Von außen gesehen hat der neunjährige Zlatko das Barockschloss, in dem die Universität Mannheim beherbergt ist, schon oft. In einem Hörsaal zu sitzen, ist hingegen eine völlig neue Erfahrung für ihn. Ein wenig erinnert ihn der Saal an sein Klassenzimmer in der Mozartgrundschule – nur ist er viel größer. Das ergibt auch Sinn, denn schließlich ist eine Universität ein Ort wo „die Großen“ etwas lernen. Sein Mentor Mats ist einer dieser „Großen“, die hier studieren. Er hat Zlatko an seine Uni eingeladen, um ihm das Universitätsleben näherzubringen. Bei einer Kindervorlesung der Fakultät für Betriebswirtschaftslehre hat Zlatko dazu Gelegenheit.
Mats und Zlatko nehmen beide am Mentoring-Projekt „Uni-Cleverlinge²“ teil. Das Projekt wurde von der gemeinnützigen Organisation KinderHelden ins Leben gerufen und in Kooperation mit dem Dekanat für BWL der Universität Mannheim und der Mannheimer Mozartschule entwickelt. Im Rahmen des Projekts treffen sich engagierte Studentinnen und Studenten aller Fachrichtungen regelmäßig mit einem zugewiesenem „Schützling“. Die Studierenden unterstützen ihre „Mentees“ hauptsächlich bei den Hausaufgaben, aber unternehmen auch gemeinsame Aktivitäten mit ihnen – wie schwimmen gehen oder Eis essen. Die Idee dahinter: Die Mentoren sollen den Kindern als Vorbilder dienen und ihnen zeigen, dass sich der Besuch einer weiterführenden Schule lohnt. Denn Bildungschancen hängen nach wie vor sehr stark von den Bildungsbiografien der eigenen Familie ab. Das Projekt soll helfen, dieser Ungleichheit entgegenzuwirken.
Die meisten Aktivitäten unternehmen Zlatko und sein Mentor Mats zu zweit, doch gelegentlich stehen auch Gruppenaktivitäten wie die Kindervorlesung auf dem Plan. Heute geht es dabei um die Frage, was genau ein Unternehmen ist. Dr. Alexander Pinz vom Lehrstuhl für Allgemeine BWL, Public & Nonprofit Management bringt den Kindern dieses Thema mit einem anschaulichen Beispiel näher: Es geht um zwei junge Menschen, Max und Paula, die in einer Welt ohne Autos leben. In so einer Welt ist es nicht immer ganz einfach, von A nach B zu kommen – also erfinden Max und Paula das Auto. Da ihre Erfindung auch vielen anderen Leuten hilft, gehen sie damit in Produktion. Das Unternehmen der beiden schafft also einen Wert für seine Kunden und erhält im Austausch dafür Zahlungen. Das Fazit der Vorlesung: Als Unternehmer braucht man vor allem gute Ideen, um Produkte zu entwickeln, die vielen Menschen etwas nützen.
Im Anschluss an das Fazit dürfen sich die Kinder selbst als Unternehmer versuchen: Sie sollen eine Idee entwickeln, mit der sie selbst die Welt besser machen würden. Zlatko hat einen guten Einfall: „Ich möchte Häuser an arme Menschen verkaufen, die nur 600 Euro kosten – damit niemand mehr auf der Straße schlafen muss.“ Bezüglich der Rollenverteilung in seiner Baufirma hat er ebenfalls bereits klare Vorstellungen: „Ich werde der Chef sein und Mats mein Bauarbeiter.“
Dr. Ingo Bayer, Fakultätsgeschäftsführer der Betriebswirtschaftslehre an der Universität Mannheim, und Linn Schöllhorn, Geschäftsführerin von KinderHelden, freuen sich über die kreativen Ideen der Kinder. „Es ist schön zu sehen, wie die Universität Mannheim den Unternehmergeist und das Interesse der Kinder beflügelt.“
Text: Kathrin Holstein / Mai 2018