„Ich bin ein schwarzes Schaf – im doppelten Sinne!“

Selbst geschrotetes Malz, Bitterhopfen, zitronig-fruchtiger Aromahopfen – wer Sarah Fent lauscht, der versteht rasch, dass das Bierbrauen eine ganz eigene Wissenschaft für sich ist. Was als Corona-Hobby startete, ist mittlerweile zum Start-up-Unternehmen geworden und die Mannheimer Germanistik-Studentin zu einer der wenigen selbständigen Bierbrauerinnen Deutschlands.

Mußbach. Ein idyllisches Weindorf in der Vorderpfalz, umringt von der malerischen Rebenlandschaft, von sonnenverwöhnten Weinbergen. 17 Weingüter zählt die Gemeinde und knapp 4000 Einwohnerinnen und Einwohner. Eine dieser Einwohnerinnen ist Sarah Fent und wer zu ihr möchte, der fährt durch die sich schlängelnde Hauptstraße Mußbachs – über der Gasse hangeln sich die Weinblätter an eigens für sie gespannte Seilen entlang, an den Häusern prangen auf goldverzierten Schildern die Namen der ansässigen Weinkellereien. „Genau aus dem Grund heißt mein Bier ‚Miss Blacksheep‘! Weil ich im doppelten Sinn das sprichwörtliche schwarze Schaf bin – zum einen als Frau in der Branche und zum anderen als Bierbrauerin in einer Weinregion“, beginnt die 23-jährige ihre Geschichte zu erzählen und strahlt selbstbewusst.

Durch den Ausfall des Präsenz­unterrichts an der Uni hatte sie während des Lockdowns auf einmal zwei Stunden mehr Zeit pro Tag und versuchte die zu füllen: „Damit mir nicht die Decke auf den Kopf fällt, habe ich neue Dinge ausprobiert. Ich habe Essig selbst gemacht, ich habe gebacken, gekocht. Ich habe sogar angefangen, zu häkeln. Einfach nur, um mich zu beschäftigen – von Bier war da noch keine Rede“. Zwei Lockdowns und einen Schottland-Urlaub später allerdings, sollte sich das ändern. Urige Pubs mit sechs, sieben Zapfhähnen und immer auch lokalen Bieren auf der Karte, die Vielfältigkeit der verschiedenen Sorten im Gaumen, die Geheimnisse der Braukunst wie sie bei den Brauereiführungen angedeutet werden – mit einem Mal packte die gebürtige Pfälzerin die Leidenschaft. „Noch in Schottland begann ich zu googeln: Wie macht man Bier? Und bestellte dann noch von der Insel aus all die Sachen, die ich zum Brauen brauchen würde, zu mir nach Hause“, erzählt die Studentin. Im Keller in Mußbach machte sie sich dann ans Werk – ausgestattet mit einem alten Schlachtkessel des Onkels, dem Grillthermometer des Vaters und einem Gasbrenner braute sie ihr erstes Bier.  

An neuen Biersorten tüftelt Sarah auch heute noch am liebsten im heimischen Keller, mittlerweile allerdings mithilfe ihres eigenes Brauautomats. Und auch sonst hat die Leidenschaft für das Brauen in ihrem Leben einiges bewegt. „Dass aus dem Hobby ein Start-up wurde, das verdanke ich einem Kurs an der Uni“, lacht Sarah. Für das Seminar „Social Media Management für Akteure mit wenig Budget“ zieht sie ihr Bier damals nämlich probeweise als Marke auf und startet das Marketing auf Instagram. Mit Erfolg. Das Craftbeer aus dem Weindorf kommt gut an, der fruchtig-zitronige „Pfälzer Lusthopfen“ – ein vom englischen Bierstil inspiriertes Pale Ale – schmeckt den Followerinnen und Followern und Miss Blacksheep Bier wird zum Unternehmen.

Der 30 Liter-Brauautomat reicht für die Verkaufsproduktion längst nicht mehr aus und schon allein wegen des Reinheitsgebots braut Sarah mittlerweile in einer Mietbrauerei bei Heidelberg. Dort ist sie die erste Frau, die in den riesigen Kesseln ihren eigenen 700 Liter-Sud ansetzt und bislang auch die einzige. Obwohl sie gerade im Netz auch immer wieder Gegenwind bekommt und Anfeindungen ausgesetzt ist, gibt die Pfälzerin nicht auf: „Mir ist wichtig zu kommunizieren, dass Bier ein Getränk für jeden ist. Die Sortenvielfalt ist immens, da ist für alle etwas dabei. Ein Hazelnut-Cocos-Stout schmeckt süß und ganz anders als ein zitroniges Pale Ale und das wiederum unterscheidet sich enorm von einem herben Kellerpils. Wieso soll Bier nur etwas für Männer sein, die gerne Fußball schauen?“ Unter ihren Instagram-Posts findet sich ein Hashtag immer wieder, und der lautet: #bierkenntkeingeschlecht.

Widerstände spornen sie an, beteuert die Studentin, das sei schon immer so gewesen. „Ich mag es, das schwarze Schaf zu sein und zu zeigen, was alles möglich ist, wenn man sich traut und nicht versteckt“, schmunzelt Sarah. Ihr Traum in ferner Zukunft? Ganz klar: Ein eigenes kleines BrewPub mitten in Neustadt an der Weinstraße!  

Text: Jule Leger / Oktober 2022