Ausstellung: 5 Stationen

01 STATION | AMERICA (Schneckenhof Ost, 2. OG)

„Es ist das Format von Cinemascope, das Format der großen Landschafts­aufnahmen, die uns in die amerikanischen Westernfilme hineinziehen und einen wesentlichen Teil ihrer Langzeit­wirkung ausmachen. Auch wenn wir die Handlung längst vergessen haben, es bleiben die Bilder der Weite und Offenheit. Die Amerikafilme in unseren Köpfen laufen in Cinemascope und Technicolor. Man kann den Sachverhalt auch prosaischer formulieren: Es ist das Format von Horst Hamanns Panorama-Kamera, das den Bildern diese Aura des Amerikanischen gibt. Seine Technik verlangt das Gegenteil von Schnappschüssen quirlig bewegter Augenblicke; sie will mit Bedacht und Ruhe so aufgebaut werden, dass die große Fläche des Bildes wirklich gestaltet und bedeutungs­voll wird.“
Prof. Dr. Kaspar Maase | Universität Tübingen

02 STATION | Mannheim (Mittelbau Eingang Ost, EG)

„In Horst Hamanns Gabe zum selektiven Blick, seiner Fähigkeit aus der Flut simultaner Bildeindrücke das entscheidende Motiv herauszufiltern und zur bestmöglichen Bildkomposition im Moment der Aufnahme zu bringen, ist auch ein Stück weit das Fundament für seine nur wenige Jahre später folgenden Werkkomplexe von vertikalen Aufnahmen vorgezeichnet. Auch bei Horst Hamann gibt es eine Fotografie vor der Fotografie. Manchmal gewinnt man in der Rezeption seines Werkes den Eindruck, als wären ihm die „Vertical Views“ einfach so in den fotografischen Schoß gefallen. Richtiger ist sicherlich, dass man die fotografische Entwicklung von Horst Hamann als eine durch Projekte erprobte Schaffung von Seherfahrung, gepaart mit Neugierde, der Lust am fotografischen Experiment und einem Hang zum bildnerischen Perfektionismus begreifen muss.“
Dr. Friedrich W. Kasten | Galerie Kasten Mannheim

03 STATION | NEW YORK VERTICAL (Mittelbau Ost, 1. OG)

„Nie wurden New Yorks Skyline und seine prachtvollen Horizonte präziser in Szene gesetzt als durch die Fotografien von Horst Hamann. Der Einsatz dramatischer Kameraperspektiven bei der Bildkomposition präsentieren New York als Stadt himmelhoher Ambitionen. Der deutsche Künstler reiste 1979 zum ersten Mal nach New York. Zehn Jahre später zog Horst Hamann dann nach New York und begann seine 20-jährige fotografische Studie Manhattans und seiner erhabenen baulichen Strukturen. Weltweit setzen Wolkenkratzer einen optischen Reizpunkt in den urbanen Stadtzentren. Über die Jahre wurde Manhattan zum Symbol für diese monumentale Bauweise. „New York wurde zu meiner Leidenschaft“, erinnert sich Hamann an seine ersten fotografischen Begegnungen und Aufträge als Künstler. Heute ist es schwer, sich New York als etwas anderes vorzustellen als die kraftvolle Stadt, die Hamann in seiner Kollektion „New York Vertical“ porträtiert. Hamann dreht seine Panoramakamera Linhof Technorama um 90 Grad und eröffnet damit völlig neue Perspektiven. Durch diesen Bruch mit der Tradition schafft er es, New Yorks vertikales Profil in eindrucksvollem Hochformat zu entfalten. Hamanns Blick für die Komposition dramatischer und mathematisch genau ausgerichteter Aufnahmen verleihen seinen Fotografien einen einzigartigen Charakter.“
Melissa Rachleff | Museum of the City of New York

04 STATION | Eyes Wide Shut | NYC (Mittelbau, Hasso-Plattner-Bibliothek)

„Es spielt kein Rolle, wie es Horst Hamann gelang, hundert New Yorker dazu zu bringen, etwas völlig Ungewöhnliches zu tun: am helllichten Tag seine Augen vor einem Unbekannten zu schließen. So ungewohnt diese Situation für die zufällig zusammengestellte Gruppe „Vertical New Yorkers“ ist, so unterschiedlich sind auch die Reaktionen der Teilnehmer. Während einige die Situation als Gelegenheit sehen, Teil eines Kunst­projekts zu sein, erfüllt es andere mit Angst. Eine Teilnehmerin ist sich sicher, betrogen zu werden, die Nächste nimmt es als große Chance wahr. Genau zwischen diesen beiden Extremen findet sich New York wieder. „Wenn du jemanden auf der Straße siehst“, schrieb die Fotografin Diane Arbus einmal, „ist das, was du erkennst, nicht perfekt.“ Horst Hamann jedoch ist ein völlig anderer New Yorker Fotograf als es Diane Arbus war. Er hat auch eine andere Wahrnehmung als sie der deutsche Fotograf August Sander hatte. Für Hamann gibt es in New York keine Freaks oder klischeehaften Charaktere. Seine Fotografien sind keine Fotografien von anderen. Sie zeigen vielmehr uns selbst.“
Roger Conover | MIT Press

