online-Lehre wieder auf Präsenz umgestellt wurde, bin ich immer nach Mannheim gependelt.
Auf jeden Fall! An langen Tagen hatte ich zwischen Seminaren immer einige Stunden Zeit, in denen ich die Stadt erkunden konnte. Deshalb fühle ich definitiv eine Verbindung zu Mannheim. Viele fragen mich auch, ob ich negative Assoziationen mit Mannheim habe, weil es eine sehr stressige Zeit im Masterstudium war, vor allem zusätzlich mit dem Pendeln. Aber die habe ich überhaupt nicht! Das praxisnahe Studium und die tollen Dozierenden haben die Zeit wirklich wertvoll gemacht und gerade in meinem zweimonatigen Praktikum am Otto-Selz-Institut für Psychotherapiehabe ich nicht nur viel gelernt, sondern auch schöne Freundschaften geschlossen.
Meine Zeit in Mannheim ist mit einzigartigen Erfahrungen und besonderen Erinnerungen verbunden – nicht nur an die Uni oder die Stadt. Hier sind die Menschen besonders, sie geben einem ein Gefühl des Miteinanders. Alle Interaktionen, egal ob mit anderen Studierenden, Dozierenden oder Kolleg*innen, haben immer auf Augenhöhe stattgefunden. Ich habe mich direkt wie zuhause gefühlt, obwohl ich immer nur ein paar Stunden da war. Deshalb habe eine so starke Verbindung zu Mannheim, auch wenn ich nie hier gewohnt habe.
Text: Rheia Martiny / Juli 2023