Wenn das Gedächtnis lügt

Die DFG fördert die Einrichtung einer Emmy Noether-Nachwuchs­gruppe an der Universität Mannheim. Ab Mai 2018 untersucht das Team aus Psychologinnen und Psychologen, wie gut sich ältere Erwachsene an Informationen und ihre Quellen erinnern.

Im Zuge des demografischen Wandels nimmt der Anteil von über 60-Jährigen in unserer Gesellschaft stetig zu. Die neue Emmy Noether-Nachwuchsforscher­gruppe unter der Leitung von Juniorprofessorin Dr. Beatrice Kuhlmann untersucht die grundlegende Frage, wie sich das Erinnerungs­vermögen von Erwachsenen im Laufe des Lebens verändert – und schlägt Strategien vor, um dem Vergessen entgegenzuwirken. In der Studie steht zum ersten Mal das Erinnern und Vergessen von Quellen im Vordergrund – also wann, wo und wie Menschen eine Information erhalten haben. Stammt der Gesundheitstipp beispielsweise aus einer Zeitung, von einem Fach­arzt oder einem Bekannten? Fehlt die Erinnerung an solche Details, kann das weitreichende Folgen haben: Denn halten wir eine Quelle für zuverlässig, verlassen wir uns auch eher auf ihre Information.

Die Forscherinnen und Forscher untersuchen für die Studie die Vergessensprozesse bei Probanden ab 60 Jahren, die kognitiv gesund sind – also nicht an Erkrankungen wie Demenz oder Parkinson leiden, die das Vergessen noch verstärken. Die Studien­teilnehmerinnen und -teilnehmer erhalten Informationen aus unterschiedlichen Quellen und werden nach wenigen Minuten, mehreren Stunden, Tagen und Wochen zu ihren Erinnerungen befragt. Die Leiterin der Forschungs­gruppe legt den Fokus der Studie ganz klar auf das gesunde Altern. „Es geht mir nicht nur darum, besser zu verstehen, welche kognitiven Einbußen bei Gesunden im Alter unvermeidlich sind, sondern auch, wie Menschen diese kompensieren können“, sagt Kuhlmann. Eine Gedächtnis­strategie, die getestet werden soll, ist das Erinnern von Quellen mithilfe mentaler Bilder. Erzählt zum Beispiel eine Bekannte vom Schnorcheln im Ägyptenurlaub, so könnte man sich die Bekannte mit Schnorchelausrüstung vor einer Pyramide vorstellen. Mithilfe dieses Bildes erinnere man sich – so das Ergebnis einer früheren Studie – sowohl an die Information, den Schnorchelurlaub in Ägypten, als auch an die Bekannte als Quelle.

Mit dem Emmy Noether-Programm unterstützt die Deutsche Forschungs­gemeinschaft (DFG) besonders qualifizierte Nachwuchs­wissenschaft­lerinnen und Nachwuchs­wissenschaft­ler. Die DFG fördert die Forscher­gruppe, die neben Prof. Dr. Beatrice Kuhlmann aus drei Doktorandinnen und Doktoranden besteht, für mindestens drei Jahre mit rund 450.000 Euro. Weitere Fördermittel von bis zu 430.000 Euro für eine anschließende zweite Projekt­phase wurden von der DFG bereits in Aussicht gestellt.

Text: Maartje Koschorreck / April 2018