05 STATION | Vertical Views (Ehrenhof Ost Gang, 1. OG)

„Wenn herkömmliche Bilder wie Fenster funktionieren, dann lassen sich die „Vertical Views“ von Horst Hamann in Analogie hierzu mit schmalen und hohen Türen vergleichen. Manche dieser Türen scheinen nach außen zu schwingen, andere öffnen sich nach innen. Einige stehen nur einen Spalt breit offen. Ihnen nähert man sich zögerlich. Die meisten jedoch wirken geradezu einladend, wie weit geöffnete, durchlässige Schleusen und ziehen den Betrachter fast unmerklich in den Raum hinein. Wohlgemerkt nicht nur den Blick, sondern den Betrachter als ganzen, als vertikales Subjekt. Bei den Bildern von Horst Hamann muß sich niemand kletternd bemühen und sich durch einen schmalen visuellen oder intellektuellen Spalt Einlaß verschaffen. Das Beeindruckende an den hochformatigen Bildern ist ihre Offenheit und Zugänglichkeit. Diese Eigenart gründet in der so simpel und formalistisch anmutenden Drehung der klassischen Panoramakamera von der Horizontalen in die Vertikale. Durch jene einfache, aber wegweisende und in ihrer Wirkung ganz und gar überraschende Wendung wird aus dem Fenster eine Tür.“
Prof. Dr. Andreas Bee | „Das Prickeln entlang der Wirbelsäule“ Vertical Views 2001

Über den Künstler

Horst Hamann, 1958 geboren in Mannheim, ist Autodidakt und fotografiert seit seinem elften Lebens­jahr. Die Hälfte seines Lebens hat er in New York und im Bundes­staat Maine verbracht. Er wird immer wieder als „Erfinder” der vertikalen Fotografie bezeichnet. Die New York Times nennt ihn ein „Genie der Komposition“. Der Fotograf und Autor Andreas Feininger vergleicht seine America Fotos mit Edward Hopper.

Mit der Panoramafotografie beschäftigt sich Hamann seit Anfang der achtziger Jahre. Mit dem Kauf einer gebrauchten Linhof Technorama 6x17 beginnt 1985 eine intensive Auseinandersetzung mit dem Extremformat. 1991 dreht Hamann auf der Kreuzung 41st Street / Avenue of the Americas zum ersten Mal die Landschafts­kamera in die vertikale Achse. In fünfjähriger Arbeit ensteht „New York Vertical“ und eine ganz neue Sichtweise.

Das Museum of the City of New York ehrt ihn als ersten deutschen Fotografen mit einer sechsmonatigen Einzelausstellung. Seine Vertical Installation in der Vanderbilt Hall in der Grand Central Station sehen zwölf Millionen Besuchende. Die Kultfirma Zoo York widmet Hamanns Werk eine gesamte Skateboard Edition u. a. das legendäre „Unbreakable“ World Trade Center-Deck von 2001 – heute ein begehrtes Sammlerstück. Bürgermeister Rudolph Guiliani überreicht Hamann die Ehrenmedaille der Stadt New York und lädt ihn zweimal offiziell in die City Hall New York ein.

Hamann ist Autor von mehr als 25 Büchern. Er fotografierte u. a. Bildbände für die Deutsche Bahn, die BASF und den Deutschen Fußballbund zur WM 2006. Seine „Verticals” gelten als Meilenstein in der Fotografie. Der Bildband New York Vertical wird in kurzer Zeit zum modernen Klassiker und mit mehr als 300.000 verkauften Exemplaren zum weltweiten Bestseller. Die Erstauflage seines Bildbands „AMERICA“ ist bereits nach sieben Wochen ausverkauft. Der United States Postal Service gibt eines seiner bekanntesten NY-Motive (Atlas, Rockefeller Center) als Briefmarke heraus. Sein Vertical Film „I am NY” ist die konsequente Weiter­entwicklung seiner vertikalen Sichtweise in bewegten Bildern.

Zur Buchmesse 2014 erschien in Zusammenarbeit mit der Edition Panorama sein großer Bildband „ANY – Absolute New York” – eine fotografische Liebes­erklärung an seine Wahlheimat. Auf mehr als 400 Seiten dokumentiert das Werk Hamanns verschiedene Schaffens­phasen von 1978 bis 2014. Kaum ein zeitgenössischer Fotograf hat sich bisher so lückenlos und intensiv mit der Metropole am Hudson bildlich auseinandergesetzt.

www.horsthamann.com