Die GESS hat einen sehr guten Ruf und ist unter Bewerberinnen und Bewerbern gefragt: Im vergangenen Jahr haben sich über 1.500 Studierende auf 42 Plätze beworben. Was macht die Ausbildung so besonders?
von Thadden: Traditionell promovieren deutsche Lehrstühle ihre Doktorandinnen und Doktoranden individuell. An der Graduiertenschule gibt es hingegen eine Kohorte von Studierenden – sie besuchen gemeinsam die Methodenkurse, tauschen sich untereinander aus und lernen von mehreren Professorinnen und Professoren. Das ist sehr sinnvoll. Denn Doktoranden sollen in ihrer Promotion verschiedene Kompetenzen unter Beweis stellen und die lernen sie am besten von den jeweiligen Fachleuten. Meine GESS-Doktoranden waren immer besser ausgebildet, als ich es bin. So etwas ist naturgemäß nicht möglich, wenn ich der Einzige bin, der ihnen diese Fähigkeiten vermittelt.
Erdfelder: Die Doktorandinnen und Doktoranden haben auch den Vorteil, dass wir den Hauptbetreuer für ihre Dissertation wechseln können, wenn diese irgendwann in eine Richtung geht, für die der ursprüngliche Betreuer nicht mehr ideal ist. Oder wenn Konflikte auftreten. Früher sind die Leute in solchen Fällen oft aus dem System gefallen. Heute können wir im Interesse des Doktoranden und eines besseren Abschlusses das Betreuungsteam ändern. Auch Teil einer Gruppe mit anderen Promovierenden zu sein, erleben die GESS-Studierenden als sehr positiv.
Die Konkurrenz unter den Bewerberinnen und Bewerbern ist hoch. Was müssen sie mitbringen, um aufgenommen zu werden? Haben auch Bewerber eine Chance, die nicht von einer der großen Elite-Universitäten kommen?
Berning: Es gibt harte Kennzahlen, die wir uns anschauen. Das sind GRE-, GMAT- und TOEFL-Scores, also generalisierte Tests. In dem Moment, wo ein Absolvent – egal von welcher Universität – die Top-Scores erreicht, hat er die gleichen Chancen, zu einem Interview eingeladen zu werden, wie jeder andere.
von Thadden: Wir versuchen natürlich, die besten Bewerberinnen und Bewerber zu bekommen, und an renommierten Universitäten wie Oxford, London oder Paris lernt man einfach eine ganze Menge, das ist nicht zu leugnen. Mein Eindruck bei den Bewerbern ist aber zumindest im deutschsprachigen Raum eher umgekehrt. Wenn ich meinen Master an einer unbekannten Uni gemacht habe und unbedingt etwas in der Wissenschaft werden will, dann gehe ich im Anschluss in die große weite Welt. Und die liegt glücklicherweise in Nordbaden.