Schauspielpatienten im Psychologiestudium
Mit Schauspielpatienten Therapiegespräche zu simulieren, hilft Psychologiestudierenden in schwierigen Situationen sicherer zu agieren. Dies zeigt eine Studie von Prof. Dr. Georg Alpers, Inhaber des Lehrstuhls für Klinische und Biologische Psychologie und Psychotherapie.
Um Studierende der Psychologie an Gespräche mit psychisch erkrankten Menschen heranzuführen, greifen Universitäten schon länger auf Rollenspiele zurück. Bei diesen schlüpfen die Studierenden wechselseitig in die Patienten- bzw. Therapeutenrolle. Dadurch treten sie jedoch hauptsächlich mit Personen gleichen Alters und akademischen Hintergrunds in Kontakt; das Rollenspiel ist relativ künstlich. Realitätsnaher und laut der neuen Studie auch effektiver ist die Arbeit mit Schauspielspielpatienten, die trainiert wurden, eine Patientenrolle zum Beispiel mit einer schweren Depression einzunehmen. Dazu hat das Ministerium für Wissenschaft und Kunst des Landes ein besonderes Projekt gefördert.
Fast 160 Studierende, die an dem Modul „Gesprächsführung“ des Mannheimer Masterstudiengangs Psychologie mit Schwerpunkt kognitive und klinische Psychologie teilnahmen, wurden zu ihren Erfahrungen befragt. In diesem simulierten sie Therapiegespräche zusammen mit 40 Schauspielpatienten unterschiedlichen Alters und Geschlechts. Die Hälfte der Schauspielerinnen und Schauspieler nahm im Rahmen des Senioren- und Gasthörerstudiums teil, die andere bestand aus Studierenden anderer Fachrichtungen und Laienschauspielern.
Die Psychologiestudierenden schätzten am Ende des Seminars ihre allgemeinen sowie spezifischen therapeutischen Fertigkeiten deutlich höher ein als zu Beginn. Besonders stark erhöhte sich ihre Sicherheit hinsichtlich der Themen, die sie mit den Schauspielpatienten geübt hatten. „Wir können dabei noch nicht die Eignung der Studierenden als Therapeuten belegen“, sagt Prof. Dr. Georg Alpers. „Es ist jedoch schön zu sehen, dass sie selbst eine Steigerung ihrer Kompetenzen feststellen. Die Studierenden bewerteten den Kurs sehr positiv – teils sogar als den besten Kurs im ganzen Studium.“
Relevant sind die Ergebnisse der Studie auch in Bezug auf eine Reform des Deutschen Bundestags für die Ausbildung von Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten. Bisher erfolgt nach dem Psychologiestudium noch eine Ausbildung zum Psychotherapeuten, in der viele praktische Übungen und der Umgang mit den Patienten geübt wird. Ab diesem Herbst wird es in Deutschland möglich sein, an Universitäten einen Master in Psychotherapie zu absolvieren. Durch die Änderungen des neuen Masters benötigen die Universitäten auch mehr praktische Elemente in der Lehre. „Dafür zeigt unser Gesprächsführungsseminar mit den Schauspielpatienten einen gangbaren Weg in die richtige Richtung auf“, sagt Alpers.
Text: Luisa Gebhardt / September 2020