Der „Koal-O-Mat“ für Brandenburg und Sachsen: Themen­spezifische Mehrheiten als Alternative zu zerstrittenen Regierungs­bündnissen

Die Mannheimer Politik­wissenschaft­ler PD Dr. Christian Stecker und Dr. Thomas Däubler zeigen die Bündnisoptionen in Brandenburg und Sachsen vor den Landtagswahlen auf: Warum die kommende Regierungs­bildung in beiden Bundes­ländern so schwer sein könnte wie nie zuvor.

Pressemitteilung vom 27. August 2019
Druckversion (PDF)

Bei den kommenden Landtagswahlen am 1. September 2019 dürften sowohl die rot-rote Koalition in Brandenburg als auch Schwarz-Rot in Sachsen die Regierungs­mehrheit verlieren. Die Politik­wissenschaft­ler PD Dr. Christian Stecker und Dr. Thomas Däubler vom Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung (MZES) der Universität Mannheim haben ermittelt, welche Koalitionen in den beiden Ländern künftig mehr oder weniger gut funktionieren könnten. Als Datenbasis dient den Wissenschaft­lern die bekannte Online-Anwendung des Wahl-O-Mats.

Der Wahl-O-Mat gleicht die Position eines Nutzers zu 38 politischen Themen mit den entsprechenden Positionen der Parteien ab und zeigt so, welcher Partei man inhaltlich am nächsten steht. „Wir haben anhand der Antworten der Parteien auf die Wahl-O-Mat-Thesen analysiert, wie groß die inhaltlichen Schnittmengen verschiedener Parteienbündnisse ausfallen. Aus dem Wahl-O-Mat entsteht so ein Koal-O-Mat“, erklärt Christian Stecker.

Regierungs­bildung in Sachsen: So schwer wie nie zuvor seit der Wiedervereinigung

Die schwarz-rote Koalition in Sachsen wird voraussichtlich die absolute Mehrheit im Landtag verlieren und weniger als 40% der Wählerstimmen auf sich vereinen können. Damit eröffnet sich die Frage nach alternativen Koalitions­bildungen. Neben den sinkenden Wählerstimmen für die CDU und SPD ist derzeit prognostiziert, dass die AfD mehr als ein Viertel der Sitze im Dresdner Landtag erobert. „Das Spektrum links der AfD ist in der Gesamtheit aber so heterogen, dass eine funktionierende Koalition aus vier Parteien kaum vorstellbar ist“, stellen Christian Stecker und Thomas Däubler fest.

In Sachsen scheinen die meisten Koalitions­bündnisse mit einer absoluten Mehrheit deshalb als kaum handlungs­fähig. So weist eine Verbindung zwischen CDU, SPD und den Grünen weniger als 25% an Gemeinsamkeiten auf. In einem Bündnis dieser drei Parteien mit der Linken sinkt dieser Anteil sogar auf unter 15%. Die beiden Wissenschaft­ler fassen für Sachsen folgende Entwicklung zusammen: „Man kann mit großer Sicherheit von einer Zweiteilung zwischen einerseits programmatisch relativ homogenen aber rechnerisch bzw. politisch unrealistischen Bündnissen (R2G, AfD/CDU, CDU/SPD) und andererseits eher vorstellbaren aber konfliktären Konstellationen sprechen“.

Brandenburg: Inhaltliche Schnittmengen verschiedener Regierungs­optionen

Verglichen mit Sachsen dürfe sich die traditionelle Regierungs­bildung in Brandenburg einfacher gestalten, sofern die Grünen ihrem bundes­weiten Trend folgen und ein gutes Wahlergebnis erlangen. In dieser Konstellation dürfte ein Bündnis zwischen SPD, Linken und den Grünen am wahrscheinlichsten sein. Verfehlt diese Verbindung eine absolute Mehrheit, steht eine Regierungs­bildung in Brandenburg aber ebenfalls vor großen Herausforderungen.

Alternative zum Koalitions­korsett: Themen­spezifische Mehrheiten

Da die zu erwartenden Mehrheits­verhältnisse in Brandenburg und Sachsen das Regieren sehr schwer machen werden, appellieren die Politik­wissenschaft­ler an die Parteien, auch neue Kooperations­formen zu erwägen. „Es ist zwar eine seit Adenauer eingeübte Routine aber kein Naturgesetz, dass sich Koalitions­partner einem absoluten Kompromisszwang unterwerfen und die Opposition bei der Suche nach Kompromissen völlig außer Acht lassen. Parteien können sich auch aus dem starren Gegensatz von Regierung und Opposition lösen und je nach Sachfrage unterschiedliche Mehrheiten bilden“, so Stecker. Die Wissenschaft­ler verweisen hierzu einerseits auf das Konzept einer Minderheitsregierung nach skandinavischem Vorbild und andererseits auf innovative Koalitions­abkommen, die es den Koalitions­partnern ermöglichen, bestimmte politische Themen vom Koalitions­zwang auszuklammern.

Weitere Informationen und Kontakt:

Die vollständige Analyse der Wissenschaft­ler inkl. grafischer Darstellungen steht hier zur Verfügung:https://www.mzes.uni-mannheim.de/publications/misc/koalomat_ltws2019.html

PD Dr. Christian Stecker
Projektleiter
Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung (MZES)
Universität Mannheim
Telefon: +49-621-181-2855
E-Mail: Christian.Steckermail-mzes.uni-mannheim.de
https://www.mzes.uni-mannheim.de/d7/de/profiles/christian-stecker

Hannah Laumann / Jana Paasch
Presse- und Öffentlichkeits­arbeit
Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung (MZES)
Universität Mannheim
Telefon: +49-621-181-2828 / -2840
E-Mail: mzes-kommunikationmail-uni-mannheim.de 
www.mzes.uni-mannheim.de