Ein Bild der Universität Mannheim in einem Pfeil umgeben von weiteren bunten Pfeilen. In der Mtte steht der titel "Start-up Factory - Gründungsgeschichten an der Uni Mannheim".

Geschäfts­ideen für die Kulturbranche

Kreative Ideen sind in der Kulturbranche ein Muss, aber wie wird daraus ein Erfolg? Der Kurs „Culture goes Start-up“ an der Universität Mannheim schließt die Lücke zwischen Vision und Umsetzung. Kulturschaffende erhalten hier die Möglichkeit, ihre Ideen in trag­fähige Geschäfts­modelle zu verwandeln – mit praxisnahen Methoden, intensiver Betreuung und einem Fokus auf Teamarbeit.

In kleinen Gruppen brainstormen die Teilnehmenden, bis ihre Köpfe rauchen. 50 Einfälle sollen sie in der ersten Sitzung von „Culture goes Start-up“ entwickeln – ohne Einschränkungen, egal wie ausgefallen sie auch sein mögen. An Kreativität mangelt es ihnen nicht, denn ohne diese geht in der Kulturbranche nichts. Aber kann man damit auch Geld verdienen? Der Start-up-Kurs der Universität Mannheim richtet sich an alle Kulturschaffenden, die unter­nehmerische Kompetenzen erwerben möchten. Neben betriebs­wirtschaft­lichem Wissen vermittelt er vor allem das Handwerkszeug, um kreative Konzepte in trag­fähige Geschäfts­modelle zu verwandeln.

Die Idee für den Kurs hatte Dr. Bettina Müller, Mitarbeiterin am Institut für Mittelstandsforschung (ifm). Die Start-up-Expertin ist Teil der internationalen Forschungs­gruppe „Mannheim Research Group in Culture, Innovation & Entrepreneur­ship“ (MARCIE), die im Rahmen von ENGAGE.EU Zertifikats­programme zu Cultural Innopreneur­ship aufbaut. Gemeinsam mit ihren Kolleg*innen Dr. Francesco Leone und Luise Fast vom Lehr­stuhl Professor Hiram Kümper hat sie nach Vorlage eines ähnlichen Studien­kurses die Inhalte entwickelt und auf die Kulturbranche angepasst. Der Kurs ist durch die Beobachtung inspiriert, dass Kulturschaffende zwar großartige Ideen haben, die konkrete Umsetzung jedoch oftmals scheitert. Im Rahmen einer DAAD-Förderung haben sie 2023 „Culture goes Start-up“ ins Leben gerufen, um speziell eine Unter­stützung für Start-up-Projekte in der Kulturbranche anzubieten.

Inspirierende Projekte als Ergebnis

Besonders vielfältig sind die Projekte, die aus dem Kurs hervorgegangen sind. Ein Beispiel ist das Vorhaben von Jan-Philipp Possmann, der seit 25 Jahren freiberuflich in der Kulturbranche tätig ist. Mit der Idee einer Beratungs­agentur, die sich auf Klimaanpassungen in Großstädten spezialisiert, kam er in den Kurs, um sie dort weiterzuentwickeln. „Extreme Wetterereignisse gab es schon immer“, sagt er. „Krisensituationen haben Kulturen geprägt und Innovationen angeregt. Es gibt ein großes Kulturerbe, von dem wir lernen können, wie man mit Klimaveränderungen und Naturereignissen umgeht: In Liedern, Büchern, Kunstwerken und Bräuchen ist eine riesige Sammlung von ‚Klimaerzählungen‘ überliefert, die wir als Ressource nutzen können.“ Das Ziel ist es, dieses Wissen nutzbar zu machen und einen Austausch zwischen Museen, Archiven, Wissenschaft, Gesellschaft und Administration zu schaffen.

Auch das Projekt von Tanja Pawletta zeigt, wie viel Potenzial in den Teilnehmenden steckt. Sie entwickelte die Idee, Kultur als Mitarbeitenden-Vorteils­programm für Unter­nehmen anzubieten. Ihr Konzept: Theater-, Kino-, Museen- und Operntickets zu vergünstigten Preisen zugänglich machen. „Die Resonanz war durchweg positiv, sowohl von Kultur­einrichtungen als auch von Unter­nehmen“, sagt sie. „Im Kurs habe ich sehr viel Unter­stützung für meine Idee erhalten. Das Projekt war komplexer als gedacht, aber durch die Hilfe der Teilnehmenden und Kursleiter*innen wird man motiviert, dranzubleiben.“ Die Umsetzung ist aktuell pausiert, doch eine Fortführung weiterhin geplant.

Ein besonderer Benefit: Im Rahmen einer Master­arbeit erstellten Studierende der Betriebs­wirtschafts­lehre die Geschäfts­pläne für beide Projekte. Diese Zusammenarbeit zeigt, wie der Kurs nicht nur Gründer*innen unter­stützt, sondern auch Studierende einbindet und einen beiderseitigen Mehrwert schafft.

Unter­nehmerischer Gedanke im Fokus

Im Kurs lernen die Teilnehmenden, ihre Ideen zu konkretisieren, sie realistisch einzuschätzen und weiterzuentwickeln. Interviews mit potenziellen Kund*innen, Ziel­gruppen­analysen und die Erstellung eines Finanz­plans gehören zu den praktischen Werkzeugen, die vermittelt werden. Die persönliche Betreuung durch Kursleiterin Bettina Müller und die Unter­stützung durch Gastdozierende machen den Kurs zu einem interaktiven und bereichernden Erlebnis.

Ein zentraler Aspekt des Kurses ist die Zusammenarbeit. „In der Kulturbranche arbeiten viele als Einzelkämpfer*innen, doch hier wird Teamarbeit intensiv geübt“, sagt Müller. „Kulturschaffende sind zwar gut in ihrem Gebiet, aber die Umsetzung in Projekten, von denen man potenziell auch leben kann, bleibt oft auf der Strecke.“ Der Kurs verbindet daher die kreative Seite mit praxisbezogenem Wissensinput. In acht Sitzungen lernen die Teilnehmenden, wie man lukrative Ideen entwickelt, Marketing­strategien umsetzt und Finanz­pläne aufstellt.

„Am Ende haben sie das nötige Wissen, um eigenständig weiterzugehen“, erklärt die Forscherin. „Es geht gar nicht darum, die Projektidee wirklich umzusetzen, sondern das nötige Handwerkszeug für die Zukunft zu erlernen. Aber wenn sich gleich eine trag­fähige Geschäfts­idee aus dem Kurs ergibt, umso schöner!“

Verbindung aus Kultur und Wirtschaft

Das Programm eröffnet den Teilnehmenden neue Perspektiven und führt oft zu langanhaltenden Kooperationen – auch über die Kursdauer hinaus. Durch die enge Anbindung an die Universität entsteht zudem ein fruchtbarer Austausch zwischen Kulturschaffenden und Studierenden, der beiden Seiten zugutekommt.

Nach zwei erfolgreichen Pilot­phasen ist die dritte Ausgabe für Herbst 2025 geplant. Die positive Resonanz zeigt, dass das Programm eine wichtige Lücke füllt – für alle, die ihre kreativen Ideen in beständige Projekte verwandeln möchten.

Text: Moritz Klenk / April 2025