GBP-Monitor: Krisenstimmung trotz steigender Gewinne – unzureichende Staats­hilfen bergen Gefahren für Wirtschaft und Gesellschaft

Gute Nachrichten zum Jahresbeginn: Die Lage der Unternehmen hellt sich deutlich auf. Laut Februar-Bericht des German Business Panel (GBP) steigen neben Umsätzen und Investitionen auch die Gewinne wieder. Dennoch ist die Krise nicht überstanden: In den sogenannten Krisenbranchen, zu denen viele Unternehmen des Mittelstands zählen, liegt das Risiko einer Betriebs­schließung im Januar immer noch bei 20 Prozent. Darüber hinaus geben fast 30 Prozent der Unternehmen an, dass die momentan bereitstehenden staatlichen Hilfen nicht ausreichen, um die Krise zu überstehen. Die Folgen sind gesamtwirtschaft­lich bedeutsam. Denn die Studie zeigt: Die betreffenden Unternehmen neigen stärker dazu, Investitionen für Forschung und Entwicklung zu kürzen, Arbeits­plätze abzubauen und Preise zu erhöhen – und sie halten die staatlichen Einschränkungen deutlich seltener für gerechtfertigt.

Pressemitteilung vom 15. Februar 2022
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Seit Ende September befragt das German Business Panel an der Universität Mannheim Unternehmen in Deutschland, welche Veränderungen sie bei Umsätzen, Gewinnen und Investitionen erwarten. Die Daten vom Januar 2022 zeigen, dass sich die Omikron-Welle nicht nur hinsichtlich des Krankheitsverlaufs, sondern auch auf die betriebs­wirtschaft­liche Situation der Unternehmen milder auswirkt als die vorangegangenen Infektions­wellen. Umsätze und Investitionen sind im Vergleich zum Vorjahresmonat deutlich gestiegen (plus 9,08 bzw. 7,58 Prozent). Darüber hinaus erwarten die Unternehmer für das neue Jahr 2022 im Schnitt nun auch wieder steigende Gewinne (plus 1,85 Prozent).

Obwohl sich die betriebs­wirtschaft­lichen Kennzahlen zu Jahresbeginn im Mittel deutlich erholt haben, ist die Unsicherheit am Markt unverändert hoch. Der Anteil an Unternehmen, die nach Einschätzung von Wettbewerbern aus derselben Branche innerhalb des kommenden Jahres aus der Geschäfts­tätigkeit ausscheiden, liegt im Januar bei 13,3 Prozent. Besonders kritisch bleibt die Lage für Unternehmen, die bereits von Ladenschließungen im Zuge des Teil-Lockdowns im November und Dezember 2020 betroffen waren. Im Vergleich zum Dezember 2021 ist die erwartete Ausfallwahrscheinlichkeit in den betreffenden Branchen zwar zurückgegangen, dennoch liegt sie zu Jahresbeginn immer noch bei 20,1 Prozent.

Die staatlichen Hilfs­programme sehen viele Unternehmen kritisch. Im Januar 2022 gaben mehr als 28 Prozent der Unternehmen an, dass die derzeit verfügbaren staatlichen Hilfen nicht ausreichen, um die Corona-Krise zu überstehen. Weitere 28 Prozent konnten diese Frage nicht eindeutig beantworten. „Die Unternehmen können sich momentan nicht auf einen klaren Fahrplan aus der Pandemie verlassen. Die Unsicherheit durch die gesundheitliche und wirtschaft­liche Entwicklung, aber auch durch die Politik bleibt hoch“, resümiert Dr. Davud Rostam-Afschar, der akademische Leiter des GBP.

