Sich mental auf die Arbeit einstellen ist genauso wichtig wie das Abschalten nach Feierabend

Morgens beim Frühstück oder unter der Dusche: Die mentale „To-Do-Liste“ für den bevorstehenden Arbeits­tag durchzugehen, ist für die Zufriedenheit und Leistungs­fähigkeit von Arbeitnehmer­innen und Arbeitnehmern genauso wichtig wie das Abschalten nach der Arbeit. Das zeigt eine Studie der Mannheimer Arbeits­psychologinnen Prof. Dr. Sabine Sonnentag und Kathrin Eck sowie ihrer Kolleginnen von der Universität Ulm und der Portland State University, USA.

Für das Wohlbefinden von Arbeitnehmer­innen und Arbeitnehmern ist es essentiell, dass sie am Feierabend mental Abstand von der Arbeit gewinnen und sich erholen. Das belegen zahlreiche Untersuchungen. Eine neue Studie, die im Journal of Management veröffentlicht wurde, zeigt jedoch, dass das Gegenteil genauso wichtig ist: Berufstätige, die sich morgens schon mental auf die Arbeit vorbereiten – sich also über bevorstehende Aufgaben, Herausforderungen und mögliche Lösungs­ansätze schon im Vorfeld Gedanken machen – sind am Arbeits­platz engagierter.

„Aus früheren Untersuchungen wissen wir, dass das gedankliche Abschalten von der Arbeit am Feierabend mit positivem Erleben einhergeht, beispielsweise geringerer Müdigkeit am nächsten Morgen“, sagt Sabine Sonnentag, Autorin der Studie und Professorin für Arbeits- und Organisations­psychologie an der Universität Mannheim. „Die Kehrseite dieser früheren Befunde ist, dass Menschen sich aber auch zum Start des Arbeits­tages wieder mit ihrer Arbeit mental ‚verbinden’ müssen, um den Herausforderungen, die während des Tages auf sie zukommen, gewachsen zu sein.“

Wie Menschen sich mental auf ihre Arbeit vorbereiten, ist personen- und berufsabhängig. Während manche beim Frühstück oder unter der Dusche die bevorstehenden Aufgaben durchgehen, durchdenken andere das Gespräch mit ihrem Vorgesetzten auf dem Weg zur Arbeit oder in der Schlange beim Bäcker. „Wir haben herausgefunden, dass das gedankliche Einstimmen mit dem Aktivieren von arbeits­bezogenen Zielen einhergeht, wodurch der Arbeits­tag dann insgesamt positiver verläuft“, sagt Sonnentag. Auf Grundlage dieser Er­kenntnisse schlagen die Forscherinnen Unternehmen neue Verfahren vor, mit denen sie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dabei helfen können, sich bereits zu Beginn des Arbeits­tags mit ihren Aufgaben zu befassen. Möglich wäre es zum Beispiel, den Angestellten ein paar Minuten für sich zu geben, Checklisten oder kurze Planungs­treffen anzubieten oder ihnen mehr Freiheiten bei der Umsetzung der Aufgaben einzuräumen.

Im Rahmen der Studie wurden 151 Probanden aus einem breiten Spektrum an Branchen befragt – unter anderem aus dem Finanz­sektor, der öffentlichen Verwaltung, dem Informations- und Kommunikations- sowie dem Gesundheitssektor.

Text: Yvonne Kaul / Oktober 2019