Der Schreibstil von Briefen lenkt den Kapitalzufluss in Investmentfonds

Briefe von US-Fonds­gesellschaften an ihre Anteilseigner*innen beeinflussen – je nachdem, wie sie formuliert sind – wie viel Kapital von Investor*innen in den Fonds fließt. Sind sie unehrlich oder negativ geschrieben, kommt das nicht gut an.

Pressemitteilung vom 08. Juli 2024
Druckversion (PDF)

Investor*innen reagieren stark darauf, wie Investment­gesellschaften ihre halbjährlichen Briefe an ihre Anteilseigner*innen verfassen: Je negativer der Ton eines Briefs, desto niedriger die Kapitalzuflüsse. Umgekehrt gilt: Wenn ein Brief weniger negativ gehalten ist, fließt mehr Kapital. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie von Forschenden des Leibniz-Instituts für Finanz­markt­forschung SAFE und der Universität Mannheim, die mithilfe von Methoden der Textanalyse den Schreibstil der Briefe von 5.489 US-amerikanischen Aktienfonds an ihre Anteilseigner*innen der Jahre 2006 bis 2021 unter­sucht haben.

„Unsere Analysen zeigen, dass der sprichwörtliche Ton die Musik macht: Steigt die Anzahl der negativen Begriffe und Formulierungen in einem Brief, gehen für den durchschnittlichen Fonds die Kapitalzuflüsse um mehr als drei Millionen US-Dollar zurück. Die Investor*innen reagieren dabei sehr schnell, nämlich unmittelbar nach Erhalt des Schreibens“, sagt Studien­autor Prof. Dr. Alexander Hillert, Inhaber des Lehr­suhls für Finance und Data Science bei SAFE. Dieser Effekt ist je nach Alter des Fonds unter­schiedlich groß. „Bei jüngeren Fonds sind die Aus­wirkungen des Tons auf die Mittelflüsse deutlich ausgeprägter als bei älteren Investmentfonds“, ergänzt Ko-Autorin Prof. Dr. Alexandra Niessen-Ruenzi, Inhaberin des Lehr­stuhls für Allgemeine BWL und Corporate Governance an der Universität Mannheim. Der Grund: Anleger*innen verlassen sich bei Fonds mit kürzerer und damit weniger zuverlässiger Performancehistorie mehr auf qualitative Informationen, wie sie etwa in den Briefen enthalten sind.

Fast die Hälfte aller US-Haushalte besitzt Investmentfonds
Im Jahr 2021 besaß mit 48 Prozent knapp die Hälfte aller US-amerikanischen Haushalte Investmentfonds und erhielten somit als Anteilseigner*innen regelmäßig Post von ihren Fonds. Von den Empfänger*innen gaben 63 Prozent an, zumindest Teile des Briefs gelesen zu haben. Insofern können Investmentfonds die Briefe als taktisches Mittel nutzen, um den Kapitalfluss in die Fonds zu beeinflussen. „Anleger*innen schätzen eine ehrliche, realistische Bericht­erstattung, deren Ton zur Fondsperformance passt“, sagt Hillert. Wenn der Stil des Schreibens in Widerspruch zur realisierten Performance des Fonds steht, so hat dies einen negativen Einfluss auf die Zuflüsse.

In einer weiteren Analyse zeigen die Forschenden, wie aufschlussreich der Ton von Briefen aktiv gemanagter Investmentfonds sein kann: „Ein eher negativer Schreibstil lässt auf einen weniger gewagten Anlagestil schließen“, so Niessen-Ruenzi. Eine statistisch aussagekräftige Beziehung zwischen dem Ton der Mitteilungen und der zukünftigen Performance des Fonds lässt sich hingegen nicht herleiten.

Briefe an die Anteilseigner*innen sind in den USA Teil der halbjährlichen Berichte, die Investment­gesellschaften bei der US-Börsenaufsicht SEC einreichen und ihren Anleger*innen zugänglich machen. In den Briefen gehen die Fondsmanager*innen auf das allgemeine wirtschaft­liche Umfeld und die wirtschaft­lichen Aussichten ein sowie auf die Aktien, die sie halten, und deren Entwicklung. Der Schreibstil variiert stark, von sehr technisch bis fast literarisch.

Kontakt:
Prof. Dr. Alexandra Niessen-Ruenzi
Lehr­stuhls für Allgemeine BWL und Corporate Governance
Universität Mannheim
Tel: +49 621 181-1467
E-Mail: alexandra.niessen-ruenzimail-uni-mannheim.de

Dr. Liane Weitert
Leiterin Kommunikation und Unter­nehmens­kooperationen
Dekanat BWL
Universität Mannheim
E-Mail: liane.weitertmail-uni-mannheim.de