Neue Ausgabe der Publikations­reihe „MZES Fokus“ untersucht Stigmatisierung von ethnischen Gruppen in deutschen Medien

Die aktuelle Ausgabe der Publikations­reihe MZES-Fokus des Mannheimer Zentrums für Europäische Sozialforschung (MZES) vergleicht die Verwendung explizit und implizit stigmatisierender Sprache in unterschiedlichen Medien.

Pressemitteilung vom 1. Dezember 2023
Druckversion (PDF)

Die Studie des Kommunikations­wissenschaft­lers Dr. Philipp Müller und seines Teams zeigt, dass Stigmatisierungen und Stereotypisierungen in der medialen Bericht­erstattung entweder direkt, also explizit, oder durch negative Assoziationen, also implizit, dargestellt werden. Die Forschenden haben umfassende Inhaltsanalysen von knapp zwei Millionen deutschsprachigen Nachrichtenartikeln aus dem Jahr 2022 durchgeführt. Dabei lag der Fokus auf Nachrichtentexten über Menschen aus Russland, Ukraine, Polen, Frankreich, Großbritannien und den USA, da diese ethnischen Gruppen im Jahr 2022 in der Bericht­erstattung am häufigsten vorkamen.

Große Unterschiede zwischen Qualitäts- sowie Boulevardmedien und Alternativmedien
Das Team um Philipp Müller hat die Verbreitung von expliziter und impliziter Stigmatisierung in vier unterschiedlichen Medientypen untersucht: Qualitätsmedien, Boulevardmedien, rechten Alternativmedien und linken Alternativmedien. Die Ergebnisse zeigen, dass Boulevardmedien tendenziell am positivsten über die untersuchten Gruppen berichten, sowohl explizit als auch implizit. Insbesondere Französ*innen, Brit*innen sowie Amerikaner*innen werden positiv dargestellt. „Dieser Befund überrascht nicht unbedingt, wenn man sich vor Augen führt, dass die deutsche Boulevardpresse von ihrer politischen Ausrichtung her starke pro-westliche Tendenzen aufweist“, so Müller zu den Ergebnissen. In den Qualitätsmedien werden Russ*innen, Ukrainer*innen sowie Pol*innen sowohl implizit als auch explizit negativer dargestellt als die übrigen Gruppen, allerdings ist auch die explizite Darstellung von Französ*innen sowie Amerikaner*innen in den Qualitätsmedien leicht negativ.

In rechten und linken Alternativmedien wie Junge Freiheit oder Jacobin findet die Studie durchschnittlich das höchste Ausmaß an negativen Stigmatisierungen, sowohl explizit als auch implizit. Nur über Brit*innen sowie Amerikaner*innen wird auch in den Alternativmedien positiver berichtet, allerdings nur implizit. Dies liegt unter anderem daran, dass Qualitäts- und Boulevardmedien eine breitere Themenplatte abdecken, einschließlich positiver besetzter Themen wie Sport- und Prominentennachrichten, während sich Alternativmedien überwiegend auf wirtschaft­liche und politische Themen konzentrieren.

Mehr Sensibilisierung und eine größere Themenvielfalt können helfen
Die Ergebnisse der Studie von Philipp Müller und Team dokumentieren damit insgesamt eine große Diskrepanz in der Bericht­erstattung über ethnische Gruppen, die Ländern zugeordnet werden. Es deutet sich ein pro-westlich verzerrendes Deutungs­muster an, das jenseits aller Nuancen in allen untersuchten Medientypen zu finden ist. Das Forschungs­team kommt zu dem Schluss, dass „Sensibilisierung von Journalist*innen für das Vorhandensein dieser impliziten und expliziten Muster dazu beitragen könnte, die Reproduktion von Stereotypen zu reduzieren“. Hierbei könne auch eine Bericht­erstattung mit größerer Themenvielfalt helfen, die ethnische Gruppen nicht nur im Kontext negativ behafteter Themen wie Krieg oder Kriminalität erwähnt.

Link zum Artikel

 
Kontakt:

Dr. Philipp Müller
Institut für Medien- und Kommunikations­wissenschaft
Universität Mannheim 
Tel. +49 621 181-3956
E-Mail: p.muellermail-uni-mannheim.de

Jan Dillhöfer
Presse- und Öffentlichkeits­arbeit
Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung (MZES)
Universität Mannheim
Tel. +49 621 181–2859
jan.dillhoefermail-mzes.uni-mannheim.de