Gekommen, um zu bleiben

Ob Fensterputzen, Wach- oder Pfortendienst – nicht alles kann die Universität mit eigenem Personal stemmen. Zahlreiche Fremdfirmen sind deshalb auf dem Campus im Einsatz. Zwei Unternehmen, ohne die an der Uni nichts läuft, sind die Logistikfirma Gottschalk und die Elektrotechnikfirma Retis. Ohne sie würde kein Umzug stattfinden und vielleicht auch irgendwann das Licht ausgehen.

Ein ganz normaler Freitagabend an der Universität Mannheim: Die meisten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind bereits im wohlverdienten Feierabend, während Studierende immer noch für ihre Klausuren in den Bibliotheken lernen. Keiner bemerkt, was gerade im Bücherturm des Schlosses vor sich geht, wo auf elf Stockwerken der Bestand lagert, der nicht in den Regalen der Bibliotheken steht. Die Druckerhöhungs­anlage für das Löschwasser ist defekt, Wasser tritt aus und läuft in den Keller. Ein Mitarbeiter bemerkt es zum Glück, die Notfallmeldekette wird in Gang gesetzt. An deren oberster Stelle steht die Kanzlerin der Universität Mannheim, bis sie Dietmar Jakob und dessen Elektrotechnikfirma Retis erreicht. Als er kommt, ist bereits die Feuerwehr vor Ort,  um das Wasser abzupumpen. „Wir haben Luftentfeuchter aufgestellt, um das Schlimmste zu verhindern, und diese dann über das Wochenende regelmäßig geleert“, sagt der staatlich geprüfte Elektrotechniker. „Vor ein paar Tagen war mal ein Feuerfehlalarm im Mittelbau, da waren wir auch nachts um drei noch unterwegs. Wir haben eben auch die besten Orts­kenntnisse.“

Mit „wir“ meint der 38-Jährige vor allem auch seinen Vater. Als der Elektriker Gerhard Jakob 1991 nach der Wende seine Heimat Rumänien verließ, musste er in Deutschland nochmal ganz von vorne anfangen. 1992 landete er durch einen glücklichen Zufall an der Universität Mannheim und repariert seitdem alles, was eine Stromzufuhr hat. „Schon mit zwölf Jahren war mein Sohn Dietmar mit dabei und hat mir geholfen“, erzählt der 66-Jährige Rentner, der jetzt nur noch gelegentlich in der Firma mithilft. „Aber wenn ich mal nicht weiter weiß, frag ich natürlich meinen Vater. Er kennt wirklich jedes Kabel an dieser Uni“, sagt Sohn Dietmar und lacht.

Obwohl Retis die gesamte Haustechnik der Universität Mannheim instand hält – von Steckdosen, über kaputte Jalousien bis zu Bewegungs­meldern – ist Beleuchtungs­technik eines ihrer Spezialgebiete. An der Universität reparieren, modernisieren und bauen sie Lampen und Leuchten nicht nur ein, sondern beraten auch bei der Auswahl. Auf die Spezial-LED-Leuchten im Schlossmuseum, die dafür sorgen, dass die jahrhundertealten und sehr UV-empfindlichen Wandteppiche noch lange erhalten bleiben, ist Dietmar Jakob besonders stolz. „Damit waren wir sogar in der Zeitung, die Restauratoren waren begeistert. Auch die Bodenleuchten auf dem Ehrenhof haben wir eingebaut. Ich finde, das sieht nachts wunderschön aus“, schwärmt Dietmar Jakob, der sich mit seiner Firma in der Region und über Deutschland hinaus einen Namen gemacht hat. Aufträge bekommt er auch von der baden-württembergischen Landes­vertretung bei der Europäischen Union in Brüssel.In einem Hörsaal in B6 stehen zwei seiner Mitarbeiter auf einem hohen Gerüst und tauschen Deckenleuchten in schwindelerregender Höhe aus. Und auch wer schon mal auf einer Schneckenhoffete war, kennt die Lampen von Retis. „Hier vor der Toilette, die zum Schneckenhof führt, haben wir schlagfeste Leuchten eingebaut, die auch in Gefängnissen verwendet werden, falls nach einer Fete mal randaliert wird“, sagt Jakob. „Wir denken an alle Eventualitäten.“

Auf jedes Detail müssen auch die Männer von der Logistikfirma Gottschalk achten. Ohne sie würde kein Uni-Mitarbeiter von einem Büro ins nächste ziehen können. Und weil eigentlich ständig irgendetwas an der Universität von A nach B bewegt werden muss, ist der Gottschalk-Laster fester Bestandteil des Campus. An mindestens drei Tagen pro Woche ist das Kernteam aus vier Leuten plus Helfer im Einsatz. „Manchmal sind wir auch die ganze Woche da, zum Beispiel, wenn wieder große Renovierungs­arbeiten im Schloss anstehen und dazu ganze Abteilungen oder Fakultäten in die Ausweichbüros im Kaiserring ziehen müssen“, sagt Erdal Delibas. „So alle drei bis vier Monate steht ein großer Umzug an.“ Dann heißt es, Fahrzeuge und zusätzliche Monteure organisieren, alles muss akribisch geplant werden. Dann werden Schreibtische, Schränke, Bürostühle und mit Ordnern vollgepackte Umzugskisten geschleppt. Nicht immer ist das einfach. Erst kürzlich musste das Gottschalk-Team in einem Altbau in L4 ein Büro im vierten Stock umziehen – ohne Aufzug. „Wir haben die Schränke auf dem Rücken die Wendeltreppe hin­untergetragen und mussten dabei natürlich auch noch aufpassen, dass weder an dem Altbau noch am Inventar etwas kaputt geht“, erzählt Delibas. „Da mussten wir unten mal kurz fünf Minuten Pause machen. So etwas kommt aber zum Glück nur selten vor.“

Auch im vergangenen Jahrhundertsommer hat die Truppe gelitten. Möbel schleppen bei bis zu 40 Grad – ein Knochenjob. „An manchen Tagen merkt man es einfach körperlich, egal wie lange man diese Arbeit schon macht“, sagt Delibas, der seit zehn Jahren für Gottschalk arbeitet und seit zwei Jahren zum festen Team an der Uni gehört. Der Job gefällt ihm und seinen Kollegen. „Wir fangen um acht an und können um vier nach Hause – Überstunden sind selten. Andere Kollegen haben da Umzüge in ganz anderer Größenordnung zu bewältigen“, sagt Sascha Winterott, der den Lastwagen für das Team fährt. Wiebei allen Fremdfirmen, schreibt die Universität alle drei Jahre neu aus, um die Qualität zu sichern. „Wir sind aber guter Dinge, dass wir weiter hierbleiben dürfen. Ich denke, wir machen eine gute Arbeit“, fügt Delibas hinzu. Kurz nach vier – ein anstrengender Arbeits­tag an der Universität geht für das Gottschalk-Team mal wieder zu Ende. Und der Lastwagen verschwindet vom Campus. Sascha Winterott nimmt ihn mit nach Hause und parkt ihn bei sich vor der Wohnung, bis er morgen wieder zurückkommt.

Text: Nadine Diehl / Oktober 2019