GBP-Monitor: Kostendruck steigt – 86% der Einzelhändler planen weitere Preiserhöhungen

Rund drei Monate nach Beginn des Ukraine-Kriegs erholen sich die betriebs­wirtschaft­lichen Kennzahlen deutscher Unternehmen wieder. Das zeigt der Juni-Bericht des German Business Panel (GBP). Belastet werden Unternehmen derzeit jedoch durch den anhaltenden Kostendruck, den sie wiederum an ihre Kunden weitergeben. Aktuell geben mehr als drei von vier Unternehmen an, die Preise in den kommenden zwölf Monaten erhöhen zu wollen. Unternehmen, die von Energiekosten oder Lieferketten­problemen betroffen sind und im Zuge eines möglichen Gas-Embargos zusätzliche finanz­ielle Belastungen erwarten, erhöhen ihre Preise deutlich häufiger. Die Zustimmung für ein Gas-Embargo sinkt zunehmend.

Pressemitteilung vom 15. Juni 2022
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Nachdem die betriebs­wirtschaft­lichen Erwartungen von Unternehmen in Deutschland nach Kriegsausbruch in der Ukraine eingebrochen sind, ist der Abwärtstrend zunächst aufgehalten. Die Gewinn-, Umsatz- und Investitions­erwartungen erholen sich gegenüber ihrem April-Tief deutlich. Unternehmen rechnen sogar damit, dass Investitionen und Umsätze in diesem Jahr weiter steigen werden. Belastet wird die betriebs­wirtschaft­liche Situation allerdings durch die anhaltenden Liefer­probleme und den daraus entstehenden Kostendruck. Den geben Unternehmen zunehmend an ihre Kunden weiter: Immer mehr Unternehmen planen ihre Preise weiter zu erhöhen. Das zeigt der Juni-Bericht des German Business Panel (GBP). Das GBP an der Universität Mannheim befragt Unternehmen in Deutschland auf täglicher Basis, welche Veränderungen sie bei Umsätzen, Gewinnen sowie Investitionen erwarten – und berichtet jeden Monat zu aktuellen Fragen.

Preiserhöhungen: insbesondere im Handel und Verarbeitenden Gewerbe
Laut dem aktuellen GBP-Bericht ist insbesondere im Handel und Verarbeitenden Gewerbe der Anteil an Unternehmen, die ihre Preise erhöhen, über­durchschnittlich hoch. In diesen Wirtschafts­zweigen gaben zuletzt jeweils mehr als 85 Prozent der Unternehmen (deutschland­weiter Durchschnitt: 76 Prozent) an, ihre Preise in den kommenden zwölf Monaten anheben zu wollen. Im Baugewerbe ging dieser Anteil hingegen zuletzt deutlich zurück und liegt aktuell auf Niveau des deutschland­weiten Durchschnitts. „Da die Zinsen aktuell steigen, können die höheren Finanzierungs­kosten derzeit zu einer geringeren Nachfrage führen und die Preise drücken“, erklärt Thomas Simon, akademischer Mitarbeiter des GBP an der Universität Mannheim.

Insbesondere die steigenden Energiekosten sind es, die Unternehmen derzeit zu Preiserhöhungen bewegen. Während nur 48,5 Prozent der Unternehmen, die nicht oder nur indirekt von den Folgen des Kriegs betroffen sind, planen, ihre Preise anzuheben, gilt dies bei Unternehmen, die von den steigenden Energiekosten besonders belastet sind, für 73 Prozent. Störungen der Lieferketten sowie Beeinträchtigungen der eigenen Geschäfte in der Ukraine und Russland erhöhen die Wahrscheinlichkeit für Preiserhöhungen um bis zu 10 weitere Prozentpunkte.

