Nachhaltigkeit wird für deutsche Unter­nehmen immer wichtiger

In mehr als der Hälfte der Unter­nehmen ist das Thema Nachhaltigkeit mittlerweile beim Vorstand oder der Geschäftsführung angesiedelt. Aber nicht nur in Bezug auf die Positionierung, auch inhaltlich gewinnt das Thema an Bedeutung. Das sind die zentralen Ergebnisse einer Befragung des Lehr­stuhls für nachhaltiges Wirtschaften der Universität Mannheim, der Bertelsmann Stiftung und der Peer School for Sustainable Development unter Nachhaltigkeits­verantwortlichen in Unter­nehmen.

Pressemitteilung vom 26. November 2021
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Dreiviertel der befragten Nachhaltigkeits­verantwortlichen versichert, ihr Thema sei im Unter­nehmen „viel wichtiger“ geworden. In 55 Prozent der befragten Unter­nehmen ist das Thema Nachhaltigkeit mittlerweile direkt beim Vorstand angesiedelt. Doch trotz der gestiegenen Bedeutung scheint das Thema noch nicht umfassend etabliert. Nur eine der befragten Personen erklärt, das Thema sei „voll und ganz in allen Bereichen verankert“. Immerhin hat die Corona-Pandemie den Budgets für Nachhaltigkeit in den Unter­nehmen offenbar wenig anhaben können. Gut die Hälfte der Expertinnen und Experten versichert, das Budget habe sich auch in der Krise nicht verringert. Nur knapp die Hälfte ist allerdings der Meinung, die finanz­iellen Mittel für den eigenen Bereich seien ausreichend.

An dieser ersten Befragung haben sich 51 Nachhaltigkeits­managerinnen und -manager aus großen Unter­nehmen beteiligt. Künftig soll die Umfrage jährlich wiederholt werden. Ziel der Partner ist es, einen Blick in den Maschinenraum der nachhaltigen Trans­formation zu werfen. Mit dieser Befragung, dem Sustainability Management Monitor, soll die nachhaltige Trans­formation der Unter­nehmen evidenz­basiert begleitet werden.

Nachhaltigkeit wird auch von außen forciert
Mehr als Dreiviertel der Nachhaltigkeits­verantwortlichen (78 Prozent) berichtet, dass das Thema Nachhaltigkeit im eigenen Unter­nehmen stark von außen forciert wird. Als „eher wesentlich“ oder „sehr wesentlich“ stufen die Befragten den Einfluss von Geschäftskundinnen und -kunden ein. Ungefähr ebenso viel Gewicht hat auch das Wort der Vorstandsetage. An dritter Stelle der Nachhaltigkeits­treiber folgt die politische Regulierung (70 Prozent). Dies unter­stützt die Annahme, dass die politische Regulierung großer Unter­nehmen zu einem sogenannten „Trickle-Down-Effekt“ führt. „Wenn einige große Unter­nehmen bestimmten Trans­parenzpflichten unter­liegen, werden diese Standards auch innerhalb der Wertschöpfungs­kette weitergereicht“, erklärt Jakob Kunzlmann, Wirtschafts­experte der Bertelsmann Stiftung.

Den Sustainable Finance Action Plan der EU mit der EU-Taxonomie, die ausgeweiteten nachhaltigkeits­bezogenen Berichtspflichten, sowie das Lieferkettengesetz schätzen die Nachhaltigkeits­verantwortlichen als besonders wichtig ein, befürchten aber auch zusätzliche Kosten und Bürokratie.

Dass die Trans­formation nicht schneller funktioniert, liegt nach Meinung von mehr als der Hälfte der Befragten vor allem an zu hohen Kosten und fehlenden Ressourcen (54 Prozent). Knapp die Hälfte hält zu wenige Markt­anreize für ein Problem, das nächste Hemmnis ist demnach eine zu geringe Nachfrage. Viele Unter­nehmen verstehen dies als Markt­chance, sagt Alexander Kraemer, Mitgründer und Mitglied des Vorstands der Peer School: „Viele Angebote, Dienstleistungen und Produktinnovationen werden gerade erst entwickelt, getestet oder skaliert. Wir stehen am Anfang der Startbahn für eine nachhaltige Trans­formation. Wir laufen uns gerade erst richtig warm.“

Dekarbonisierung und Vermeiden von Emissionen sind wichtige Ziele
In ihrem Bemühen um Nachhaltigkeit setzen die Nachhaltigkeits­verantwortlichen deutliche Prioritäten. Das Vermeiden von Emissionen und die Dekarbonisierung der Unter­nehmens­prozesse schätzen sie als besonders wichtig ein. Knapp 85 Prozent der Befragten sehen diese Themen als „wesentlich“ oder „sehr wesentlich“ an. Dass diese Anforderungen zugleich auch für Verunsicherung sorgen, ist keine Über­raschung: „Das ist ein Umbau bei laufendem Motor“, sagt Laura Marie Edinger-Schons, Professorin für nachhaltiges Wirtschaften an der Universität Mannheim. „Es gibt so viel neue Regulierung und Methoden wie noch nie beim Thema Nachhaltigkeit. Dies erfordert gänzlich neue Management-Kompetenzen und Prozesse, insbesondere bei Unter­nehmen, die die Relevanz des Themas erst spät erkannt haben.“

Informationen zum Sustainability Management Monitor
Der Sustainability Management Monitor ist ein Baustein des Projekts der Bertelsmann Stiftung zur „Nachhaltigen Sozialen Markt­wirtschaft“. Ziel ist es, mithilfe einer sich jährlich wiederholenden Befragung von Nachhaltigkeits­managerinnen und -managern in Unter­nehmen Einblicke in Veränderungs­prozesse zu gewinnen. Der Monitor will Wirkmechanismen und Effekte aufzeigen, um die notwendigen Rahmenbedingungen und Steuerungs­hebel für eine klimaneutrale und ressourcenschonende Wirtschaft so zu adressieren, dass sie wettbewerbs­fähig bleibt, negative soziale Folge­wirkungen bestmöglich ausgleicht und breite Teilhabe­chancen bietet. Die Partnerstruktur soll ab 2022 sukzessive erweitert und das Panel vergrößert werden.

Kontakt:
Prof. Dr. Laura Marie Edinger-Schons
Lehr­stuhl für nachhaltiges Wirtschaften
Universität Mannheim
E-Mail: schonsmail-uni-mannheim.de

Katja Bauer
Stellv. Pressesprecherin
Universität Mannheim
Tel: +49 621 181-3597
E-Mail: katja.bauermail-uni-mannheim.de