Internet für alle: Kompetenztraining erfolgreicher als Subventionen

Eine neue Studie des Sonderforschungs­bereichs Transregio 224 der Universitäten Bonn und Mannheim untersucht, wie man Menschen, die bislang offline leben, die digitale Teilhabe ermöglichen kann.

Bis zum Jahr 2030 will die UNO weltweit allen Menschen den Zugang zum Internet ermöglichen. Heute sind allerdings noch rund drei Milliarden Menschen offline. Wie kann man diese Lücke am besten schließen? Eine neue Studie belegt, dass die Förderung von Internet-Kompetenzen besser funktioniert als Subventionen: Die Zahl der Internetzugänge in sozial schwachen Stadtteilen wird dadurch verdoppelt. Die Studie wurde in Kolumbien durchgeführt. Das Forschungs­ergebnis veröffentlicht das EPoS Economic Research Center der Universitäten Bonn und Mannheim in dem Diskussionspapier Internet (Power) to the People: How to Bridge the Digital Divide.

„Unsere Forschung zeigt, dass Instrumente zur Förderung der Internetnutzung, die nicht über den Preis wirken, für sozial schwache, weniger internetaffine Verbraucher wichtiger sind als Subventionen“, sagt die Autorin Prof. Michelle Sovinsky, Ph.D., Inhaberin des Lehr­stuhls für VWL, Wirtschafts­theorie und Behavioral Economics an der Universität Mannheim. „Für die Politik heißt das, dass die digitale Kluft sich am besten durch eine Kombination beider Maßnahmen überwinden lässt: durch größere Auswahl an Internet-Tarifen und Vermittlung von Kenntnissen, um die Internet-Verbreitung zu erhöhen“, so Sovinsky weiter. Dies gelte für sozial benachteiligte Bevölkerungs­teile und für Gegenden mit bislang sehr wenigen Internetzugängen. Eine solche Maßnahmenkombination sei zwar kurzfristig teurer, zahle sich aber langfristig aus. „Unsere Ergebnisse sind besonders für Entwicklungs­länder relevant,“ fügt die Wirtschafts­expertin hinzu.

Breitbandanschluss für 75 Prozent der Weltbevölkerung
Wer Zugang zum Internet hat, profitiert vom verbesserten Zugang zu Bildungs­angeboten, wichtigen
Gesundheits­informationen und anderen Ressourcen. Daher haben sich die UNESCO und die Internationale Fernmeldeunion zum Ziel gesetzt, 75 Prozent der Weltbevölkerung bis 2025 einen Breitbandanschluss zu ermöglichen. Allerdings stehen politische Entscheidungs­trägerinnen und – träger vor der Herausforderung, effektive Maßnahmen zu finden, um die Verbreitung des Internets voranzubringen. Bislang existieren kaum Untersuchungen zur Wirksamkeit solcher Maßnahmen in Entwicklungs­ländern.

Neuartiger Ansatz: Untersuchung von Netzwerkeffekten
In dem neuen Diskussionspapier untersuchen die Forschenden die Aus­wirkungen einer Preissubvention in Kolumbien, die zwischen 2012 und 2015 zur Anwendung kam. Die Subvention erfolgte in Form einer Senkung der monatlichen Gebühren für Festnetz-Internet-Tarife mit einem Breitbandanschluss. Erstmals messen die EPoS-Wissenschaft­lerinnen und -Wissenschaft­ler den Grad der Internetverbreitung in einem Stadtviertel und vergleichen diesen mit den Aus­wirkungen der Preissubvention und der Zunahme an Wahl­möglichkeiten für die Verbraucher. „Unser Modell berücksichtigt den Einfluss, den die Entscheidung der Nachbarn auf die eigene Entscheidung hat, das Internet zu nutzen“, sagt Sovinsky. „Offenbar gehen mehr Menschen online, wenn sie die Vorteile in ihrem lokalen Umfeld sehen oder Empfehlungen aus ihrem sozialen Netzwerk erhalten.“

Das vorgestellte Diskussionspapier ist eine Publikation des Sonderforschungs­bereichs (SFB) Transregio 224 EPoS. Die vollständige Studie ist hier erhältlich.

Eine Liste aller Diskussionspapiere des SFB ist hier zu finden.

Der Sonderforschungs­bereich Transregio 224 EPoS
Der 2018 eingerichtete Sonderforschungs­bereich Transregio 224 EPoS, eine Kooperation der Universität Bonn und der Universität Mannheim, ist eine langfristig angelegte Forschungs­einrichtung, die von der Deutschen Forschungs­gemeinschaft (DFG) gefördert wird. EPoS befasst sich mit drei zentralen gesellschaft­lichen Herausforderungen: Wie kann Chancengleichheit gefördert werden? Wie können Märkte angesichts der Internationalisierung und Digitalisierung der Wirtschafts­tätigkeit reguliert werden? Und wie kann die Stabilität des Finanz­systems gesichert werden?
 

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