Eine lächelnde Person trägt ein schwarzes Top sowie einen hellbraunen Mantel und steht auf der Mensawiese. Die Person heißt Anna Valerie Smeljanski.

„Wenn ich über den Campus laufe, spüre ich ein Gefühl von Freiheit“

Anna Valerie Smeljanski studiert im 5. Semester den B.A. Medien- und Kommunikations­wissenschaft (MKW) an der Uni Mannheim. Zudem ist die 21-Jährige in der Fach­bereichs­vertretung MKW aktiv und hilft als Tutorin den Erst- und Zweitsemestern dabei, Vorlesungs­inhalte besser zu verstehen. Im Privatleben der Studentin mit ukrainischen Wurzeln steht seit acht Monaten jedoch etwas anderes oben auf der To-do-Liste: Flüchtlingen aus der Ukraine zu helfen. Was dieses Engagement mit ihrem Studien­gang verbindet und wofür die Gemeinde Plankstadt sie sogar geehrt hat, erfahrt ihr in Anna Valeries myUniMA story.

Wieso hast du dich für ein MKW-Studium in Mannheim entschieden?

Wenn man mich kennenlernt, merkt man schnell, dass ich sehr gerne kommuniziere (lacht). Kommunikation ist eine große Stärke von mir und ich wollte meine Kenntnisse in diesem Bereich erweitern. Die Verbindung mit Medien gibt es in Deutschland eher selten und zusammen mit dem wissenschaft­lichen Blick, den wir in Mannheim darauf werfen, stellt das die perfekte Kombination für mich dar. Vor allem digitale Kommunikation ist aus unserem privaten sowie beruflichen Alltag nicht mehr wegzudenken – und da ich später gerne in diesem Bereich arbeiten möchte, freue ich mich, an der Uni Mannheim die Grundlagen dafür zu lernen. Außerdem gefällt mir die internationale Ausrichtung in Mannheim. Ich bin selbst mit zwei verschiedenen Kulturen aufgewachsen und sehr daran interessiert, neue Kulturen kennenzulernen. Wenn ich über den Campus laufe, spüre ich ein Gefühl von Freiheit: Alles ist voller Leben, man hört viele verschiedene Sprachen und es macht mir großen Spaß, mich mit internationalen Studierenden zu unterhalten.

Du kommst nicht nur für deine Vorlesungen und Seminare an die Uni. Was machst du neben deinem Studium noch?

Seit letztem Jahr bin ich Tutorin für die beiden MKW-Vorlesungen im ersten und zweiten Semester. Das heißt: Einmal pro Woche treffe ich mich mit zwei kleinen Gruppen von Studierenden, gehe mit ihnen die letzte Vorlesung durch und beantworte offengebliebene Fragen. Ich freue mich sehr, wenn ich ihnen dabei helfen kann, den Vorlesungs­stoff besser zu verstehen, und sie dadurch motivierter sind, sich mit den Themen zu beschäftigen. Zusätzlich engagiere ich mich in der Fach­bereichs­vertretung MKW. Mit ihrer Unterstützung habe ich beispielsweise zu Beginn des Angriffskriegs auf die Ukraine gemeinsam mit anderen Studierenden und dem Caritasverband Mannheim eine große Spendenaktion organisiert. Dabei haben uns auch Professor*innen geholfen, was ich wirklich schön fand.

Die Spendenaktion ist nicht das einzige, womit du ukrainischen Flüchtlingen hilfst. Woher kommt dein Engagement?

Meine Familie stammt ursprünglich aus Charkiw – eine Stadt im Osten der Ukraine – und leider ist ein Teil von ihr immer noch dort. Mir war direkt zu Beginn des Angriffskriegs klar, dass ich den Ukrainer*innen helfen möchte. Dabei kann ich meine Kommunikations­stärke optimal nutzen: Ich spreche nicht nur deutsch und englisch, sondern auch französisch, ukrainisch und russisch. Seit Kriegsbeginn werden überall Übersetzerinnen und Übersetzer gebraucht, weshalb ich schon an mehreren Stellen geholfen habe. Im März hat die Gemeinde Plankstadt angefragt, ob ich sie bei der Vermittlung von Flüchtlingen in ihre Unterkunft unterstützen kann. Also habe ich mit vielen Ukrainer*innen telefoniert und versucht, sie von einer Flucht nach Deutschland zu überzeugen. Das war eine große Herausforderung für mich – aber als ich sie dann persönlich in Plankstadt getroffen habe, haben sie sich bei mir bedankt, da sie diesen Schritt ohne das Gespräch mit mir vielleicht gar nicht gewagt hätten. Für meine Hilfe hat mir die Gemeinde dann sogar eine Urkunde überreicht. Außerdem habe ich den Mannheimer Morgen bei seiner Korrespondenz mit einer ukrainischen Journalistin unterstützt. Es macht mir viel Spaß, meine Sprachenvielfalt bei etwas so Sinnvollem einzusetzen.

Gibt es noch weitere Projekte, bei denen du geholfen hast?

Meine Mutter arbeitet beim Unternehmen Merck in Darmstadt, das in den Sommerferien ein Camp für die Kinder von Mitarbeitenden veranstaltet hat. Wir haben uns dafür eingesetzt, dass auch ukrainische Kinder daran teilnehmen können. Es gab sechs Wochen lang jede Woche ein bestimmtes Motto, zum Beispiel ein Schwimm- oder ein Fußballcamp. Insgesamt waren über 100 ukrainische Kinder dabei, von denen manche sogar täglich aus entfernteren Städten wie Mannheim oder Marburg angereist sind. Ich war jede Woche vor Ort und habe bei der Betreuung geholfen. Es war so schön zu sehen, wie die Kinder, die in der Ukraine schreckliche Dinge erlebt haben, immer mehr aufgeblüht sind. Manche Mütter kamen auch zu uns und haben sich bedankt, da sie ihre Kinder seit Kriegsbeginn nicht mehr so glücklich gesehen haben – das ist natürlich eine tolle Bestätigung unserer Arbeit.

Wird deine Hilfe aktuell noch gebraucht?

Ab und zu bekomme ich von der Gemeinde Plankstadt noch einen Anruf – da geht es dann zum Beispiel um Übersetzungs­hilfe bei der Wohnungs- oder Arbeits­vermittlung. Ansonsten unterstütze ich gemeinsam mit meinem Bruder den Frankfurter Verein „Perspektive Ukraine e.V.“. Sie kümmern sich zurzeit darum, Materialien für den Schul­unterricht in die Ukraine zu bringen, da viele Schulen dort zerstört worden sind und die Kinder nun Online-Unterricht haben. Solche Geschehnisse machen mir nochmal mehr bewusst, wie glücklich wir uns schätzen können, hier in Sicherheit und Frieden zu leben. Und umso dankbarer bin ich, dass die Hilfsbereitschaft in Deutschland auch nach Monaten noch so groß ist.

Text: Jessica Scholich / Oktober 2022