Mögliches Gas-Embargo zeigt bereits jetzt Wirkung
Die neuen Daten des GBP zeigen zudem: Auch das mögliche Erdgas-Embargo gegenüber Russland scheint sich auf die betriebliche Preisplanung auszuwirken. Unternehmen, die Erdgas direkt in der eigenen Produktion oder entlang der Lieferkette einsetzen, erhöhen ihre Preise deutlich häufiger als Unternehmen, die nicht auf Erdgaslieferungen angewiesen sind oder diesen Rohstoff lediglich für Heizzwecke nutzen. „Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Unternehmen mit einer hohen Abhängigkeit von Rohstoffen aus Russland bereits jetzt, das heißt ohne konkrete Beschlüsse, auf ein mögliches Erdgas-Embargo mit einer Anpassung ihrer betriebs­wirtschaft­lichen Planung reagieren“, erklärt Prof. Dr. Jannis Bischof, Inhaber des Lehr­stuhls für ABWL und Unternehmens­rechnung an der Universität Mannheim.

„Die Belastungen im Zuge der Sanktionen gegen Russland könnten auch ein Grund dafür sein, warum zuletzt immer weniger Unternehmen ein Gas-Embargo befürworten“, so Bischof weiter. Der Anteil an Unternehmen, die ein solches Embargo nicht unterstützen, ist seit Beginn des Ukraine-Kriegs deutlich gestiegen und liegt bei 41% mit ablehnender und 29% mit neutraler Haltung.

Den „GBP-Monitor: Unternehmens­trends im Juni 2022“ finden Sie hier: https://www.accounting-for-transparency.de/wp-content/uploads/2022/06/gbp_monitor_2022_06.pdf

Weitere Informationen zum GBP-Monitor
Das German Business Panel befragt monatlich mehr als 800 Unternehmen zur Unternehmens­lage in Deutschland und erhebt dabei Daten zu 1) erwarteten Umsatz-, Gewinn- und Investitions­änderungen, 2) unternehmerischen Entscheidungen, 3) der erwarteten Ausfallwahrscheinlichkeit in der Branche und 4) der Zufriedenheit mit der Wirtschafspolitik. Zudem wird jeden Monat zu besonders aktuellen Fragen berichtet. In diesem Monat haben wir den Unternehmen unter anderem die folgende Frage gestellt: Bedroht der Ukraine-Krieg deutsche Unternehmen in ihrer Existenz? Welche Belastungen erwarten Entscheidungs­träger der Unternehmen im Zuge dieser neuerlichen Krise? Und wie bewerten sie ein Rohstoff-Embargo?

Hintergrund­informationen zum German Business Panel
Das German Business Panel ist ein langfristiges Befragungs­panel des DFG-geförderten überregionalen Projektes „Accounting for Transparency“ (www.accounting-for-transparency.de).

Der Sonderforschungs­bereich (SFB) „TRR 266 Accounting for Transparency“ startete im Juli 2019 und wird von der Deutschen Forschungs­gemeinschaft (DFG) für zunächst vier Jahre gefördert. Er ist der erste SFB mit betriebs­wirtschaft­lichem Schwerpunkt. Am SFB sind rund 100 Wissenschaft­lerinnen und Wissenschaft­ler von neun Universitäten beteiligt: Universität Paderborn (Sprecherhochschule), Humboldt-Universität zu Berlin und Universität Mannheim, zudem Forscherinnen und Forscher von der Ludwig-Maximilians-Universität München sowie der ESMT Berlin, Frankfurt School of Finance & Management, Goethe-Universität Frankfurt am Main, WHU – Otto Beisheim School of Management, und Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. Die Forscherinnen und Forscher untersuchen, wie Rechnungs­wesen und Besteuerung die Transparenz von Unternehmen beeinflussen und wie sich Regulierungen und Unternehmens­transparenz auf Wirtschaft und Gesellschaft auswirken. Das Fördervolumen des SFBs beträgt rund 12 Millionen Euro.

Kontakt:
Prof. Dr. Jannis Bischof
Lehr­stuhl für ABWL und Unternehmens­rechnung
Universität Mannheim
Tel: +49 621 181-1630
E-Mail: jbischofmail-uni-mannheim.de

Yvonne Kaul
Forschungs­kommunikation
E-Mail: kaulmail-uni-mannheim.de