Eine eingehende Analyse zeigt, dass unzureichende staatliche Hilfen auch direkte Aus­wirkungen auf unternehmerische Entscheidungen haben. Unternehmen, die angeben, zusätzliche staatliche Hilfen zu benötigen, planen im Vergleich zu Unternehmen mit ausreichender staatlicher Unterstützung eher, Ausgaben für Forschung und Entwicklung zu kürzen, Fixkosten zu senken und Preise zu erhöhen. „Die betreffenden Unternehmen treffen zunehmend Entscheidungen zugunsten einer sofortigen Liquiditätssicherung, die jedoch eindeutig auf Kosten der Zukunft geht“, erklärt Prof. Dr. Jannis Bischof, Inhaber des Lehr­stuhls für ABWL und Unternehmens­rechnung an der Universität Mannheim und wissenschaft­licher Projektleiter des GBP. „Sie investieren weniger, bauen Arbeits­plätze ab und erhöhen die Preise. Mittelfristig kann das auch gesamtwirtschaft­liche Folgen haben. Das sollte die Politik bedenken, wenn sie darüber entscheidet, wie die Staats­hilfen über den Sommer 2022 weitergeführt werden.“

Unternehmen, die weiterer Unterstützung bedürfen, sind außerdem mit der Wirtschafts- und Coronapolitik der Bundes­regierung deutlich un­zufriedener. „Die Un­zufriedenheit mit den staatlichen Hilfen stellt somit eine reale Gefahr für die Akzeptanz der Corona-Maßnahmen dar. Auch dies zeigen unsere Daten. Wenn Unternehmen fürchten, dass die aktuellen Hilfen nicht ausreichen, um die Krise zu überleben, halten sie die Einschränkungen des öffentlichen Lebens während der Omikron-Welle deutlich seltener für gerechtfertigt“, ergänzt Bischof.

Den „GBP-Monitor: Unternehmens­trends im Februar 2022“ finden Sie hier.

Weitere Informationen zum GBP-Monitor
Das German Business Panel befragt monatlich mehr als 800 Unternehmen zur Unternehmens­lage in Deutschland und erhebt dabei Daten zu 1) erwarteten Umsatz-, Gewinn- und Investitions­änderungen, 2) unternehmerischen Entscheidungen, 3) der erwarteten Ausfallwahrscheinlichkeit in der Branche und 4) der Zufriedenheit mit der Wirtschafspolitik. Zudem wird jeden Monat zu besonders aktuellen Fragen berichtet. In diesem Monat haben wir den Unternehmen unter anderem die folgende Frage gestellt: Reichen die momentan bereitstehenden staatlichen Hilfen zur Bedarfsdeckung und zum Fortbestand über die Krise hinaus aus?

Hintergrund­informationen zum German Business Panel
Das German Business Panel ist ein langfristiges Befragungs­panel des DFG-geförderten überregionalen Projektes „Accounting for Transparency“ (www.accounting-for-transparency.de).

Der Sonderforschungs­bereich (SFB) „TRR 266 Accounting for Transparency“ startete im Juli 2019 und wird von der Deutschen Forschungs­gemeinschaft (DFG) für zunächst vier Jahre gefördert. Er ist der erste SFB mit betriebs­wirtschaft­lichem Schwerpunkt. Am SFB sind rund 100 Wissenschaft­lerinnen und Wissenschaft­ler von neun Universitäten beteiligt: Universität Paderborn (Sprecherhochschule), Humboldt-Universität zu Berlin und Universität Mannheim, zudem Forscherinnen und Forscher von der Ludwig-Maximilians-Universität München sowie der ESMT Berlin, Frankfurt School of Finance & Management, Goethe-Universität Frankfurt am Main, WHU – Otto Beisheim School of Management, und Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. Die Forscherinnen und Forscher untersuchen, wie Rechnungs­wesen und Besteuerung die Transparenz von Unternehmen beeinflussen und wie sich Regulierungen und Unternehmens­transparenz auf Wirtschaft und Gesellschaft auswirken. Das Fördervolumen des SFBs beträgt rund 12 Millionen Euro.

Kontakt
Prof. Dr. Jannis Bischof
Lehr­stuhl für ABWL und Unternehmens­rechnung
Universität Mannheim
Tel: +49 621 181-1630
E-Mail: jbischofmail-uni-mannheim.de

Yvonne Kaul
Forschungs­kommunikation
Universität Mannheim
Tel: +49 621 181-1266
E-Mail: kaulmail-uni-mannheim.de