Unter­nehmens­emissionen verursachen beträchtliche Kosten für die Gesellschaft / Offenlegung könnte helfen, Emissionen zu reduzieren

Die gesellschaft­lichen Kosten von Unter­nehmens­emissionen entsprechen im Schnitt rund 44 Prozent der jeweiligen Unter­nehmens­gewinne. Das zeigt eine neue Studie von Forschenden der Universität Chicago sowie der Graduate School of Economic and Social Sciences (GESS) an der Universität Mannheim und des Sonderforschungs­bereichs TRR 266 Accounting for Trans­parency (TRR 266). Eine verpflichtende Offenlegung der Emissionen würde Daten liefern, die für eine effiziente Klimapolitik und Markt­signale erforderlich sind, und könnte den Druck auf Unter­nehmen erhöhen, ihre Emissionen zu reduzieren.

Pressemitteilung vom 25. August 2023
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Mit der neuen EU-Richtlinie „Corporate Sustainability Reporting Directive“ (CSRD) werden Unter­nehmen ab 2024 dazu verpflichtet, ihre CO2-Emissionen offenzulegen. Ähnliche Berichtspflichten sieht das Vereinigte Königreich vor – und auch die US-Börsenaufsichtsbehörde „Securities and Exchange Commission“ (SEC) wird in diesem Herbst eine entsprechende Regelung zur Offenlegung von Klimadaten verabschieden. Wie kann eine solche Offenlegung helfen, aktuelle Klimaherausforderungen zu bewältigen? Eine neue Studie beziffert die Kosten bzw. Schäden, die der Gesellschaft durch die Emissionen, die Unter­nehmen im Zuge der Produktion erzeugen, entstehen, und erörtert, wie die Offenlegung zu einer Reduktion von Emissionen führen könnte. Die Studie berücksichtigt rund 15.000 börsennotierte Unter­nehmen weltweit.

„Die Offenlegung von Emissionsdaten ist unerlässlich, um Unter­nehmen für ihre Emissionen zur Verantwortung zu ziehen“, so Mitautor Christian Leuz, Charles F. Pohl Distinguished Service Professor of Accounting and Finance an der Booth School of Business der Universität Chicago. „Zu den Vorteilen der Offenlegung von Klimadaten gehört, dass Daten frei zugänglich gemacht werden, die für die Entwicklung einer effektiveren Klimapolitik benötigt werden. Außerdem erhalten die Finanz­märkte so Daten, mit denen sie die Konsequenzen von Unter­nehmens­emissionen besser bewerten können. Und die Maßnahme könnte Unter­nehmen zu freiwilligen Reduktionen anregen.“

CO2-Schäden entsprechen im Durchschnitt etwa 44 Prozent des jeweiligen Unter­nehmens­gewinns
Leuz und seine Mitautorin Patricia Breuer (Universität Mannheim und TRR 266) sowie Mitautor Michael Greenstone (Universität Chicago) zeigen mit ihrer Studie, dass die durchschnittlichen CO2-Schäden von Unter­nehmen hoch sind und etwa 44 Prozent des Unter­nehmens­gewinns ausmachen. Allerdings ist dieser Durchschnitt stark von einigen Unter­nehmen mit sehr großen Emissionen beeinflusst. Im Median sind es nur 3,6 Prozent. Die Autoren betonen, dass es nicht möglich ist, eindeutig zuzuordnen, wie viel Verantwortung für die Schäden bei den Unter­nehmen liegt, die die Produkte herstellen, und wie viel bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern, die die Produkte kaufen. Dennoch bezeichnen die Autoren die Schäden als CO2-Schäden von Unter­nehmen, da die Emissionen aus der Unter­nehmens­produktion stammen.

Mithilfe von Offenlegung könnten die CO2-Schäden reduziert werden
„Eine wichtige Er­kenntnis ist, dass die CO2-Schäden pro Dollar Gewinn zwischen den einzelnen Ländern, Branchen und sogar zwischen den Unter­nehmen einer bestimmten Branche stark variieren“, erklärt Greenstone, Milton Friedman Distinguished Service Professor in Economics und Direktor des Energy Policy Institute an der Universität Chicago (EPIC). „Dies deutet darauf hin, dass eine verpflichtende Offenlegung hohe Emittenten dazu veranlassen könnte, entweder aus eigenem Antrieb oder aufgrund des Drucks der Verbraucherinnen und Verbraucher ihre Emissionen zu reduzieren, um mit umwelt­freundlicheren Wettbewerbern gleichzuziehen.“

Die Autoren haben folglich berechnet, wie stark die Gesamtemissionen der Unter­nehmen sinken würden, wenn alle Unter­nehmen, deren CO2-Schäden pro Dollar Gewinn über dem Median ihrer Branche liegen, ihre CO2-Schäden auf den jeweiligen Median der Branche reduzieren würden. Laut Studie würde das die Emissionen um ungefähr 70 Prozent reduzieren.

Große Unter­schiede zwischen den Ländern
Auch zwischen Ländern variieren die CO2-Schäden stark. Die Länder mit den höchsten durchschnittlichen CO2-Schäden prozentual zum Unter­nehmens­gewinn sind Russland (129,6 Prozent), Indonesien (89,6 Prozent) und Indien (78,8 Prozent).  Die Länder mit den niedrigsten Werten sind das Vereinigte Königreich (21,7 Prozent), die Vereinigten Staaten (25,7 Prozent) und Frankreich (29,5 Prozent). Deutschland wiederum liegt im Mittelfeld. Die durchschnittlichen CO2-Schäden betragen dort etwa 42,5 Prozent.

„Die durch Unter­nehmens­emissionen verursachten Schäden trans­parent zu machen, könnte den Druck der Stakeholder erhöhen und dazu beitragen, die Politik und die Märkte zu informieren“, so Patricia Breuer vom Sonderforschungs­bereich TRR 266 Accounting for Trans­parency, die kürzlich an der Graduate School of Economic and Social Sciences der Universität Mannheim promoviert hat und im September eine Stelle als Juniorprofessorin an der Erasmus-Universität Rotterdam antritt. „Wichtig ist aber auch, dass die Unter­nehmen selbst sowie ihre Aktionäre und Kunden sehen können, wie sie im Vergleich zu ihren Konkurrenten dastehen, und somit strategischer über ihre Emissionen und die damit verbundenen Kosten nachdenken können.“

Zur Originalpublikation: https://www.science.org/doi/10.1126/science.add6815

Kontakt:
Patricia Breuer, M.Sc.
Wissenschaft­liche Mitarbeiterin
Lehr­stuhl für Allgemeine Betriebs­wirtschafts­lehre und Unter­nehmens­rechnung
Universität Mannheim
E-Mail: patricia.breuermail-uni-mannheim.de

Linda Schädler
Leiterin Kommunikation/Pressesprecherin
Universität Mannheim
Tel: 0621 181-1434
E-Mail: schaedlermail-uni-mannheim.de