Pressemitteilung vom 11. April 2022
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Kürzlich war es noch Science-Fiction, jetzt ist es alltäglich: Das Smartphone erkennt das Gesicht seines Besitzers. Aber können elektronische Geräte auch schon bald unsere Emotionen lesen? Dieser Frage sind Mannheimer Psychologinnen und Psychologen um Prof. Dr. Georg W. Alpers und Dr. Tim Höfling in einer Reihe von Studien nachgegangen. Sie haben in interdisziplinären Kooperationen mit anderen Hochschulen eine Serie von Experimenten durchgeführt und in vier internationalen Zeitschriften veröffentlicht, in der die Messgenauigkeit dieser innovativen Technologie überprüft und deren Potentiale für verschiedene Anwendungen ausgelotet wurde. Während die Technologie intensive und besonders standardisierte Gesichtsausdrücke sehr gut erkennt, bleibt bisher offen, ob auch natürlichere emotionale Reaktionen in Gesichtern gut gemessen werden können.
Die Forschenden konnten zeigen, dass Algorithmen spezialisierter Software auch weniger standardisierte emotionale Gesichtsausdrücke, die von Schauspielerinnen und Schauspielern dargestellt wurden, beinahe so gut wie Menschen erkennen können (1). Wenn normale Menschen – und keine Schauspielerinnen und Schauspieler – in einem typischen Laborsetting intensive Gesichtsausdrücke darstellten, funktionierte es ähnlich gut (2). Selbst spontane emotionale Reaktionen zum Beispiel als Reaktion auf ein angenehmes Bild können gemessen und ausgewertet werden (3).
Allerdings erkennt die Maschine längst nicht alles: Algorithmen sind noch nicht empfindlich genug, um schwache emotionale Reaktionen zu erkennen – erst recht nicht, wenn Menschen ihre mimische Reaktion kontrollieren oder unterdrücken. Solche emotionalen Reaktionen, bleiben für die Software bisher unerkannt und sind nur im biopsychologischen Labor mittels einer direkten Ableitung von Gesichtsmuskeln messbar (4).
Die Studien zeigen, dass die aufstrebende Technologie der Mimikerkennung ein großes Potential für die psychologische Forschung und ihre Anwendungsfelder hat. So könnten künftig Forschende ohne eine aufwändige Befragung oder Beobachtung ihrer Probanden und Patientinnen und Patienten Gefühlsausdrücke am Gesicht ablesen. Dies ist besonders interessant für sensible Patientengruppen, bei denen eine aufwendige Verkabelung schwierig ist. Die Technologie ist auch für die Online-Forschung geeignet, die gerade in Zeiten einer Pandemie besonders bedeutsam ist.
Allerdings zeigen die Studien auch die Grenzen der Technologie auf: „So lange die Empfindlichkeit der Computerprogramme noch begrenzt ist, können etabliertere Forschungsmethoden noch nicht ganz ersetzt werden“, resümiert Studienleiter Höfling. Die Forschenden machen zudem darauf aufmerksam, dass ethische Aspekte nicht übersehen werden dürfen, da solche Algorithmen auch missbräuchlich für wirtschaftliche oder politische Interessen eingesetzt werden könnten.
Weitere Informationen:
Kontakt:
Dr. Tim Höfling
Lehrstuhl für Klinische und Biologische Psychologie und Psychotherapie
Universität Mannheim
E-Mail: thoeflin mail.uni-mannheim.de
Prof. Dr. Georg W. Alpers
Lehrstuhl für Klinische und Biologische Psychologie und Psychotherapie
Universität Mannheim
E-Mail: alpers uni-mannheim.de
Yvonne Kaul
Forschungskommunikation
Universität Mannheim
E-Mail: kaul uni-mannheim.de