GBP-Monitor: Schnelles Internet ist Unternehmen wichtiger als niedrige Gewerbesteuer

Gut ausgebaute digitale Infrastruktur mit einem leistungs­fähigen Netz sowie die Verfügbarkeit qualifizierter Arbeits­kräfte vor Ort sind Unternehmen bei der Auswahl ihres Standorts wichtiger als niedrige kommunale Steuern und Gebühren. Investitionen in die öffentliche Infrastruktur sind daher ein wirksameres Instrument als Steuervergünstigungen, um Unternehmen anzuziehen. Das belegt der März-Bericht des German Business Panel (GBP) an der Universität Mannheim.

Pressemitteilung vom 15. März 2023
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Die kommunale Gewerbesteuer gilt häufig als Lockmittel für unternehmerische Investitionen. Ist sie niedrig angesetzt, bedeutet das weniger Kosten für Unternehmen und damit einen handfesten wirtschaft­lichen Standortvorteil. Doch bei unternehmerischen Entscheidungen spielen auch andere regionale Gegebenheiten wie Infrastruktur, Schulen, Kitas, eine gute Autobahnanbindung oder Wirtschafts­förderung eine Rolle. Auf welche Faktoren Unternehmen besonders hohen Wert legen, zeigen die neuesten Erhebungen des GBP.

Demnach stellt eine leistungs­fähige digitale Infra­struktur in den Kommunen den wichtigsten Stand­ort­faktor dar. Unternehmen machen ihre Investitions­entscheidungen also davon abhängig, ob ein schnelles Internet mit Breitbandnetzen vor Ort vorhanden ist. „Verzögerungs­freie Datenübertragung ist vor allem deshalb entscheidend, weil viele zukunftsträchtige Anwendungen, wie etwa Cloud-Dienstleistungen, besonders datenintensiv sind“, sagt Prof. Dr. Johannes Voget, Inhaber des Lehr­stuhls für Taxation und Finance an der Universität Mannheim und wissenschaft­licher Projektleiter des GBP. Die Erhebungen zeigen ferner, dass quali­fi­zier­te Arbeits­kräfte vor Ort, eine gute Verkehrs­infra­struk­tur sowie geeignete Gewerbeflächen ebenfalls über die Attraktivität einer Gemeinde als potenzieller Unternehmens­standort entscheiden.

Im Vergleich dazu sind niedrige lokale Steuern und Gebühren nur von mittlerer Bedeutung. Die geringere Wichtigkeit von Steueranreizen zeigt sich auch daran, dass viele Unternehmen ihre Steuerspar­möglichkeiten durch Wegzug zu niedrig ansetzen: Insgesamt 82 Prozent der Befragten unterschätzen den Anteil an Kommunen mit niedrigen Gewer­be­steuerhebesätzen im bundes­weiten Vergleich, wie die Daten des GBP im Vergleich mit den Daten der Gemeinden belegen. „Allein wegen einer günstigen Steuer ziehen nur wenige Unternehmen um“, erklärt Prof. Dr. Davud Rostam-Afschar, der die Studie durchgeführt hat. „Viele Unternehmen betrachten die öffentlichen Investitionen in bessere Standortbedingungen als Gegenleistung für die Steuern, die sie zahlen. Unter den Kommunen besteht also nicht nur der Wettbewerb um niedrigere Steuern, sondern auch um die Lebens- und Arbeits­qualität des Standortes, um Unternehmens­investitionen anzuziehen“, so der Studien­leiter weiter.

Gefragt wurde zudem, mit wel­cher Wahr­schein­lichkeit die Unternehmen in den folgenden zwei Jahren an bestimm­ten Standorten investieren wollen. Das Ergebnis: 15 Prozent von ihnen planen In­ves­titionen außerhalb ihres Haupt­standorts. Für sie könnte die Wettbewerbs­fähigkeit der Standorte letztendlich den Ausschlag dafür geben, wohin ihre mittelfristigen Investitionen gehen. Steuern spielen dabei eine geringere Rolle als bisher bekannt.

Der Bericht zeigt ferner, dass sich die betriebs­wirtschaft­liche Lage der Unternehmen trotz konjunktureller Sorgen weiter stabilisiert hat: Aktuell rechnen Unternehmen in Deutschland damit, dass ihre Umsätze (+5,6 Prozent), Investitionen (+4,9 Prozent) und Gewinne (+1,5 Prozent) relativ zum Vorjahr steigen.

Den „GBP-Monitor: Unternehmens­trends im März 2023“ finden Sie hier:  https://www.accounting-for-transparency.de/wp-content/uploads/2023/03/gbp_monitor_2023_03.pdf

Weitere Informationen zum GBP-Monitor
Das German Business Panel befragt monatlich mehr als 800 Unternehmen zur Unternehmens­lage in Deutschland und erhebt dabei Daten zu 1) erwarteten Umsatz-, Gewinn- und Investitions­änderungen, 2) unternehmerischen Entscheidungen, 3) der erwarteten Ausfallwahrscheinlichkeit in der Branche und 4) der Zufriedenheit mit der Wirtschafspolitik. Zudem wird jeden Monat zu besonders aktuellen Fragen berichtet.

Hintergrund­informationen zum German Business Panel
Das German Business Panel ist ein langfristiges Befragungs­panel des DFG-geförderten überregionalen Projektes „Accounting for Transparency“ (www.accounting-for-transparency.de). Der Sonderforschungs­bereich (SFB) „TRR 266 Accounting for Transparency“ startete im Juli 2019 und wird von der Deutschen Forschungs­gemeinschaft (DFG) für zunächst vier Jahre gefördert. Er ist der erste SFB mit betriebs­wirtschaft­lichem Schwerpunkt. Am SFB sind rund 100 Wissenschaft­lerinnen und Wissenschaft­ler von neun Universitäten beteiligt: Universität Paderborn (Sprecherhochschule), Humboldt-Universität zu Berlin und Universität Mannheim, zudem Forscherinnen und Forscher von der Ludwig-Maximilians-Universität München sowie der ESMT Berlin, Frankfurt School of Finance & Management, Goethe-Universität Frankfurt am Main und WHU – Otto Beisheim School of Management. Die Forscherinnen und Forscher untersuchen, wie Rechnungs­wesen und Besteuerung die Transparenz von Unternehmen beeinflussen und wie sich Regulierungen und Unternehmens­transparenz auf Wirtschaft und Gesellschaft auswirken. Das Fördervolumen des SFBs beträgt rund 12 Millionen Euro.

Kontakt:
Prof. Dr. Davud Rostam-Afschar
Universität Mannheim
Tel: +49 621 181-1645
E-Mail: rostam-afscharmail-uni-mannheim.de

Prof. Dr. Johannes Voget
Lehr­stuhl für ABWL, Taxation und Finance
Universität Mannheim
Tel: +49 621 181-3538
E-Mail: vogetmail-bwl.uni-mannheim.de

Yvonne Kaul
Forschungs­kommunikation
Universität Mannheim
Tel: +49 621 181-1266
E-Mail: kaulmail-uni-mannheim.de